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PlayStation 5 gegen Xbox Series X: Sony zieht den Kürzeren

Mark Mantel
Vergleich PlayStation 5 gegen Xbox Series X: Sony zieht den Kürzeren

(Bild: Microsoft)

Microsofts Xbox Series X bietet mehr Rechenleistung als Sonys PlayStation 5, kommt jedoch mit einer langsameren SSD daher.

Microsoft und Sony haben die Katze aus dem Sack gelassen und die Spezifikationen ihrer Next-Gen-Konsolen enthüllt. Die Redmonder kommen mit ihrer Xbox Series X auf dem Papier dank höher getaktetem Prozessor und stärkerer Grafikeinheit besser weg. Verglichen mit der noch aktuellen Generation PlayStation 4 (Pro) und Xbox One (X) fällt der Unterschied jedoch deutlich geringer aus.

Beide Hersteller haben ihre Systems-on-Chip (SoCs) erneut zusammen mit AMD entwickelt, weshalb die Architekturen nahezu identisch sind. Als Basis dienen AMDs CPU-Kerne Zen 2 und RDNA-2-GPUs – eine weiterentwickelte Version jener Grafikarchitektur, die bei der Radeon RX 5700 XT zum Einsatz kommt [1]. RDNA 2 verbessert die Effizienz, Leistung pro Takt und bietet unter anderem Raytracing-Kerne.

Microsoft und Sony haben sich für acht Zen-2-Rechenkerne mit Simultaneous Multithreading (SMT), also 16 Threads, entschieden. Verglichen mit den schwachbrüstigen Jaguar-CPU-Kernen der Xbox One (X) und PlayStation 4 (Pro) steigt die CPU-Leistung rasant – Entwickler können damit zum Beispiel komplexere Spiele-KIs gestalten. Die Xbox Series X bietet dank höherer Taktfrequenz etwas mehr CPU-Leistung als die PlayStation 5, der Unterschied dürfte in Spielen aber kaum auffallen.

Konsole PlayStation 5 Xbox Series X
Prozessor
Architektur AMD Zen 2 AMD Zen 2
Kerne / Threads 8 / 16 8 / 16
CPU-Takt bis zu 3,5 GHz fest 3,6 / 3,8 GHz (mit / ohne SMT)
Grafikeinheit
Architektur AMD RDNA 2 AMD RDNA 2
Compute Units / Shader 36 / 2304 52 / 3328
GPU-Takt bis zu 2230 MHz fest 1825 MHz
Rechenleistung 10,3 TFlops 12 TFlops
Speicher
Menge / Typ 16 GByte GDDR6 16 GByte GDDR6
Interface 256 Bit 320 Bit
Übertragungsrate 448 GByte/s 10 GByte @ 560 GByte/s, 6 GByte @ 336 GByte/s
Datenträger
Menge / Typ 825 GByte Custom-PCIe-SSD 1 TByte Custom-PCIe-SSD
Erweiterbarkeit Standard M.2-PCIe-SSD Custom-PCIe-SSD
Laufwerk UHD-Blu-ray UHD-Blu-ray

Bei der integrierten Grafikeinheit wächst der Abstand zwischen Xbox Series X und PlayStation 5. Microsoft verwendet einen Chip, der im Vollausbau 56 Compute Units bietet, allerdings bei der Xbox Series X nur 52 funktionsfähige. Sony bringt in seinem Kombiprozessor 40 Compute Units unter, von denen 36 in der PlayStation 5 aktiv sind. Das macht unterm Strich 3328 Shader-Rechenkerne bei der Xbox Series X gegen 2304 bei der PlayStation 5. Sony verringert das Defizit mit Hilfe von Taktfrequenz: 2230 MHz sind selbst verglichen mit Desktop-Grafikkarten viel. Microsoft hat sich dagegen auf 1825 MHz festgelegt. Daraus ergibt sich eine theoretische FP32-Rechenleistung von 12 TFlops (Xbox Series X) gegen 10,3 TFlops (PlayStation 5).

