An der Realität vorbei?

Seit Jahren klagen Unternehmen und Verbände über fehlende Fachkräfte. Doch ist der Mangel nur ein Mythos? Ein Streitgespräch mit den Arbeitsmarktforschern Karl Brenke und Axel Plünnecke.

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Seit Jahren klagen Unternehmen und Verbände über fehlende Fachkräfte. Doch ist der Mangel nur ein Mythos? Mit dieser provokanten These erntete Karl Brenke, Arbeitsmarktforscher am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, große Aufmerksamkeit und heftigen Widerspruch, unter anderem von Professor Axel Plünnecke vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Im Streitgespräch diskutieren Brenke und Plünnecke über Ursache und Wirkung und darüber, welche Hausaufgaben Unternehmen und Politik noch machen müssen.

Technology Review: Herr Brenke, Herr Plünnecke, gibt es in Deutschland einen Fachkräftemangel?

Plünnecke: Nicht flächendeckend, in einigen Bereichen und Regionen aber schon, etwa bei Elektro- und Maschinenbauingenieuren.

Brenke: Was heißt Fachkräftemangel? Wir haben ja auch keinen Benzinmangel, weil wir den Liter nicht für einen Euro kriegen. Unsere Wirtschaft reagiert flexibel auf Schwankungen. Wenn ein Gut knapp ist, dann steigen die Preise, auf dem Arbeitsmarkt die Löhne. Und bei der Lohnentwicklung in Deutschland kann ich nicht sehen, dass wir irgendwo eine ausgeprägte Knappheit an Arbeitskräften hätten. Das gilt auch für Hochqualifizierte. In den letzten Jahren waren hier die Lohnsteigerungen außerordentlich schwach.

Plünnecke: Da muss ich widersprechen. Wir haben in Deutschland eine solidarische Tarifpolitik – in den einzelnen Branchen und Tarifbereichen bekommen Bürofachkräfte, Hilfsarbeiter und Ingenieure die gleichen Lohnerhöhungen. Das bedeutet: Am Arbeitsmarkt reagieren die Löhne zwar leicht auf Angebot und Nachfrage, aber nicht im selben Umfang wie etwa ein Aktienmarkt. Dennoch gab es von 2005 bis 2008 bei den Ingenieuren Lohnerhöhungen von neun Prozent.

Brenke: Das sind alte Zahlen. 2005 bis 2010 hatten die Ingenieure Lohnerhöhungen von unter zwei Prozent pro Jahr.

Plünnecke: Die geringen Steigerungen nach 2008 hatten natürlich mit dem starken Konjunktureinbruch gerade im Maschinen- und Fahrzeugbau zu tun.

Brenke: Aber wenn ein Unternehmen gut qualifizierte Fachkräfte sucht, orientiert es sich ohnehin nicht unbedingt an den Tarifverträgen. Wenn solche Leute knapper werden, dann legen die Unternehmen von sich aus auch mehr drauf.

Plünnecke: Das ist auch der Grund, weshalb gerade Ingenieure im Vergleich zu anderen Gruppen sehr gut verdienen.

TR: Worin besteht jetzt Ihr Dissens? Darin, wie sich die Löhne entwickelt haben, oder darin, ob das Lohnniveau überhaupt ein Indikator für Fachkräftemangel ist?

Brenke: Niemand würde der These widersprechen, dass die Löhne ein Indikator für Knappheit auf dem Arbeitsmarkt sind.

Plünnecke: Nein, natürlich nicht. Aber bei Ingenieuren sehen wir heute einen deutlich höheres Einkommen als noch vor zehn Jahren. Konjunkturelle Effekte treten immer auf und beeinflussen die kurzfristige Lohnentwicklung, das ist vollkommen klar. Aber strukturell über einen längeren Zeitraum sehen Sie, dass Ingenieurlöhne hoch sind und die Knappheiten sich auch in höheren Löhnen niederschlagen.

Brenke: Die waren aber nicht sehr stark, diese Lohnsteigerungen bei Ingenieuren. Und das zeigt mir: So groß kann die Knappheit nicht sein. Wobei man natürlich differenzieren muss zwischen Berufsanfängern und Spitzenkräften. Spitzenkräften zahlt man natürlich hohe Löhne. Spitzenkräfte sind immer knapp.

TR: Gibt es außer dem Lohn noch andere Indikatoren?

