Upcycling: Photovoltaik auf dem Balkon realisieren

Wir zeigen, wie aus alten Solarmodulen sinnvolle Balkonsolargeräte werden. Mit denen erzeugen Sie CO2-freien Strom.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 280 Kommentare lesen
Foto einer Gebäudefassade mit Balkonen. An einem Balkongeländer hängen Solarmodule.
Lesezeit: 27 Min.
Von
  • Sebastian Müller
Inhaltsverzeichnis

Dieser Artikel entstand aus drei Workshops, die ich und Rolf Behringer vom Verein Solare Zukunft e. V. organisiert vom FESA e. V. in Freiburg, im Herbst 2021 durchgeführt haben. Wir wollten sehen, ob es möglich ist, aus alten Solarmodulen, die bereits 20 Jahre auf dem Dach einer Schule lagen, neue Balkonsolargeräte zu bauen. Dabei wollten wir nicht nur wissen: Geht das? Sondern: Wie geht das technisch? Aber auch und viel wichtiger: Kann man das einfach so machen oder ist es zu gefährlich?

Nach drei Workshops können wir darauf einige Antworten geben und wollen hier unser Wissen teilen, damit viele alte Solarmodule noch ein langes zweites Leben haben und CO2-freien Strom erzeugen.

Mehr zum Thema Solarenergie

Die Vorstellung aus dem Licht der Sonne Strom zu erzeugen ist faszinierend. Was wir als modern und neu erleben, ist dabei schon recht alt: Die erste Solarzelle aus Silizium wurde in den Bell Laboratories 1953 gefertigt. Den Wirkungsgrad gab man mit etwa 5 Prozent an. Seitdem gab es viel Fortschritt und so erzielen aktuelle Module Wirkungsgrade von über 20 Prozent.

Kurzinfo
  • Alte Solarmodule upcyclen
  • Testen, verkabeln und betreiben
  • Rechtliche Bedingungen

Checkliste

  • Zeitaufwand: 8 Stunden
  • Kosten: 200 Euro
  • Hochspannung: Arbeiten am 230V Netz! Fragen Sie ihren Elektriker

Material

Werkzeug

  • Reinigungsmaterial Wasser, Spülmittel, Schwämme
  • Multimeter Messbereich >200V DC, 10A Strom
  • Elektrowerkzeug Schraubendreher, Seitenschneider, Abisolierer
  • Crimpzange für MC4-System (Bezugsquelle)
  • Bohrmaschine je nach Befestigungsart

1979 installierte Markus Real, ein schweizer Ingenieur des Eidgenössischen Instituts für Reaktorforschung, auf einen Schuppen im Kanton Argau einige Solarpaneele – damals eher aus der Weltraumforschung bekannt – und verband sie über einen selbstgebauten Wechselrichter mit dem Stromnetz. Den Wechselrichter hatte Real selbst entwickelt, die Solarpaneele aus den USA importiert. Er hatte dem Elektrizitätswerk nicht mitgeteilt, dass er Strom in sein Heimnetz einspeist und vermutlich bei möglicher Überproduktion auch in das allgemeine Stromnetz abgab.

Er war sozusagen der erste Solar-Guerilla und auch heute betreiben viele Menschen ihre Solaranlage, ohne den Netzbetreiber zu informieren. Die Idee, Solarstrom vom Balkon über die Steckdose mit einem Netzentlastungsgerät (heute Wechselrichter) einzuspeisen, lässt sich bis ins Jahr 1988 zurückverfolgen.

Die erste Anlage, die dann auch mit dem Wissen des E-Werks gebaut wurde, folgte 1982 im Tessin und hatte zehn Kilowatt Peak (10 kWp) Spitzenleistung. Die Anlage wurde nach 35 Jahren Betriebszeit abgebaut und untersucht. Ein großer Teil der Solarzellen hatte sich gut gehalten. 58 Prozent der 288 Solarmodule hatten nach 35 Betriebsjahren noch eine Leistung von 80 Prozent oder mehr. Auch in unseren Workshops hatten wir beim Durchmessen der Module nur wenige Ausfälle, solange das Modul unbeschädigt war oder sich nicht verfärbt hatte.

Balkonsolar in Betrieb

Üblicherweise geben Hersteller von Solarmodulen heute eine Garantie von mindestens 80 Prozent Leistung nach 20 Jahren. Man sieht also, alte Solarpaneele haben durchaus das Potenzial, noch weiter genutzt zu werden und Strom zu produzieren. Man muss sie nicht aussortieren, dann teuer entsorgen und recyclen, wenn man upcyclen kann.

