Verdoppelter Sonnenstrom

Ein Forschungsprojekt nutzt neuartige Nanostrukturen, um den Wirkungsgrad von Solarzellen deutlich zu erhöhen.

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Von
  • Kevin Bullis

Ein Forschungsprojekt nutzt neuartige Nanostrukturen, um den Wirkungsgrad von Solarzellen deutlich zu erhöhen.

Die meisten aktuell im Betrieb befindlichen Solarzellen setzen weniger als 20 Prozent des Sonnenlichts in elektrischen Strom um. Ein neues Projekt, das von der amerikanischen Forschungsbehörde Advanced Research Projects Agency for Energy (ARPA-E) mit 2,4 Millionen Dollar gefördert wird, soll den Wirkungsgrad der Sonnenkollektoren deutlich erhöhen: Das Ziel ist eine Umwandlungseffizienz von mehr als 50 Prozent, was die Energiemenge pro Solarpanel mehr als verdoppeln würde. Das könnte den Flächenbedarf reduzieren und die Technik gegenüber fossilen Energieträgern wettbewerbsfähiger machen.

Das Projekt wird von Harry Atwater geleitet, der Professor für angewandte Physik und Materialwissenschaften am California Institute of Technology ist. Die Idee: Speziell strukturierte Materialien sollen das Sonnenlicht in acht bis zehn verschiedene Farbanteile zerlegen und diese dann auf Solarzellen lenken, deren Halbleiter genau auf die jeweilige Wellenlänge abgestimmt sind. Im Endergebnis wird ein größerer Teil des Lichtspektrums der Sonne absorbiert, anstatt es verpuffen zu lassen.

Die Idee, das Sonnenlicht nach Farbanteilen zu sortieren, ist nicht neu. Ein älterer Ansatz nutzt verschiedene Halbleitermaterien in Stapelanordnung – das Licht bewegt sich dabei bis zur passenden Schicht, wo es dann mit hohem Wirkungsgrad in Strom verwandelt werden kann. Kommerzielle Solarzellen erreichen so eine Quote von mehr als 43 Prozent. Das Problem: Die Herstellung solcher Zellen ist nach wie vor teuer und der maximale Stromoutput richtet sich stets nach der Ebene mit dem geringsten Wirkungsgrad.

Alternativ ließen sich die Lichtbereiche auch mit konventionellen Linsen, Spiegeln und Filtern sortieren, doch die bisher gezeigten Prototyp-Systeme aus diesem Bereich sind noch sperrig. Sie erreichen zudem noch keine hohe Umwandlungseffizienz, weil die verwendete Optik zu ungenau ist. Außerdem lassen sich so nicht alle Farbbereiche trennen.

Atwater setzt deshalb auf eine andere Idee, bei der das Licht im Kleinen nach Farbe sortiert, "eingefangen" und auf die gewünschte Solarzelle gelenkt wird. Die dabei verwendeten Dünnfilmstrukturen enthalten Elemente, die oft kleiner sind als die Wellenlänge des Lichts selbst. Solche Präzisionselemente müssten auch kaum anders aussehen als herkömmliche Solarzellen – sie wären ähnlich flach: Eine Schicht sorgt für die das Sortieren des Lichts nach Farbe, die zweite Schicht verfügt über ein Array mit passenden Solarzellen.

Eine große Herausforderung dabei bleibt die Fertigung: Bislang ist es noch niemandem gelungen, Materialien dieser Güte in einem Volumen zu produzieren, das für die Solarindustrie ausreicht. Atwater glaubt aber nicht, dass das lange so bleiben muss. Auch ein Flachbildschirm auf LCD-Basis sei anfangs ein komplexes Gerät zur Manipulation von Licht gewesen – ein Display besteht aus Millionen von Transistoren, mit denen die einzelnen Bildpunkte geschaltet werden.

"Die ersten Bildschirme, die auf den Markt kamen, kosteten viele Tausend Dollar und hatten sichtbare Defekte. Heute bekommt man sie für Hundert Dollar und erhält ein quasi perfektes Display. Die Kosten sinken schnell." LC-Bildschirme seien ähnlich groß wie Solarpanel, stellten aber enorm komplexe optoelektronische Schaltkreise dar. "Was wir vorschlagen, ist dagegen geradezu primitiv."

Auch die Herstellungswerkzeuge, die zur Produktion der Nanostrukturen notwendig sind, kommen langsam auf den Markt. "Die werden aber teuer bleiben, solange die Herstellungsvolumina gering sind", sagt Atwater. Alternativ seien auch dünne Wafer verschiedener Halbleiter denkbar, die sich für neue Solarzellen kombinieren ließen. (bsc)