Mit der App Backup Ukraine erstellen Freiwillige 3D-Modelle von Denkmälern

Der russische Angriffskrieg zerstört in der Ukraine viele Kulturgüter. Eine neue 3D-App könnte sie zumindest digital für die Nachwelt erhalten.

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Backup-Ukraine-App im Einsatz

Backup-Ukraine-App im Einsatz.

(Bild: Backup Ukraine)

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Für Personen, die noch nie unter Kriegsbedingungen existieren mussten, ist es kaum zu verstehen: Die Heimat scheint buchstäblich neben einem zu versinken, alles, was einem wertvoll war, verschwindet. So geht es vielen Menschen in großen wie kleinen ukrainischen Städten seit Beginn der russischen Angriffe im Februar 2022, wo man immer noch nahezu täglich mit Bomben, Raketen und Drohnen konfrontiert ist. Eine Smartphone-App soll dabei helfen, Kulturgüter, aber auch viele andere Dinge im Land, zumindest digital zu erhalten, für den Fall, dass sie bei Angriffen zerstört werden.

Konkret sollen im Projekt Backup Ukraine möglichst viele und möglichst genaue 3D-Modelle von Gebäuden, Gegenständen oder Monumenten digital erstellt werden. Das war technisch früher sehr schwierig und nur mit teurer Hardware in guter Qualität möglich. Nun können es – dank eingebautem LiDAR-Sensor (Light Detection and Ranging) – bereits iPhone-Pro-Modelle ab dem 12 Pro. "Ich habe jahrelang an 3D-Scans mit herkömmlicher Hardware gearbeitet, und was man mit diesen LiDAR-Geräten machen kann, ist buchstäblich 100 Mal schneller als das, was vorher möglich war", sagte Chris Heinrich, Chef der Firma Polycam, die Backup Ukraine zusammen mit der Unesco und Blue Shield, einer Organisation zur Bewahrung von Kulturgütern, auf die Beine gestellt hat, bei der Vorstellung der Technik.

Wer vor Ort ist und mitmachen will, kann sich über ein Formular als Freiwilliger melden; die Polycam-App selbst steht im App Store bereit. Eine Anleitung samt Videos zeigt in englischer Sprache, wie man scannt. Dabei kann man ein Objekt sowohl im Fotomodus – bei dem aus Einzelbildern ein 3D-Bild entsteht – als auch (schneller und für größere Strukturen) im LiDAR-Modus einlesen. Außerdem gibt es einen Raummodus, mit dem man ganze Gebäude samt Grundrissen erfassen kann.

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Das Scanning beispielsweise einer Statue ist dabei nicht schwer: Man bewegt sich langsam um das Objekt, um es von allen Seiten (also auch von oben und unten) zu digitalisieren. Um feinere Details zu erfassen, geht man näher heran. Will man ganze Gebäude erfassen, sollte man ein iPhone-Pro-Modell ab besagtem 12 verwenden. Ortsdaten speichert Polycam mit und überträgt die Daten dann in eine Datenbank. Mit dem Material ist es dann später gegebenenfalls möglich, beim Wiederaufbau zu helfen, weil die Objekte und Gebäude in 3D-Standardformaten vorliegen.

Polycam bietet sonst verschiedene kommerzielle Apps für das 3D-Scanning mittels Smartphone an, mittlerweile auch für ausgewählte Android-Geräte. Außerdem vermarktet die Firma eine 360-Grad-Foto-App und bietet einen Marktplatz für 3D-Modelle an, die mit seiner Software erstellt wurden. "Mit Backup Ukraine kann jeder zum Archivar werden. Sie können Gebäude und Denkmäler als vollständige 3D-Modelle nur mit Ihrem Smartphone scannen. Und sie dann in einem offenen, sicheren Online-Archiv speichern – dort, wo keine Bomben hinkommen", schreibt Polycam zu seinem Projekt.

(bsc)