Danksagung

FESA e. V. für die Organisation der Bastelworkshops

Norbert Pfanner, Messtechnik

Rolf Behringer vom Verein Solare Zukunft e. V. für die Organisationsarbeit beim Basteln

Michael Werner für viele Fotos

Den Mitgliedern Arbeitsgemeinschaft PVplug der Deutschen Gesellschaft für Solarenergie, die sich immer wieder gegen große Netzbetreiber und Stromversorger durchsetzen mussten.

Ab dem Jahr 2000 gab es durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) den ersten Solarboom in Deutschland. Wer sich noch im Jahr 2001 eine Solaranlage aufs Dach bauen ließ, bekam mindestens 50,6 Cent pro Kilowattstunde Einspeisevergütung für die nächsten 20 Jahre garantiert. Diese garantierte Einspeisevergütung sank dann für Neuanlagen jedes Jahr um 5 Prozent. Nach Ablauf der Förderung bekommt man heute vom Stromnetzbetreiber weniger als 5 Cent/kWh für den von der Altanlage eingespeisten Strom.

Nahm man im Jahr 2021 eine Solaranlage mit weniger als 10 kW Spitzenleistung in Betrieb, erhält man für den Strom noch 8,16 Cent pro Kilowattstunde. Ob sich derzeit etwa eine Dachanlage rechnet oder nicht, hängt im Wesentlichen von der Größe der Anlage, vom erwarteten Kapitalzinssatz und der akzeptierten Kapitalrentabilität (ROI, Return of Invest) ab. Kapitalrenditen von 3,5 Prozent lassen sich z. B. für Anlagen mit 10 kWp durchaus immer noch erzielen. Besonders lohnend ist eine Anlage dann, wenn man viel solar erzeugten Strom selbst nutzt oder ihn an Mieter weiter verkauft. Hier gilt es gut durchzurechnen und auch mit dem Elektriker zu sprechen, was man selbst an Arbeiten ausführen kann. Natürlich sei die Frage erlaubt, ob die Solaranlage immer finanziell gewinnbringend sein muss, denn die Umwelt profitiert auf jeden Fall, die Stromrechnung sinkt dauerhaft und die Lebensqualität steigt.

Diese Vergütung, die sogenannte EEG-Umlage, wurde auf den Strompreis umgeschlagen. Allerdings nur auf den Strompreis der privaten Haushalte und kleinen Betriebe. Für tausende Unternehmen oder auch Verkehrsbetriebe gab es Ausnahmen. Die sehr teuren Solaranlagen aus den Jahren 2001 und 2002 fallen derzeit aus der Vergütung und deshalb sinkt die Umlage nächstes Jahr deutlich. Leider steigen derzeit aber die Preise für Erdgas und Kohle, wodurch der Strom eher nicht billiger werden wird. Durch die Einspeisevergütung gab es erstmals eine große Nachfrage nach Solarmodulen, während die Kosten für Solaranlagen durch Massenproduktion und ständige Innovation sanken. Heutzutage sind viele große Solaranlagen so effektiv, dass sie auch ohne Umlage rentabel sind.

Daher stellt sich bei vielen der Altanlagen die Frage nach dem wirtschaftlich sinnvollen Weiterbetrieb. Unter Umständen müssen die Wechselrichter erneuert werden und die Netzbetreiber zahlen nur noch wenig für den eingespeisten Strom. Die Anlage lohnt sich also nur, wenn man sie rentabel auf Eigenverbrauch umrüsten kann. Bei einer solchen Umstellung ist es dann häufig auch sinnvoll, gleich ein Repowering durchzuführen, d. h. die alten Solarmodule durch neue effektivere Solarmodule zu ersetzen und den Ertrag somit zu erhöhen. Damals baute man häufig Anlagen, die etwa zwei Kilowatt Peak (kWp) Spitzenleistung hatten, heute sind selbst auf Dächern von Einfamilienhäusern größere Anlagen (4-10k Wp) üblich.

Aus diesen Gründen – und weil nach 20 Jahren auch mal ein Dach saniert werden muss – können wir damit rechnen, dass immer wieder alte Solarmodule verfügbar sind, denen wir als Balkonmodul ein zweites Leben ermöglichen können. Die weiteren, inzwischen gegebenen, technischen und rechtlichen Voraussetzungen werden im nächsten Abschnitt behandelt.

