Metalldruck für die Masse

3D-Drucke aus Kunststoff sind für viele Anwendungen nicht belastbar genug, und Metall ist oft zu teuer. Ein neues Verfahren soll nun beide Anforderungen unter einen Hut bringen.

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Fast hundert Millionen Dollar hat das US-Start-up Desktop Metal von großen Risikokapitalgebern und Konzernen wie General Electric, BMW und Alphabet bekommen. Zum Gründungsteam gehören vier prominente Professoren des Massachusetts Institute of Technology, darunter Emanuel Sachs, der 1989 eines der ersten Patente zum 3D-Druck eingereicht hat.

Mit diesem Geld und dieser Expertise will Desktop Metal nicht einfach nur den etablierten Herstellern von 3D-Druckern Konkurrenz machen: Das Start-up zielt auf den gesamten Markt der Metallverarbeitung und will bewährte Prozesse wie Fräsen oder Metallpulverspritzguss ersetzen. Selbst wenn 3D-Druck nur einen kleinen Teil davon erobern könne, sagt CEO Ric Fulop, gehe es immer noch um ein Milliardengeschäft.

Um 3D-Drucker schnell genug für die Massenfertigung zu machen, hat Desktop Metal ein Patent aus den späten 80er-Jahren aufgegriffen. Damals hatte ein Team von MIT-Ingenieuren unter Leitung von Emanuel Sachs ein Verfahren entwickelt, bei dem dünne Lagen von Metall- oder Keramikpulver schichtweise mit einer Art Tintenstrahldrucker verfestigt werden. Seinerzeit war der Prozess allerdings zu langsam und das Metallpulver zu teuer. Aber seitdem haben einige technische Entwicklungen das Verfahren praktikabel gemacht, zum Beispiel schnellere Druckköpfe.

Metalldruck für die Masse (7 Bilder)

Einer der 3D-Drucker von Desktop Metal zeigt seine Funktionsfähigkeit und fertigt ein Bauteil mit komplexer Struktur aus einer Stahllegierung.
(Bild: Grant Cornett)

Mit der neuen Technik lassen sich Bauteile laut Desktop Metal mit etwa 8200 Kubikzentimetern pro Stunde drucken, in je 50 Mikrometer dicken Schichten. Zum Vergleich: Die Lasersintermaschine M 290, meistverkaufter 3D-Metalldrucker des Marktführers EOS, schafft in einer Stunde gerade einmal 15 Kubikzentimeter – allerdings mit einer Schichtdicke von 40 Mikrometern. Wahlweise druckt die EOS-Maschine auch mit 20 Mikrometern. Damit ist sie zwar langsamer, aber deutlich präziser.

Neben der recht rustikalen Schichtdicke liegt das Geheimnis der Geschwindigkeit in einem optimierten Druckverfahren. Die Technik ist in einem Schlitten untergebracht, der über ein Bett aus Metallpulver fährt. Der vordere Teil des Schlittens trägt eine frische Schicht Metallpulver auf. Danach versprühen 16000 Düsen einen flüssigen Binder aus Kunststoff. Als Nächstes bringen weitere Düsen ein Anti-Sinter-Material auf. Es erzeugt Stützstrukturen, die Überhänge eines filigranen Bauteils stabilisieren und sich später leicht wieder entfernen lassen. Zum Schluss wird der Binder noch getrocknet.

Während der Schlitten zurückfährt, baut er die nächste Schicht auf. Da der Schlitten in beide Richtungen arbeitet, gibt es keinen Leerlauf. Bei klassischen Lasersintermaschinen wechseln sich hingegen zwei Schritte ab: Zunächst bringt ein Schieber eine neue Pulverschicht auf, anschließend verschmilzt ein Laser die Metallpartikel.

Allerdings ist das Kunststoff-Metall-Gemisch noch nicht fest genug, wenn es aus dem Drucker kommt. Deshalb muss es in einem speziellen Mikrowellenofen aushärten: Bei Temperaturen knapp unter ihrem Schmelzpunkt werden die Metallpartikel "gesintert", also miteinander verbacken. Unterdessen verbrennt der Binder.

Alles in allem kann Desktop Metal nach eigenen Angaben um bis zu 80 Prozent preiswerter drucken als die Konkurrenz. Dazu trägt auch das günstigere Material bei: Das Verfahren sei nicht auf eine möglichst homogene Partikelgröße angewiesen, daher brauche man auch kein teures Spezialpulver für den 3D-Druck. Es stehen mehr als 200 Legierungen zur Verfügung, von Stahl über Aluminium bis zu Titan.

Derzeit gibt es nur eine abgespeckte Version des Produktions-Printers zu kaufen. Sie bringt es auf eine Baugeschwindigkeit von lediglich 16 Kubik-zentimetern pro Stunde und arbeitet mit einem etwas anderen Verfahren: mit einem Extruder, ähnlich wie aktuelle Plastikdrucker des unteren Preissegments.

Allerdings presst das Gerät von Desktop Metal keinen aufgeschmolzenen Kunststoffdraht durch eine Düse, sondern ein Metallpulver, das durch ein thermoplastisches Polymer zusammengehalten wird. Auch diese Bauteile müssen anschließend noch in den Ofen.

Das System richtet sich an Designer oder Entwickler, die schnell einen Prototyp aus Metall in den Händen halten wollen – oder an Firmen, die mit der Zukunft der Metallverarbeitung experimentieren möchten.

Drucker und Ofen kosten zusammen 120.000 Dollar. Der Ofen wiegt eine halbe Tonne und verlangt nach 6,2 Kilowatt Drehstrom. Schreibtisch-kompatibel, wie der Firmenname suggeriert, ist das System also nur bedingt. Der schnelle Produktions-Printer, der den Erwerb des ersten Sets voraussetzt, soll im nächsten Jahr für 360.000 Dollar folgen. (grh)