Mobilisierung im Netz

Auch in der Katastrophenhilfe ist das Internet ein mächtiges Instrument geworden: Schon kurz nach dem verheerenden Erdbeben in Japan ging die erste Webplattform online, um Gefahren oder Verschüttete zu lokalisieren.

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Von
  • Erica Naone

Auch in der Katastrophenhilfe ist das Internet ein mächtiges Instrument geworden: Schon kurz nach dem verheerenden Erdbeben in Japan ging die erste Webplattform online, um Gefahren oder Verschüttete zu lokalisieren.

Das verheerende Erdbeben vom vergangenen Freitag war gerade vorbei, da machten sich japanische User schon an die Mobilisierung von Hilfe per Internet. Binnen zwei Stunden hatten sie eine Version der Webplattform Ushahidi am Start, um Informationen über die Folgen des Erdbebens zu teilen: Jede Information, die vom Handy oder aus dem Web hereinkommt, wird auf einer OpenStreetMap-Karte dargestellt (siehe Bild).

Auf der Seite sinsai.info/ushahidi lassen sich Orte einzeichnen, an denen etwa jemand verschüttet ist oder die man derzeit wegen akuter Gefährdung besser nicht betreten sollte. Auch Vorräte an Lebensmitteln und Trinkwasser finden sich darauf.

Ursprünglich war Ushahidi entwickelt worden, um Informationen über die Unruhen zu visualisieren, die der Wahl in Kenia Anfang 2007 folgten. Der Begriff kommt aus dem Kisuaheli und bedeutet „Zeuge“. Seitdem ist die Plattform in unterschiedlichsten Zusammenhängen eingesetzt worden, ob zu den Folgen des Erdbebens in Haiti im Januar 2010 oder zur Schneeräumung im winterlichen New York.

Dass die Ushahidi-Plattform am Freitag so schnell zum Laufen kam, ist japanischen Freiwilligen zu verdanken, die schon vorher mit dem Aufbau begonnen hatten. Präventiv für das nächste Erdbeben, sagt Patrick Meier, Leiter der Krisenkartierung von Ushahidi, der gleichnamigen Firma, die sich um die Weiterentwicklung der Software kümmert. Seit dem Beben von Haiti hat sich einiges getan: Damals habe die Hauptarbeit noch auf dem Entwicklungsteam gelastet, inzwischen sei es viel leichter, die Plattform selbst aufzusetzen.

In diesem Jahr wurde sie bereits bei den Überschwemmungen in Australien genutzt, und in den bürgerkriegsartigen Auseinandersetzungen in Libyen setzen Aktivisten sie ebenfalls ein. „Wir erfahren nicht von jeder Implementierung“, sagt David Kobia, Entwicklungsleiter von Ushahidi. „Zehn Prozent sind Technik, 90 Prozent die Menschen dahinter“, ergänzt Meier.

Um in Notsituationen zu helfen, hat Ushahidi eine Einsatzgruppe zusammengestellt: Menschen in aller Welt, die mit der Software vertraut sind und helfen können, all die Informationen zu kartieren, die nach einer Katastrophe einlaufen. 300 Freiwillige zählt die Gruppe inzwischen.

Neben Ushahidi gibt es weitere Internet-basierte Hilfsangebote, SparkRelief zum Beispiel. Das Informationswerkzeug organisiert freiwillige Helfer in Krisensituationen. Entwickelt wurde es in Boulder, Colorado, als in der Umgebung gewaltige Waldbrände tobten – SparkRelief koordinierte da erstmals die Verteilung von Lebensmitteln und Schlafplätzen.

Nun hilft die Non-Profit-Organisation, Menschen in Japan Notunterkünfte zu vermitteln. Wer Haus oder Wohnung verloren hat, kann auf der SparkRelief-Plattform eintragen, was er braucht, und mit denen Kontakt aufnehmen, die helfen können.

Auch Google hat schnell auf die Ereignisse reagiert. Eine eigens eingerichtete Webseite unterstützt die Japaner bei der Suche nach Vermissten. Den Dienst hatte Google bereits nach den Beben in Haiti, Chile und Neuseeland angeboten.

Neben solchen direkten Aktionen unterstützen auch viele soziale Netzwerke die Katastrophenhilfe, indem sie Spendenaufrufe verbreiten. Beim Festival „South by Southwest Interactive“ in Austin, Texas, improvisierten IT-Firmen im Nu Software zur Spendensammlung.

Die iPhone-App „Hurricane Party“ wiederum organisierte gemeinsam mit dem Online-Kartenverkauf Eventbrite auf die Schnelle eine Benefizparty am Sonntag. Über die App verbreitete sich die Ankündigung rasch, und Eventbrite nahm rund 10.000 Dollar ein, die der Japan-Hilfe des Roten Kreuzes übergeben wurden. (nbo)