Team-Entwicklung in der Cloud mit Visual Studio Online

Microsoft baut mit Visual Studio Online im Planungsbereich auf agilen Methoden wie Scrum auf. Dabei stehen Funktionen wie Feature- und Bug-Verwaltung sowie Features zur Zusammenarbeit bei der Online-Versionsverwaltung im Vordergrund. Abfragen und Diagramme erhöhen den Überblick über die verwalteten Projekte. Selbst mit Eclipse und Xcode ist die Versionsverwaltung nutzbar.

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  • Matthias Mett
Inhaltsverzeichnis

Microsoft baut mit Visual Studio Online im Planungsbereich auf agilen Methoden wie Scrum auf. Dabei stehen Funktionen wie Feature- und Bug-Verwaltung sowie Features zur Zusammenarbeit bei der Online-Versionsverwaltung im Vordergrund. Abfragen und Diagramme erhöhen den Überblick über die verwalteten Projekte. Selbst mit Eclipse und Xcode ist die Versionsverwaltung nutzbar.

Wie der Name vielleicht nahelegen könnte, ist Visual Studio Online (VSO) keine komplette Online-Variante der Entwicklungsumgebung Visual Studio. Vielmehr ist es eine verteilte Versionsverwaltung und der Nachfolger des Team Foundation Service. VSO baut auf die Integration in Visual Studio 2013, und arbeitet daher gut mit allen Editionen der derzeit aktuellen Ausgabe der IDE.

In der Public-Preview-Version sind derzeit fünf Nutzer kostenlos. Pro zusätzlichen Benutzer und Monat berechnet Microsoft von 7,45 in der Basic-Edition über 16,76 für die Professional-Variante bis 22,35 Euro in der Advanced-Version. Alle genannten Sondereinführungspreise in der Preview-Version enthalten derzeit 50 Prozent Rabatt. VSO ist noch nicht lokalisiert und steht daher nur in englischer Sprache zur Verfügung. Die Lizenzzuordnung zu den einzelnen Nutzern findet in der VSO-Übersicht im Kartenreiter "User" statt.

Beim Anlegen eines neuen Team-Projekts steht als Versionskontrolle entweder die hauseigene des Team Foundation Server oder Git zur Verfügung. Je nach ausgewählter Prozessvorlage stellt Visual Studio Online unterschiedliche Funktionen bereit. Die auszuwählenden Prozessvorlagen sind "Visual Studio Scrum" oder "agile Softwareentwicklung" sowie das CMMI-Prozessmodell (Capability Maturity Model Integration). In den Einstellungen eines Projekts lassen sich neue Benutzer zu Teams zusammenfassen, die Gruppenmitgliedschaften ändern und die Projektsicherheit mit Berechtigungen einstellen.

Übersichtsseite und Anlegen eines neuen Team-Projekts in Visual Studio Online (Abb. 1)

Für diejenigen, die keine Visual-Studio-Lizenz besitzen, bietet Microsoft in der Versionsverwaltung einen Link auf die Express-Versionen der IDE an, die sich kostenlos herunterladen lassen. Wenn eine Edition von Visual Studio 2013 lokal installiert ist, kann man aus VSO heraus ein Projekt in der Entwicklungsumgebung öffnen. Anschließend erscheinen in der IDE der Team Explorer und weitere Funktionen zur Zusammenarbeit in der Werkzeugleiste und den Menüs.

Auf der Übersichtsseite eines VSO-Projekts sind einige Übersichten und Links auf die einzelnen Projektbereiche verfügbar. Im Code-Explorer befinden sich die hochgeladenen Projekte, die in Visual Studio zuerst einzuchecken sind. In den Changesets speichert VSO alle Änderungspunkte. Den Sourcecode eines Projekts kann man online zwar ansehen, aber nicht verändern. In Verbindung mit Windows Azure kommt der neue Editor mit dem Codenamen Monaco zum Einsatz. Damit lassen sich Webinhalte wie JavaScript-Code online bearbeiten. Hierzu erstellt man in Windows Azure ein Webprojekt und gibt als Quellcodeverwaltung VSO an. In Verbindung mit Windows Azure ist dann eine Bearbeitung des Quellcodes online möglich.

