Schlafstörungen: Wearables können bei der Diagnose helfen

Viele Schlafprobleme sind kein Fall fürs Labor. Sie lassen sich mit Wearables am Körper, Nearables unter der Matratze oder Airables auf dem Nachttisch lösen.

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Digitale Schlafwächter wie Bewegungsmesser am Handgelenk liefern aus dem heimischen Bett Langzeitdaten über Schlafstörungen.

(Bild: Science Photo Library/Getty)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler
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Wer auf Dauer nicht genug oder nicht erholsam schläft, wird krank an Körper und Seele. Weshalb aber jemand schlecht schläft, konnten Schlafforscher und Schlafmediziner lange Zeit nur über Fragebögen und in Schlaflaboren beantworten. Viele Patienten seien allerdings keine Kandidaten für ein Schlaflabor, sagt der Schlafforscher Albrecht Vorster vom Universitätsklinikum Bern. Denn dort werde zwar eine aufwändige Diagnostik betrieben, aber es liefert nur die Daten einer Nacht.

Deshalb setzen immer mehr Forscher und Ärzte auf digitale Schlafwächter, die den Schlaf von Patienten Nacht für Nacht in ihrem heimischen Bett tracken. Wearables sammeln Daten direkt am Körper, Nearables in unmittelbarer Nähe wie unter der Matratze und Airables wachen vom Nachttisch aus über den Schlaf. Sie erfassen Bewegungsmuster, Atmung, Pulsrate, Sauerstoffsättigung und Körpertemperatur. In einigen Fällen liefern Wearables mit KI-gestützter Software sogar ähnlich gute Ergebnisse wie Schlaflabore.

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Ein wichtiges Beispiel für den Vorteil heimischer Sensoren ist die weit verbreitete Schlafapnoe: Dabei setzt im Schlaf der Atem aus, in leichten Fällen für kurze Momente, in schweren Fällen bis zu mehreren Minuten lang. Meist ist sie von schwerem Schnarchen begleitet und zerstört nicht nur Ehen, sondern erhöht auch das Risiko für Diabetes, Schlaganfälle und Herzinfarkte. Doch da die Anzahl der Atemaussetzer von Nacht zu Nacht stark fluktuieren kann – je nachdem etwa, ob man geraucht, Alkohol getrunken oder viel Hausstaub um sich herum hat –, gelingt die Unterscheidung zwischen leichter, moderater und schwerer Schlafapnoe im Schlaflabor nicht immer richtig.

Wer stark unter diesen Atemaussetzern leidet, bekommt ein Beatmungsgerät mit Maske ans Bett gestellt. "Das Ziel ist aber ja, nicht gleich so eine Atemmaske zu verschreiben, sondern möglichst das Verhalten der Patienten zu ändern, damit sie zum Beispiel nicht mehr schnarchen", sagt Vorster. Typische Empfehlungen sind weniger Alkohol vorm Schlafengehen zu trinken, vermehrt in der Seitenlage zu schlafen oder das Trainieren der Rachenmuskulatur, um Schnarchen und Schlafapnoe zu verringern.

Können Patienten mit Schlafapnoe, ähnlich wie Menschen mit Bluthochdruck, leicht herausfinden, welche Änderung etwas bewirkt und Symptome lindert, bekämen sie "ein Stück Selbstwirksamkeit zurück", sagt Vorster. Sie können dann nämlich sehen, ob zum Beispiel ihr Atem seltener innerhalb einer Stunde aussetzt und sich damit auch die Sauerstoffsättigung im Blut verbessert.

Der Einsatz von Sensoren zur Schlafüberwachung bei Schlafapnoe ist nur ein Beispiel. Auch bei anderen Schlafstörungen können sie bei der Diagnose helfen. Der Bedarf ist groß: In Deutschland schlafen nur 48 Prozent der Erwachsenen gut oder sehr gut, wie eine 2017 durchgeführte Schlafbefragung der Techniker Krankenkasse ergeben hat. 52 Prozent kommen auf höchstens sechs Stunden Schlaf pro Nacht. Laut der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin leidet jeder Dritte zumindest an gelegentlichen Schlafproblemen. Knapp sechs Prozent, oder 4,8 Millionen Bundesbürger, haben sogar chronische Schlafstörungen.

(vsz)