Plünnecke: Ja, auch die Indikatoren „offene Stellen“ und „Arbeitslose“ zeigen, dass wir einen Fachkräftemangel im Maschinenbau- und Elektrobereich haben. 2004 gab es etwa 60000 arbeitslose Ingenieure, aktuell nur noch 25000.

Brenke: Das mit den Arbeitsmarktstatistiken ist so eine Sache. Bei Wenigqualifizierten sind die einigermaßen informativ. Aber ein hochqualifizierter Ingenieur wird kaum über das Arbeitsamt einen Job suchen. Genauso wenig neigen Unternehmen dazu, Ingenieursstellen über das Arbeitsamt zu besetzen.

Plünnecke: Genau aus diesem Grund befragt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Unternehmen und analysiert sehr genau, wie viele offene Stellen dort zu finden sind. Dabei kommt es zum Ergebnis, dass auf einen arbeitslosen Ingenieur drei offene Stellen kommen. Und das zeigt uns, dass es dort Engpässe gibt.

Brenke: Die offenen Stellen sagen eigentlich gar nichts. Sie werden ja in der Regel nicht von einem Arbeitslosen neu besetzt, sondern von einem Berufsanfänger oder einem Ingenieur aus einem anderen Unternehmen. Das heißt, die Besetzung von offenen Stellen findet vor allem über Leute statt, die schon längst auf dem Arbeitsmarkt sind. Von daher ist der Vergleich von offenen Stellen zur Zahl der Arbeitslosen methodisch völlig uninteressant.

Plünnecke: Wenn ein Unternehmen eine offene Stelle durch einen Mitarbeiter in einem anderen Unternehmen besetzt, dann entsteht dort eine andere Vakanz. Es bleibt also eine offene Stelle am Arbeitsmarkt erhalten.

Brenke: Die offenen Stellen müsste man aber nicht den Arbeitslosen gegenüberstellen, sondern der Gesamtzahl derer, die eine neue Stelle suchen – etwa weil sie den Arbeitgeber wechseln wollen. Alles andere geht doch völlig an der Realität vorbei.

Plünnecke: Falsch, denn dann entsteht dort eine offene Stelle. Dieser Indikator zeigt, wie viele Arbeitslose noch da sind und wie viele offene Stellen pro Arbeitslosem verfügbar sind. Das sagt mir etwas über Knappheit.

TR: Wird durch diese – reale oder behauptete – Knappheit nicht wieder ein Schweinezyklus angestoßen wie in den achtziger und neunziger Jahren, als es plötzlich eine Schwemme von EDV-Kräften gab?

Brenke: Ja. Seit einigen Jahren sind die Studentenzahlen in Deutschland sprunghaft gestiegen. Es kann noch ein oder zwei Jahre so weitergehen, dann wird es weniger werden. Mittlerweile reagieren die jungen Menschen auch auf die Debatte über den angeblichen Fachkräftemangel und suchen sich Studienfächer aus, von denen sie meinen, dass sie gute Berufschancen bieten. Der Renner ist immer noch Betriebswirtschaft, und danach kommt mittlerweile schon Maschinenbau. Die Studenten, die jetzt an den Hochschulen sind, werden in den nächsten Jahren mehr als ausreichen, den Bedarf an Ingenieuren zu decken.

Plünnecke: Das sehe ich anders. Maschinenbau-Absolventen arbeiten später nicht nur in klassischen Ingenieurberufen, sondern beispielsweise auch als Berater oder als Manager einer Maschinenbau-Firma, als Lehrer oder Professor. Dadurch wird der Bedarf an Ingenieuren systematisch unterschätzt.

Brenke: Natürlich üben Ingenieure auch fachfremde Tätigkeiten aus. Aber die Studentenzahlen sind viel stärker gestiegen als die Zahl der beschäftigten Ingenieure. Es müsste also schon eine extrem starke zusätzliche Nachfrage in den nächsten Jahren geben, damit wir diese Absolventen unterbringen können. In den letzten Jahren stieg die Zahl der Arbeitsplätze für Ingenieure nicht gerade stark an, bei Elektroingenieuren ging sie sogar deutlich zurück.