Eingechecktes Projekt im Code-Explorer (Abb. 2)

Beim Backlog handelt es sich um ein Planungstool, das Microsoft als agiles Portfolio-Management bezeichnet. Um alle Funktionen der Planungstools nutzen zu können, benötigen Entwickler die Advanced-Version von Visual Studio Online. Das Backlog enthält verschiedene Ansichten. In der Feature-Übersicht lassen sich die Ansichten so einstellen, dass Beziehungen zwischen Features, Tasks, Backlogs und Bugs sichtbar sind. Diese kann man in entsprechenden Formularen in Visual Studio anlegen. Als Feature bezeichnet man eine Funktion, die entwickelt werden soll. Zu einem Feature können Tasks zugeordnet sein, also einzelne Aufgaben, um die Funktion umzusetzen. Außerdem sind weitere Arbeitsbestände definierbar. Des Weiteren lassen sich Bugs erfassen und in den Backlog Items dem entsprechenden Feature per Drag & Drop zuordnen.

Features-Übersicht mit Features to Task View (Abb. 3)

Im unteren Bereich sind sogenannte Sprints vorgegeben. Diese stellen eine Planungsmöglichkeit in Zeitintervallen dar. Sprints sind Teil der Scrum-Methode, in der aus Anwendersicht definierte Funktionen in einem vorbestimmten Zeitraum, zum Beispiel vier Wochen, umgesetzt werden. Eine Kapazitätsplanung für einzelne Mitglieder findet sich im Detailbereich unter "Capacity". Im Backlog-Detailbereich sind die einzelnen Prozessschritte aufgelistet. In "Board", das Microsoft als Kanban-Board bezeichnet, kann man die einzelnen Elemente per Drag & Drop in eine andere Statusspalte verschieben. Diese erhalten dann Status wie "Approved" oder "Commited". Kanban ist eine Methode zur Produktionsprozesssteuerung, die zur Optimierung einer Wertschöpfungskette angewendet wird.

Neues Feature im Kanban-Board (Abb. 4)

Neben den Backlogs gibt es den Bereich Querys. Er enthält eine Abfrage, die anzeigt, welche Prozessschritte dem eigenen Benutzer zugeordnet sind. In einem Editor können Entwickler eigene Abfragen formulieren und abspeichern. Eine Fortschrittsvisualisierung erstellen sie mit Charts. Dabei steht ein Diagrammeditor zur Verfügung, mit dem man Diagramme ähnlich wie in einer Tabellenkalkulation bearbeiten kann. Zum Beispiel lassen sich offene Bugs grafisch anzeigen. Die Visualisierung des Fortschritts erfordert ebenfalls die Advanced Version von Visual Studio Online. Das ist auch bei der Teamzusammenarbeit und den Feedback-Sitzungen der Fall.

Erstellung eines Diagramms im Diagrammeditor (Abb. 5)

Für die Teamzusammenarbeit enthält VSO Teamräume. Ein solcher Raum wird für jedes Projekt erstellt und ist in der jeweiligen Projektübersicht aufrufbar. Außerdem ist eine Übersicht über alle Teamräume in der VSO-Startseite unter "Rooms" verfügbar. Teamräume sind dazu gedacht, Themen in Form eines Chats innerhalb eines Projekts zu diskutieren. Der Vorteil eines zentralen Teamraums ist die Nachverfolgbarkeit und zentrale Verfügbarkeit des Gesprächsverlaufs, wie sie bei externer Messenger-Software nicht gegeben ist.

Teamraumübersicht mit Gesprächsverlauf (Abb. 6)

Auch Feedback-Anforderungen findet man auf der Startseite des jeweiligen Projekts. Seine Mitarbeiter können mit anderen Projektbeteiligten an einem Thema zusammenarbeiten, indem der Initiator eine Feedback Anforderung sendet. Der Empfänger kann dann mit einem separat herunterladbaren Feedback-Client eine Screensharing-Sitzung mit dem Mitarbeiter starten und die Anforderung diskutieren. Kommentare können die Beteiligten während der Feedback-Sitzung direkt dem Projekt zuordnen. Diese Funktion erinnert stark an Tools wie Teamviewer, wobei die Feedback-Anforderungen stärker in Visual Studio Online integriert sind.