Mit der hohen Taktfrequenz verspricht sich Sony Vorteile, welche die TFlops-Angaben nicht verdeutlichen würden: Takt skaliert bei der Performance nahezu linear, während die Mehrleistung bei zusätzlichen Compute Units wegen der schwierigeren Auslastung abnimmt. Zudem profitieren auch Frontend und Caches von mehr Takt – die GPU lässt sich quasi schneller füttern. Ob das ausreicht, um zu Microsoft aufzuschließen, erscheint allerdings fraglich.

Zumal die GPU der Xbox Series X auf schnelleren Grafikspeicher zurückgreifen kann. 16 GByte GDDR6-RAM, asynchron aufgeteilt auf sechs 2-GByte-Chips und vier mit 1 GByte, hängen an 320 Datenleitungen. Für die Grafikeinheit stehen 10 GByte mit 560 GByte/s zur Verfügung, die weniger bandbreitenhungrige CPU bekommt 3,5 GByte mit 336 GByte/s. Sony setzt auf 8 × 2 GByte GDDR6 an 256 Datenleitunen, was durchgehend 448 GByte/s ergibt. Die Übertragungsrate zwischen GPU und RAM ist folglich 20 Prozent langsamer als bei der Xbox Series X.

Microsoft

Bisher hat nur Microsoft das Design seiner nächsten Konsole enthüllt. In der Xbox Series X sitzt oben ein 130 mm großer Lüfter, der vergleichsweise leise sein soll.

(Bild: Microsoft)

Zudem greift Sony auf einen Trick zurück, der bei Spiele-PCs schon seit vielen Jahren üblich ist: Boost. Bei CPU und GPU der PlayStation 5 handelt es sich lediglich um "bis-zu"-Angaben. Die PlayStation 5 darf einen festgelegten (nicht genannten) Stromverbrauch nicht überschreiten und kann infolgedessen ihre Taktfrequenzen drosseln. Laut Sonys Chefarchitekt Mark Cerny bekämen Spieler davon zwar nichts mit, für Spieleentwickler bringt Boost aber eine unsichere Komponente ins System. Gerade bei tiefgehenden Konsolenoptimierungen wollen Entwickler genau wissen, wie sich die Hardware verhält. Microsoft verspricht dagegen, dass die Xbox Series X zu jedem Zeitpunkt ihre Taktfrequenzen halten kann.

Der PS5-Boost erweckt den Eindruck, als hätte Sony kurzfristig an der Taktschraube gedreht, um besser gegen Microsoft dazustehen. In früheren Leaks, die auch Bilder von Entwicklerkonsolen beinhalteten, war bei der PlayStation 5 von 2 GHz GPU-Takt die Rede, womit die Konsole auf 9,2 TFlops käme.

Letztlich reden wir hier jedoch von Leistungsunterschieden, welche die meisten Käufer gar nicht interessieren dürfte. Die Xbox Series X und PlayStation 5 liegen in der Hinsicht näher beieinander als ihre Vorgänger: 12 gegen 10,3 TFlops entspricht einer Differenz von knapp 17 Prozent. Bei 12 gegen 9,2 TFlops wären es 30 Prozent. Zwischen der Xbox One X und PS4 Pro lagen 43 Prozent (zugunsten Microsoft), zwischen der Xbox One und PS4 immerhin 40 Prozent (zugunsten Sony).

Microsoft und Sony bewerben die SSDs als wichtigste Neuerung in den Next-Gen-Konsolen. Beide verbauen einen selbstentworfenen Controller, der Daten über PCI Express 4.0 vom Flash-Speicher dekomprimiert und somit eine hohe Netto-Übertragungsrate erreicht. Daten lassen sich deutlich schneller von der SSD in den Arbeitsspeicher kopieren, was zusammen mit der Reduzierung nicht benötigter Daten den RAM-Bedarf senken soll. Microsoft und Sony kaschieren somit die vergleichsweise niedrige RAM-Erhöhung auf 16 GByte.