Louis-F. Stahl und c't-Redakteur Christof Windeck testeten bereits im Jahr 2019 ein entsprechendes Gerät (PDF). Sie waren seinerzeit aber nur mäßig begeistert. Grundsätzlich ist das technische Prinzip gleich geblieben, aber viele Probleme von damals wurden gelöst:

  • Solarpaneele sind deutlich billiger und besser geworden. Aktuell hat ein Standardpanel (ca. 1,65 m × 1,0 m) eine Spitzenleistung von 300 Watt bis 420 Watt.
  • Für den Anschluss von Balkonsolargeräten gibt es seit 2017 die technische Norm VDE V 0100-551. Diese erlaubt Laien, also nicht nur Elektrikern, stromerzeugende Geräte in jedem Stromkreis normgerecht anzuschließen. In der Norm steht, dass Mikro-PV Geräte mit einer speziellen Energiesteckvorrichtung an das Hausnetz angeschlossen werden müssten.
  • Derzeit ist eine weitere Norm im Entwicklungsverfahren, die weitere Vereinfachungen bringen soll.
  • Die ebenfalls seit 2018 gültige VDE-AR-N 4105 verpflichtet Netzbetreiber, auch die Anmeldung von Steckdosen-Solargeräten mit bis zu 600 Watt durch Laien zu akzeptieren. Viele Netzbetreiber bieten auf ihrer Website entsprechende Formulare an oder akzeptieren sogar eine formlose Anmeldung.
  • Die Deutsche Gesellschaft für Solarenergie (DGS) definiert einen eigenen Sicherheitsstandard für den Betrieb und Aufbau der Anlagen.
  • Inzwischen haben etliche Elektriker das Thema auch auf dem Schirm und kennen die Normen.
  • In einigen Städten und Gemeinden gibt es Förderung für die Aufstellung von Balkonmodulen.
  • Das Amtsgericht Stuttgart hat in einem wegweisenden Urteil festgestellt, dass der Vermieter ein Balkonkraftwerk genehmigen muss, wenn es fachgerecht installiert wurde, optisch nicht störend und leicht rückbaubar ist. Natürlich dürfen von den Geräten keine Brand- oder andere Gefahren ausgehen und sie müssen sturmsicher angebracht sein. Es ist also für den Vermieter schwer, Gründe vorzubringen, die ein Verbot rechtfertigen (Amtsgericht Stuttgart AZ 37 C 2283/20).

Mit diesen Normen und den Sicherheitsstandards für Stecker-Solargeräte wird es vor allem für Mieter und Wohnungseigentümer deutlich einfacher, gegenüber Vermieter und Eigentümergemeinschaft zu argumentieren. Man betreibt hier eben nicht ein gefährliches Kraftwerk auf dem Balkon, sondern ein sicheres Gerät, vergleichbar mit anderen Haushaltsgeräten, welches auch noch einen eigenen kleinen Beitrag zur Energiewende leistet.

Balkonsolargeräte sind daher inzwischen breit auf dem Markt verfügbar. Wer sich ein neues Gerät kaufen will, der findet Empfehlungen und Marktübersichten online.

Auch das Thema Befestigung ist inzwischen gelöst. Auf dem Markt gibt es zahlreiche Anbieter, die Befestigungssysteme für nahezu alle Arten Balkongeländer oder das Dach anbieten.

Klar ist: Das Balkonsolargerät hilft uns, die Grundlast der Wohnung zu decken und vielleicht noch den Betrieb von Laptop oder kleineren Elektrogeräten. Aber alles, was Wärme erzeugt – Wasserkocher, Herd oder auch die Waschmaschine – hat in der Heizphase immer einen Verbrauch, den wir auch im Sommer nicht abdecken können.

Hausbesitzern sei daher geraten, gleich in eine größere Anlage zu investieren und diese mit dem gesparten Geld für den Stromankauf zu refinanzieren.

Problemlos lassen sich kleine Solargeräte mit bis zu 600 Wp potenzieller Leistung anschließen. Aber für was reicht die Energie in der Praxis aus, die ein solches Gerät in etwa liefern kann?

Unser Haushalt hat in der Regel einen gewissen Dauerverbrauch: Router, Kühlschrank, Gefriertruhe, aber eben auch Standby-Geräte. Während wir Router und Kühlschränke schlecht abschalten können, empfiehlt es sich bei Geräten mit Standby-Funktion (oder eigentlich bei allen Elektrogeräten) zu prüfen, ob sie vielleicht auch im "ausgeschalteten" Zustand Strom verbrauchen. Man nennt diesen Zustand dann Schein-Aus. Im Gegensatz zum Standby, bei dem noch Energie für echte Funktionen genutzt wird, ist dieses Schein-Aus eine besondere Verschwendung ohne direkten Nutzen.