Start des Feedback-Clients (Abb. 7)

Builds lassen sich manuell oder beim Einchecken eines Projekts automatisch erstellen, sie stehen im Anschluss in der Build-Verwaltung von VSO zum Herunterladen bereit. Des Weiteren gibt es Testpläne. in ihnen erstellt man eine Reihe von Tests. In den einzelnen Tests sind eine Beschreibung des Tests und das erwartete Ergebnis enthalten.

Mit Microsofts Test Runner werten Entwickler den Testplan aus, indem sie die einzelnen Tests durchgehen und markieren, ob ein Test erfolgreich war. In ihm lassen sich dann zu jedem Test Kommentare einfügen oder bei einem Fehler ein neuer Bug erstellen. Microsoft bietet zudem in VSO einen Cloud-basierten Auslastungstest für Websites an, indem man virtuelle Computer bereitstellt, die eine vorher einstellbare Auslastung erzeugen. Dazu muss die Website öffentlich zur Verfügung stehen.

Neu erstellter Build in Build-Verwaltung (Abb. 8)

Ein Projekt kann man nur in den allgemeinen Einstellungen löschen. Dazu ruft man die Collection Administrationsseite auf. Anschließend erscheint vor dem Löschen eine Warnung, die man mit dem Setzen eines Hakens bestätigen muss. Das Entfernen des Projekts aus den Projekteinstellungen ist nicht möglich. Wünschenswert wäre, wenn man es vor dem Löschen lokal sichern könnte. Ein Tool zur Datensicherung auf die lokale Festplatte oder eine Exportmöglichkeit, wie sie Twitter bietet, ist nicht vorhanden.

Microsofts Test Runner mit Testbewertung (Abb. 9)

Git-Repositorys lassen sich vielseitig in Visual Studio Online verwenden. Beim lokalen Einsatz wird der Code im lokalen Git-Repository vorgehalten. Ein solches kann man später auf VSO oder andere Hosting-Websites wie CodePlex oder GitHub hochladen. Für die lokale Verwaltung des Codes geben Entwickler beim Erstellen eines neuen Projekts an, ob sie das Projekt zur Quellcodeverwaltung hinzufügen möchten. Anschließend erscheint die Frage, ob Git oder etwas anderes verwendet werden soll. Nach der Einrichtung des lokalen Git-Repositorys kann man in der Quellcodeverwaltung einen Commit ausführen. Von dort aus ist auch eine Verbindung zu Teamprojekten herstellbar.

Verbindung eines lokalen Git-Repositorys mit einem Teamprojekt (Abb. 10)

Um Eclipse an Visual Studio Online anzubinden, stellt Microsoft ein Eclipse-Add-on mit dem Namen Visual Studio Team Explorer Everywhere 2010 zum kostenlosen Herunterladen zur Verfügung. Über einen Team Explorer in Eclipse können Entwickler Projekte dann einchecken und hochladen.

Für die Verwendung in Xcode besteht die Möglichkeit, das Repository des Teamprojekts zu klonen und in das lokale Git-Repository zu verschieben.

Nach der Installation des Eclipse-Add-ons ist der Team Explorer als Auswahl verfügbar (Abb. 11)

Für eine standortübergreifende Zusammenarbeit stellt VSO eine gute Option dar, wenn Entwickler die Integrationsmöglichkeiten in Visual Studio nutzen möchten. Das gilt insbesondere, wenn kein Team Foundation Server verfügbar ist oder man den Aufwand und die Kosten scheut, einen eigenen TFS zu installieren, der wiederum einen SQL Server benötigt. Außerdem lassen sich in VSO andere Projekte gut einbinden, die mit Eclipse oder Xcode erstellt wurden. Des Weiteren bietet Visual Studio Online viele Möglichkeiten zur Zusammenarbeit wie Teamräume, ohne auf externe Software ausweichen zu müssen. Bei der Verwendung von Git steht eine hohe Kompatibilität mit Systemen zur Codeverwaltung wie CodePlex oder GitHub zur Verfügung. Damit zeigt sich Visual Studio Online flexibel bei der Anbindung an andere Systeme.

Matthias Mett
ist Programmierer, Administrator und freier Journalist.
(ane)