Unterschiede stecken in den Details: Sonys SSD ist mit 5,5 statt 2,4 GByte/s deutlich schneller, dafür mit 825 GByte statt 1 TByte kleiner – auf der Xbox Series X sollten sich 1-2 Spiele mehr gleichzeitig installieren lassen. Sowohl die Xbox Series X als auch die PlayStation 5 bieten einen Erweiterungs-Slot für eine zusätzliche SSD. Microsoft entwickelt zusammen mit Seagate proprietäre Steckarten, während Sony den Einsatz herkömmlicher M.2-SSDs erlaubt. Letztere müssen lediglich bestimmte Vorgaben wie eine hohe Übertragungsrate mittels PCIe 4.0 erfüllen.

Die externen SSDs für die Xbox Series X stellt Seagate mit einem proprietären Anschluss her.

Die externen SSDs für die Xbox Series X stellt Seagate mit einem proprietären Anschluss her.

Spiele der aktuellen Generation laufen auch auf den kommenden Konsolen. Sony bestätigte bisher nur eine grundlegende Abwärtskompatibilität. Microsoft geht bereits einen Schritt weiter: Xbox-One-Titel nutzen die schnellere Hardware der Xbox Series X, um die Auflösung zu erhöhen beziehungsweise die Bildrate zu steigern.

Microsoft steht im Ruf, mit der Konsolenversion der Grafik-API DirectX 12 stärker zu abstrahieren als Sony mit GNM. Die Abstraktion zwischen Hard- und Software ermöglicht Microsoft die Abwärtskompatibilität mit verbesserter Grafik ohne Spiele-Patches. Sony musste schon bei der PS4 Pro die Standard-Grafikeinheit durch das Schlafenlegen der halben GPU simulieren, wenn ein PS4-Spiel ohne Pro-Patch lief.

Die Xbox Series X und PlayStation 5 sollen die Tonwiedergabe gegenüber den derzeitigen Konsolen deutlich verbessern und realistischen 3D-Sound ermöglichen. Microsoft setzt auf einen dedizierten Audio-Prozessor und lässt Tonberechnungen optional von den Raytracing-Rechenkernen der GPU ausführen, "Project Acoustics" genannt. Der Audio-Prozessor in der PlayStation 5 ("Tempest Engine") kann solche "Tonstrahlen" selbst berechnen: Er stellt im Wesentlichen eine GPU-Compute-Unit ohne Cache dar.

Ähnliche Verbesserungen beim Ton versprachen Microsoft und Sony allerdings schon bei der Xbox One und PlayStation 4. Beide Konsolen hatten einen "TrueAudio"-Audio-Prozessor von AMD, den jedoch kaum ein Studio nutzte und stattdessen die CPU für Tonberechnungen verwendete. "TrueAudio" flog wegen der geringen Verbreitung auch aus AMDs Desktop-Grafikkarten – "TrueAudio Next" läuft auf den normalen Shader-Kernen.

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Microsofts und Sonys Spielekonsolen ähneln sich stärker denn je. Die Basisarchitekturen sind nahezu identisch; die Leistungsdifferenz fällt niedriger aus als bei früheren Generationen. Nur wer ein genaues Auge auf die Grafik wirft, könnte mit der Xbox Series X etwas mehr Spaß haben.

Bei der breiten Masse dürfte zum Verkaufsstart (voraussichtlich Ende 2020) allerdings die Spieleauswahl im Vordergrund stehen – Exklusivtitel machen Konsolen aus. Sonys Hardware dürfte zudem in der Produktion etwas günstiger sein, was potenziell niedrigere Verkaufspreise bei der PlayStation 5 ermöglicht.

(mma [3])


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