Energiekostenmessgerät; viele Geräte können auch eingespeiste Energie messen.

(Bild: Michael Werner)

Generell lohnt es sich, im Haushalt einen Energiecheck zu machen und die Leistungsaufnahme der elektrischen Geräte zu messen. Geeignete Messgeräte gibt es für wenig Geld im Elektrofachgeschäft oder im Baumarkt, teilweise auch bei der Energieberatung zum Ausleihen. Es wird sich so der eine oder andere Stromfresser finden, den man gar nicht auf dem Schirm hatte. So können wir nebenbei unnötigen Energieverbrauch stoppen und Geld sparen.

Vom alten Radiowecker bis hin zu den gerne von Makern verbauten LED-Streifen: Nicht alles, was LEDs nutzt, ist automatisch sparsam. Gerade die populären RGB-LED Streifen sind wenig effizient, sie bringen zwischen 40 und 50 Lumen pro Watt. Weiße LED-Lampen liegen bei mehr als 100 Lumen pro Watt.

Auch die zahlreichen kleinen Gadgets im Haushalt, von der Alexa über die CO2-Ampel bis hin zum Springbrunnen im Garten sind es, die aufsummiert über 24 Stunden an sieben Tagen dann doch einen gewissen Stromverbrauch haben. Daher empfiehlt es sich, vor dem Basteln unseres Balkonsolargerätes erstmal den Verbrauch im Haushalt zu senken. Das geht häufig ohne Komfortverlust und auch ohne große Verhaltensänderung.

Der Wechselrichter ist dazu da, aus dem Gleichstrom, der meist mit etwa 40–60 V aus dem Solarmodul kommt, Niederspannungsstrom mit 230 V und 50 Hz zu machen, den er dann ins Netz im Haushalt einspeist. Wechselrichter gibt es in vielen verschiedenen Größen, in der Regel, um die Leistung mehrerer Solarpaneele gleichzeitig umzuwandeln.

Mikrowechselrichter, wie wir sie verwenden, können üblicherweise die Leistung von ein bis zwei Modulen umrichten. Sie haben noch einen zweiten Clou, der sie sicher macht: Die Geräte detektieren, ob sie an ein Stromnetz angeschlossen sind. Wenn nicht, dann schalten sie die Stromabgabe sofort ab, sodass selbst beim Ziehen des Steckers keine Gefahr eines Stromschlags besteht.

Mikrowechselrichter Hoymiles HM-300

Wir haben uns für den Mikrowechselrichter Hoymiles HM-300 entschieden. Alternativ kann man auch einen Envertech EVT300 verwenden. Mit beiden Geräten habe ich in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht. Beide sind dafür ausgelegt, ein gegenwärtiges Standardsolarmodul (380 Wp) zu versorgen. Es können auch mehrere Geräte verbunden werden, wenn man seine Anlage erweitert.

An gebrauchte Solarmodule zu kommen, ist etwas Glückssache und das Angebot ist lokal sehr verschieden. Gehandelt werden sie auf spezialisierten Websites in größeren Stückzahlen, aber auch bei eBay und eBay-Kleinanzeigen wird man unter Umständen fündig. Die örtliche Solargenossenschaft, Energieagenturen, Solarteure (Fachkräfte für Solartechnik), Elektriker, Solarvereine oder andere können eventuell mit ihren Kontakten helfen. Besonders wenn die Module nichts kosten sollen, muss man oft viele E-Mails schreiben und telefonieren.

Man kann die Verkabelung komplett selbst herstellen. Häufig haben die alten Solarmodule jedoch MC3-Stecker, die neuen Wechselrichter aber MC4-Anschlüsse.

Adapter von MC3- zum aktuellen MC4-System

(Bild: staubli.com)

Der furchtlose Maker kann nun die Enden abzwicken und die Module parallel mit Lüsterklemmen oder besser mit Federkraftklemmen (WAGO-Klemmen) verbinden. Man braucht recht große Klemmen, da die Solarkabel in der Regel 4 mm2 dick sind. Allerdings sollte man dann die Klemmen in einer Aufputzdose anbringen und diese wasserdicht verschließen oder sogar mit Harz vergießen. Von dort führt man dann ein Kabel mit MC4-Stecker zum Wechselrichter.

