Neues Material könnte Erdgas-Autos attraktiver machen

Erdgas ist relativ günstig und klimafreundlich, ermöglicht bislang aber trotz aufwendiger Speicherung nur mäßige Reichweiten. Mit einem maßgeschneiderten Spezialmaterial wollen Forscher das ändern.

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Von
  • Mike Orcutt

Erdgas ist relativ günstig und klimafreundlich, ermöglicht bislang aber trotz aufwendiger Speicherung nur mäßige Reichweiten. Mit einem maßgeschneiderten Spezialmaterial wollen Forscher das ändern.

Mit Ausnahme weniger Länder sind mit Erdgas betriebene Autos weltweit noch immer ein Nischenprodukt, obwohl der Treibstoff relativ billig ist und weniger Kohlendioxid-Emissionen verursacht als Benzin. Technischer Fortschritt könnte das ändern: Neu erforschte Materialien wecken die Hoffnung, dass sich Erdgas bald einfacher und billiger tanken und speichern lässt.

Einer der Nachteile von Erdgas liegt darin, das es bei normalen Temperatur- und Druckverhältnissen deutlich weniger Energie enthält als dasselbe Volumen an Benzin. Die übliche Lösung dafür besteht bei Autos darin, das Gas zu komprimieren und unter hohem Druck zu speichern. Doch dafür sind teure Technik an den Zapfsäulen und dicke Tanks erforderlich, die wertvollen Platz im Auto beanspruchen. Zudem kostet die Komprimierung Energie.

Jeffrey Long, Professor für Chemie und Molekulare Biochemie an der University of California in Berkeley, und Kollegen haben Ende Oktober eine viel versprechende Alternativlösung vorgestellt. Sie basiert auf maßgeschneiderten Materialien mit der Bezeichnung Metal Organic Frameworks, mit denen sich dieselbe Menge Erdgas bei deutlich weniger Druck speichern lässt.

Eine neuere Alternative zur Speicherung von Erdgas in komprimierter Form (compressed natural gas – CNG) ist adsorbiertes Erdgas (ANG). Hier bestehen die Tanks aus einem porösen Material mit großem Oberflächenbereich, an dem die Moleküle des Gases haften bleiben. CNG-Systeme nutzen zur Speicherung einen Druck von etwa 250 atm. Longs Gruppe dagegen will ein ANG-System für 35 bis 65 atm entwickeln. Dadurch könnten Personen, die zuhause Erdgas zum Kochen und Heizen nutzen, ihre Autos mit einem einfachen und billigen Kompressor selbst betanken.

Noch sind keine ANG-Autos auf dem Markt, doch es gibt erhebliches Interesse an der Technologie, und sie ist relativ reif. Longs Projekt wurde von der Advanced Research Projects Agency-Energy des US-Energieministeriums gefördert, außerdem kam technische Unterstützung von der Ford Motor Company, die seit 2009 fast 60.000 CNG-Fahrzeuge verkauft hat.

Bislang allerdings hat die Physik auch der Reichweite von Autos mit ANG-Systemen Grenzen gesetzt. Die Herausforderung liegt darin, ein Material zu finden, das Gas beim angepeilten Druck von 35 atm adsorbiert, es aber auch komplett wieder abgibt, bis der Druck auf 5 bis 6 atm gesunken ist – so viel Druck wird für den Betrieb des Motors mindestens benötigt. In den bislang demonstrierten Systemen verbleibt zu viel Gas im Tank, so dass es nicht genutzt werden kann, sagt Long.

Zur Lösung dieses Problems arbeitete seine Gruppe mit „flexiblen“ Metal Organic Frameworks, die sich von den bislang für ANG verwendeten starren unterscheiden. Diese Materialien weiten sich aus, wenn ein bestimmter Druck erreicht ist, so dass sich ihre Poren beim Auftanken öffnen und Gas adsorbieren. Bei niedrigerem Druck, der aber immer noch über dem Mindestwert für den Motor liegt, ziehen sie sich zusammen und drücken das gesamte Gas heraus, so dass es im Motor verbrannt werden kann.

Die neuen Ergebnisse lassen erwarten, dass ANG-Systeme auf Grundlage dieser Materialien eine höhere Speicherkapazität – und damit größere Reichweiten – erlauben könnten, als mit starren Materialien möglich war. Longs Arbeit ist eine interessante Machbarkeitsstudie. Doch wie er selbst sagt, bleibt noch viel zu tun, um Systeme nach diesem Prinzip zu kommerzialisieren.

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