Mit Algen-Antrieb: Schwimmende Mikroroboter bekämpfen schwere Lungenentzündungen

Im Tierversuch gelang es kalifornischen Forschern, mikroskopische Roboter in die Lungenzellen erkrankter Tiere auszusetzen, um dort Infektionen zu bekämpfen.

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Die Mikroroboter besteht aus einer Algenzelle (grün) und einem Container aus Polymernanopartikeln (braun), der Antibiotika enthält.

(Bild: Fangyu Zhang and Zhengxing Li)

Lesezeit: 3 Min.

Es klingt ein wenig wie der Film "Die Reise ins Ich", nur eben mit Robotern: Ein Team von Nanotechnologieforschern an der University of California in San Diego (UCSD) hat sogenannte Mikroroboter entwickelt, die in Organe von Tieren vordringen können, um dort Infektionen zu bekämpfen. Die schwimmenden Therapiesysteme auf Basis von Algenzellen wurden bereits erfolgreich an Mäusen getestet, die an einer lebensbedrohlichen bakteriellen Lungenentzündung litten.

Die Forscher nutzen die gerade mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Click-Chemie, um mit antibakteriellen Wirkstoffen beladene polymere Nanopartikel, die mit Neutrophilenmembranen beschichtet sind, zu schaffen, die sie dann auf die Reise zur Lunge schicken.

Schon in simulierter Lungenflüssigkeit zeigten die Mikroroboter eine hohe Geschwindigkeit, so die Forscher – und auch die Verteilung in tiefem Lungengewebe sei gut. Sie verbleiben zudem über zwei Tage im Zielorgan, wenn die Mikroroboter durch die Luftröhre verabreicht werden. Die Bakterienbelastung lasse sich so effektiv reduzieren und die Überlebensrate erhöhen; die Toxizität sei hingegen "vernachlässigbar". Ob dies auch beim Menschen gelten würde, muss allerdings noch gezeigt werden. Das Team um Joseph Wang und Liangfang Zhang glaubt, dass das Verfahren auf Intensivstationen zum Einsatz kommen könnte.

Schon zuvor hatten Wang und Kollege Zhang Mikroroboter an lebenden Tieren demonstriert, wo sie im Blutkreislauf und Magen bakterielle Infektionen bekämpfen konnten. Dabei geht es stets darum, Wirkstoffe zielgenau auszuliefern, was üblicherweise leichter klingt, als es praktisch umsetzbar ist. Vor allem müssen die Systeme biokompatibel sein und dennoch lange genug wirken, so dass das angelieferte Antibiotikum seinen Job machen kann.

Bei den Versuchstieren der Lungen-Mikroroboter-Studie gelang dies gut. Nach Gabe der Wirkstofflieferanten durch ein Röhrchen, das durch die Luftröhre gesteckt wurde, soll es nur eine Woche gedauert haben, bis die Infektion mit dem gefährlichen Bakterium Pseudomonas aeruginosa bekämpft war. In der Weiterbeobachtung lebten die Tiere jeweils mindestens einen Monat. Die Kontrollgruppe unbehandelter Nager verstarb im Schnitt nach drei Tagen. Hätte man die Tiere mittels Infusion behandelt, wäre nur ein geringer Teil der Antibiotika an den passenden Ort gelangt.

Zur Schaffung ihrer Mikroroboter nutzten Wang & Co. Algenzellen, die sich aktiv bewegen können. Die Nanopartikel, die die Antibiotika enthalten, bestanden aus winzigen biologisch abbaubaren Polymerkügelchen, die mit den Zellmembranen von Neutrophilen, einer Art weißer Blutkörperchen, beschichtet sind. Das Besondere an diesen Zellmembranen sei, dass sie Entzündungsmoleküle aufnehmen und neutralisieren, die von Bakterien und dem körpereigenen Immunsystem produziert werden, so die UCSD-Forscher.

(bsc)