Während der Workshops bemerkten wir allerdings, dass dies zeitaufwändig ist und waren besorgt, dass diese Lösung eventuell nicht dauerhaft ist. Wir sind deshalb auf fertige Adapter oder Adapterkabel umgestiegen. Diese bekommt man bei Amazon, eBay oder auch bei entsprechenden Solarversendern.

Wielandstecker mit Berührungsschutz

Je nach Art der Montage am Balkon oder anderswo muss man das Kabel vom Solarmodul zum Wechselrichter unter Umständen verlängern. Auch hier gibt es zwei Varianten: Entweder man kauft sich das fertige MC4-Verlängerungskabel oder man macht es selber aus MC4-Verbindern und Solarkabel.

Die Montage eines Schukosteckers ist nicht schwer.

(Bild: Michael Werner)

Jetzt muss der Strom noch vom Wechselrichter zur Steckdose kommen. Auch dafür gibt es zwei Varianten. Wir können den Strom über eine normale Außensteckdose mit einem Schukostecker einspeisen, bewegen uns hier aber in einer normativen Grauzone oder eben mit einem speziellen Wieland-Stecker und einer Wieland-Einspeisesteckdose wie es die VDE fordert.

Sollten Sie den Guerilla-Weg gehen oder eine Insellösung benötigen, dann reicht der Schukostecker. Soll die Anlage angemeldet werden, dann verlangen viele Netzbetreiber einen Nachweis über eine Wieland-Dose. Für welche Variante man sich entscheidet, sollte schon bei der Bestellung des Wechselrichters klar sein, damit man die richtige Anschlussvariante bestellt. Zur Not gibt es aber auch Adapterkabel von Wieland auf Schukostecker.

Dieser Merkzettel sollte für den Maker und fremde Personen am Stecker der Solaranlage angebracht werden.

Teilweise liefern die Händler auch Anschlusskabel ohne Stecker und wir müssen diesen selbst montieren. Wichtig ist dabei, dass wir die Erdung (PE) richtig anschließen. Die Erdung ist die grün-gelbe Leitung, in der Regel ist die PE-Klemme in der Mitte im Stecker und das PE-Kabel ist auch länger. Die beiden stromführenden Pole werden jeweils mit dem blauen (Neutral) und braunen Kabel (Phase) angeschlossen. Auf welche Seite das blaue oder braune Kabel geht, ist bei Schukosteckern egal. Achtung: Man sollte wissen, was man tut oder einen Fachmann um Rat fragen und sich eine Wieland-Dose installieren lassen.

Solar-Parklett mit auf dem Dach befestigter Solaranlage

(Bild: Michael Werner)

Bei der Montage kann der Maker kreativ werden. Bei mir daheim habe ich das Balkonsolargerät einfach auf mein Flachdach gelegt. Mit einem befreundeten Schreiner haben wir ein Solar-Parklet gebaut, eine kleine Sitzmöglichkeit auf einem ungenutzten Parkplatz.

Solaranlage auf dem Flachdach

(Bild: Michael Werner)

Die meisten werden ihr kleines Solarkraftwerk allerdings an ihren Balkon hängen. Dafür gibt es eine ganze Reihe von Konstruktionen, die ein Maker mit Metallwerkstatt nachbauen kann. Uns gefällt als kaufbares Produkt der Solarhook von ETM Solarservice. Das Anbringen der Anlage ist damit recht einfach. Man schiebt den Haken so in den Alurahmen der Standard-Module, dass die Haken in den Rahmen eingesteckt sind. Dann können wir mit den mitgelieferten kurzen Schrauben den Solarhook am Modul fixieren.

Hängt das Modul nun über dem Geländer, können wir mit einer weiteren langen Schraube – auch die wird mitgeliefert – das ganze fixieren. So kann es nicht herausfallen. Wenn das Modul senkrecht am Balkon hängt, dann erfährt es auch nur geringe Windlasten. Es sind die üblichen Maßnahmen zur Sicherung einzuhalten, wie in Abschnitt Voraussetzungen für kleine Anlagen erläutert.

Mit Solarhook befestigtes Modul

(Bild: Michael Werner)

Es gibt auch Konstruktionen, die das Modul nach oben, in Richtung Sonne geneigt, an den Balkon hängen. Hier muss man abwägen oder durch Messungen klären, ob die Mehrkosten dieser Montage durch den Mehrertrag ausgeglichen werden.

Zunächst mal sortieren wir die Solarmodule aus, die man nicht mehr verwenden sollte. Das sind die, die beschädigt sind, etwa einen Sprung im Glas haben, in die Wasser eingedrungen ist oder solche, die stark vergilbt sind.

Optische Kontrolle und Säubern der Module

(Bild: Michael Werner)

Grob vorsortieren kann man verschiedene Module schon mal nach ihrem Typenschild auf der Rückseite, falls vorhanden und noch lesbar. Dort kann man die maximale Leistung bzw. Spannung ablesen. Insbesondere wenn diese Informationen nicht mehr lesbar sind, sollte man die Module den im Folgenden beschriebenen Tests unterziehen. Mit den Daten vom Typenschild oder den Messergebnissen kann dann auch bestimmt werden, wie man den Wechselrichter optimal durch Zusammenschalten passender Module auslastet.

Typenschild eines älteren kleineren Moduls

Legen Sie das Modul in die Sonne. Auch an einem bewölkten Tag kann man einige Messungen vornehmen, allerdings sind die Aussagen bezüglich Leistung dann nicht wirklich aussagekräftig. Wir verbinden die Kabel des Moduls mit einem Multimeter. Dieses sollte so eingestellt sein, dass es mindestens 200 Volt Gleichstrom (DC) messen kann. Die entscheidende Frage: Liefert das Modul eine Spannung (in Datenblättern und Typenschildern als Open-Circuit Voltage, OPEN CKT oder Voc bezeichnet), die sinnvoll erscheint und dem Typenschild entspricht? Auch bei leicht bedecktem Himmel sollte die Leerlaufspannung etwa der Angabe auf dem Modul entsprechen.

Messung der Leerlaufspannung mit Multimeter an Standardmodul

(Bild: Michael Werner)

Weiterhin sollten wir den Kurzschluss-Strom (auch als short-circuit current, SHORT CKT, Isc bezeichnet) messen. Dazu stellen wir das Multimeter auf den größten Gleichstrom-Amperebereich und stecken die Plus-Messleitung in die dazugehörige Buchse des Multimeters. Der Kurzschluss-Strom sollte dann bei voller Sonneneinstrahlung etwa gleich dem angegebenen Modul-Nennstrom sein.

Zur Sicherheit messen wir noch den Rahmenwiderstand. Dazu das Multimeter auf Widerstandsmessung stellen und per Messspitzen den Minus-Pol des Solarmoduls und den Rahmen verbinden: Hier sollte ein sehr hoher Wert im Megaohm-Bereich oder ein unendlicher Widerstand (oft als 0L) angezeigt werden.

Wenn das Modul diese Vorgaben nicht erfüllt, sollte es ausgemustert und entsorgt werden. Hat man mehrere gleiche Module, können über diese Messungen auch die besten oder zueinander passenden Exemplare selektiert werden.

Nun müssen wir das oder die Module noch mit dem Wechselrichter verbinden. Wenn die Module recht neu sind, haben sie sogenannte MC4-Stecker, für die es fertig konfektionierte Kabel gibt. Bei älteren Modulen müssen wir diese vom MC3-System oder den blanken Kabeln auf MC4-Stecker umbauen (siehe Bildergalerie MC-4 Stecker Montage) bzw. Adapter verwenden. Man sollte eine Crimpzange für MC4-Stecker leihen oder kaufen. Diese kann man auch später bei Elektroarbeiten gut verwenden.

MC4-Stecker Montage (8 Bilder)

Zuerst suchen wir das Pluskabel des Moduls (Aufdruck am Modul, gegebenenfalls mit dem Multimeter messen) und markieren dieses mit einem Stück Klebeband, um hier später den richtigen MC4-Stecker (rote Markierung) anzuschließen. (Bild: Michael Werner)

Sind die Module mit Steckverbindern versehen, so verbinden wir, je nach Leistung der Einzelmodule, zwei bis vier Module per Kabel mit dem Wechselrichter. Je nach gewählter Verschaltung sind dabei, wie oben unter Verschaltung von Modulen beschrieben, die Leistungsdaten des Wechselrichters beachten.

Wechselrichter haben ihren höchsten Wirkungsgrad, wenn sie nahe an ihrer Maximalleistung betrieben werden. Daher sollte man versuchen, durch Auswahl eines noch sehr guten Moduls oder der Zusammenschaltung mehrerer Module den Wechselrichter voll auszunutzen oder sogar ein wenig überzubelegen. Eine moderate Überbelegung schadet nicht, ältere Solarmodule, die zudem noch fast vertikal an einem Balkon hängen, bringen erfahrungsgemäß ohnehin nicht die volle Leistung. Manche hängen auch mehrere Module mit unterschiedlicher Ausrichtung aus, etwa eines nach Süden und das andere nach Osten am Balkon. Auch hierbei kann man ohne Probleme den Wechselrichter überbelegen.

Jetzt legen wir diese Installation erstmal auf den Boden und stecken den Schukostecker des Wechselrichters ein. Mittels einem Energiemessgerät für Steckdosen kann überprüft werden, ob Strom erzeugt wird. Dabei ist darauf zu achten, dass das Messgerät auch erzeugten Strom messen kann, sonst zeigt es eventuell nichts oder Unsinn an. Gute Erfahrungen haben wir mit dem Energiemessgerät CTM oder dem Revolt Energiekostenmessgerät mit Schuko-Steckdose gemacht. Wer etwas mehr in Richtung Smart Home unterwegs ist, der kann zur Fritz DECT 210 greifen, einer fernschaltbaren Steckdose, die auch den Strom misst.

Ein erster Testlauf

(Bild: Michael Werner)

Auch am Wechselrichter sollte zu sehen sein, dass Strom erzeugt wird: Die meisten Geräte haben eine LED-Anzeige, die dann in einem bestimmten Rhythmus blinkt. Bitte hierzu die Bedienungsanleitung oder Datenblätter des Wechselrichters beachten.

Die Reihenschaltung ist einfach und kostengünstig. Die identischen Module werden Plus zu Minus hintereinander geschaltet. Hierbei addieren sich die Einzelspannungen zu einer Gesamtspannung und Leistung, die die maximal zulässigen Werte des Wechselrichters nicht überschreiten darf. Eine Anlage mit dieser Schaltung reagiert stark auf die Verschattung eines Moduls.

Die Parallelschaltung erfordert längere Solarkabel oder Y-Kabel, die zu einem Sternpunkt bzw. zum Wechselrichter gehen. Die Einzelleistungen der Module addieren sich hier zur Gesamtleistung, entsprechend ist der Wechselrichter auszuwählen.

Teilbeschattung oder unterschiedliche Ausrichtung der Module sind kein Problem, auch können unterschiedliche Module kombiniert werden, wenn sie die gleiche Nennspannung haben.

Es ist sozusagen die Gretchenfrage der Balkonsolar-Gemeinde: Wie hältst du es mit der Anmeldung beim lokalen Energieversorger? Und was passiert, wenn die Anlage nicht angemeldet ist? Hier besteht die größte Sorge und Verunsicherung. Wir empfehlen natürlich alles zu unternehmen, um die Anlage legal zu halten, was aber unter Umständen recht kompliziert, teuer und zeitaufwändig werden kann.

Ich hatte versucht, mein erstes Balkonsolargerät beim lokalen Energieversorger anzumelden. Es begann dann ein E-Mail-Wechsel, in dem der Versorger eine Anmeldung und Anschluss der Geräte durch einen Elektriker forderte und ich darauf bestand, dass ich das nicht brauche. Eine Bestätigung der Anmeldung kam bisher nicht, aber beide Seiten wissen, dass es die Anlage gibt.

Diese Erfahrung ist nicht ungewöhnlich. Kleine Versorger sind von diesem Thema teils überfordert und einige größere Versorger versuchen, die Anmeldung möglichst kompliziert zu machen, um damit abzuschrecken. Eine Hürde ist die Anmeldung, die sich einige Bürger und Bürgerinnen laut Forenberichten sparen, sie stecken die Anlage ein und erzeugen Strom für ihren Bedarf. Die nächste Hürde ist der Stromzähler, egal ob mit oder ohne Anmeldung. Achten sollte man darauf, dass der Zähler eine Rücklaufsperre besitzt. Das erkennt man am Symbol auf dem Zähler.

Symbole für Rücklaufschutz und Zählrichtung auf dem Stromzähler

Wenn man einen solchen Zähler nicht hat, dann könnte dieser beim Einspeisen in das öffentliche Netz zurücklaufen, d. h. rückwärts zählen, dies wird vom Versorger als Betrugsversuch ausgelegt. Bei einer Anmeldung einer Anlage würde der Versorger dann einen Zähler mit Rücklaufsperre einbauen, die Kosten werden aber gern auf den Kunden abgewälzt.

Daher ist es sinnvoll, zumindest formlos den Energieversorger von der Anlage in Kenntnis zu setzen. Einige haben dafür Onlineformulare auf ihren Websites. In diesen Formularen stehen aber teils noch viele, zumindest nach neuen Regeln fragliche, Formulierungen, etwa dass man die Einspeisung auf 70 Prozent der Leistung begrenzen müsse. Dies betrifft aber an sich nur Anlagen über 7 kWp und wenn überhaupt eine Einspeisung in das öffentliche Netz vorgesehen ist.

Manchmal will der Energieversorger dann den Zähler, unabhängig von der Rücklaufsperre, kostenpflichtig tauschen. Auch hier würde ich mit Verhandlungsgeschick versuchen dies zurückzuweisen, da die Versorger die Zähler sowieso in den kommenden Jahren gegen eine moderne Messeinrichtung tauschen müssen, also einen digitalen Zähler, der Einspeisung und Netzbezug messen kann.

In der Regel wird der Energieversorger noch ein Formular zusenden, bei dem man unterschreiben muss, dass man auf die Einspeisevergütung verzichtet. Dies ist sehr zu empfehlen, da hier sonst nur Abrechnungs- und eventuell noch Steueraufwand entsteht und so kleine Anlagen ja keinen Überschuss produzieren, den man einspeisen könnte.

Die Marktstammdatenregisterverordnung (MaStRV) verlangt, dass ortsfeste und an das Stromnetz angeschlossene Solaranlagen registriert werden. Nicht ortsfeste Einheiten müssen laut FAQ der Bundesnetzagentur nicht registriert werden. Es ist bisher nicht abschließend geklärt, wann ein Steckdosen-Solarmodul ortsfest ist, da ich es ja jederzeit ausstecken und wiederum an anderer Stelle anbringen kann.

Grundsätzlich endet die Zugriffsmöglichkeit des Netzbetreibers hinter dem Zähler, soweit keine Änderungen der technischen (elektrischen) Gebäudeausrüstung selbst vorgenommen werden. Damit liegt die Frage, ob das Solar-Gerät fest, mit Schuko- oder nach DIN VDE 0628-2 (mit Wieland RST20i3-Stecker) angeschlossen wird außerhalb der Zuständigkeit des Netzbetreibers. (Dies wurde bereits 2016 von der BNetzA bestätigt). In neueren VDE-Vornormen scheint der Schuko-Stecker als kostengünstiges Schlupfloch allerdings wieder ausgeschlossen zu sein, da die VDE-Normen sehr komplex sind, sollte man im Zweifelsfall auch hier einen Fachmann um Rat fragen.

Die Registrierung ist online beim Marktstammdatenregister vorzunehmen. Die Registrierung ist gebührenfrei und jeder kann sie durchführen. Diese Regelungen stammen überwiegend aus einer Zeit, als diese Kleinstanlagen noch gar nicht angedacht waren und man davon ausgegangen war, dass Solaranlagen immer mehrere Tausend kWh im Jahr einspeisen. Später wurde schlicht versäumt, eine Bagatellgrenze für Kleinstanlagen einzuführen.

Sie sehen also, dass der Versuch, selbst etwas zur Energiewende beizutragen, durchaus seine Hürden hat. In den letzten Jahren hat sich hier aber in den Normen und EU-Recht einiges getan, was die Hoffnung erlaubt, dass es bald leichter sein wird Kleinanlagen legal und normgerecht zu betreiben.

Zu guter Letzt noch ein Wort zum Thema Amortisation: Die wenigsten würden durchrechnen, wann sich der neue Fernseher lohnt, weil sie dadurch Kinobesuche einsparen. Bei Balkonsolargeräten jedoch fragen immer wieder Menschen nach der Amortisierung. Die passiert nicht durch die Einspeisevergütung, sondern dadurch, dass weniger Strom vom Netz bezogen werden muss. In der Regel lassen sich durch Balkonkraftwerke etwa 400 kWh pro Jahr erzeugen, das ist bei einer dreiköpfigen Familie immerhin etwa 10 Prozent des Verbrauchs.

Allerdings ist der eigene Stromverbrauch für jeden unterschiedlich: Manche Menschen gehen morgens aus dem Haus, essen im Betrieb und haben bereits ihren Verbrauch optimiert. Andere haben viele Geräte im Standby, kochen täglich und arbeiten im Homeoffice. Was bleibt, ist auf jeden Fall das gute Gefühl, durch Upcycling und Solarenergienutzung etwas für die Umwelt zu tun. (caw)