Plünnecke: Diese Nachfrage gibt es durchaus. Wir haben heute eine vollkommen andere Situation als in den Achtzigern und Neunzigern. Dafür sorgt schon die Demografie. Es gibt nur wenige Erwerbstätige, die im Durchschnitt älter sind als Ingenieure – beispielsweise Pfarrer oder Lehrer. Bei den Ingenieuren besteht in den nächsten Jahren ein Ersatzbedarf von 35000 bis 45000 Ingenieuren pro Jahr. Daher bestehen Chancen für junge Menschen auch unabhängig von der Konjunktur. Dazu steigt die Beschäftigung von Ingenieuren stark an – der sogenannte Expansionsbedarf. Beides zusammen übersteigt das Angebot von Hochschulen deutlich. Außerdem hat es uns überrascht, wie der eigentlich zyklische Arbeitsmarkt für Ingenieure trotz eines Auftragseinbruchs von 50 Prozent während der Krise stabil blieb. Das zeigt, dass ein Teil der Unternehmen aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat.

Brenke: Die betriebliche Ausbildung ist aber immer noch total prozyklisch. Wenn der Aufschwung da ist, wird vermehrt ausgebildet. Beim Abschwung wird die Ausbildung heruntergefahren. Ökonomisch ist das unsinnig, denn dann fehlen mir im nächsten Aufschwung die Fachkräfte. Diesen Zyklus kann man wunderbar beobachten, und der ist nicht schwächer geworden.

Plünnecke: Aber auch da gibt es einen großen Unterschied zu früher. Wir hatten 2009 und 2010 – sicherlich auch demografiebedingt – zum ersten Mal seit vielen Jahren am Ende des Ausbildungsjahrs keine Ausbildungslücken, obwohl 2009 die Wirtschaft sehr schlecht dastand. Wenn Sie das mit Frankreich, Spanien und anderen Ländern vergleichen, wo Sie kein duales Ausbildungssystem aus betrieblicher Lehre und Berufsschule haben, da ist die Jugendarbeitslosigkeit stark zyklisch und schießt oft auf 30 bis 40 Prozent rauf. Natürlich bilden kleinere Betriebe, die nicht wissen, ob die Auftragslage reicht, in Krisen weniger aus. Aber dieser zyklische Effekt ist in Deutschland sehr schwach im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften.

Brenke: Trotzdem kriegen wir den Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage bei Lehrstellen nur deshalb einigermaßen hin, weil der Staat oder die Sozialversicherungen massiv überbetriebliche Ausbildungsplätze anbieten.

Plünnecke: Die wurden in den letzten Jahren aber stark zurückgefahren, weil sich die Knappheiten am Ausbildungsmarkt umgekehrt haben.

TR: Was müssen Unternehmen tun, um künftig genügend Fachkräfte zu haben? Wenn wir Ihnen folgen, Herr Brenke, würde es genügen, einfach höhere Löhne zu zahlen.

Brenke: So einfach ist es nicht. Aber man sollte nicht permanent einen angeblichen Mangel wie eine Ware im Bauchladen vor sich hertragen.

TR: Warum klagen Unternehmen denn über Fachkräftemangel – bilden die sich den nur ein? Oder steckt dahinter taktisches Kalkül?

Brenke: Es ist bestimmt auch eine taktisch-strategische Behauptung von manchem Personalchef. Wenn er nicht sagen würde: „Ich habe einen Fachkräftemangel“, würde er natürlich an Legitimation einbüßen. Aber viele Unternehmen haben sich noch überhaupt keine Gedanken gemacht über eine längerfristige Personalplanung. Das gilt insbesondere für kleinere Unternehmen, die leben personalpolitisch oftmals von der Hand in den Mund. Hier müsste man schon sehr viel mehr tun.

TR: Das hieße konkret?

Brenke: Zum Beispiel die betriebliche Erstausbildung und die Weiterbildung verbessern. Und sich rechtzeitig fragen: Wie muss ich reagieren, wenn der Kollege Schulze 50 Jahre alt ist? Hier müssen sich die Unternehmen umstellen. Ein weiteres Problem: Viele Unternehmen verlassen sich derzeit noch darauf, ihre Fachkräfte über Leiharbeitsfirmen zu bekommen. Das kann sich über kurz oder lang als Trugschluss erweisen, wenn sie dafür die betriebliche Ausbildung vernachlässigen.

Plünnecke: Ich würde sagen, dass die Unternehmen aus den Problemen gelernt haben, die sie um 2008 hatten, als sie nur mit massiven Überstunden ihre Aufträge abwickeln konnten. 2009 konnten sie mit der Kurzarbeit…

TR: …die ja massiv von der Politik gestützt wurde…

…ihre qualifizierten Kräfte halten. Und wir beobachten auch eine deutlich größere Sensibilität für personalpolitische Fragen. Die Unternehmen engagieren sich zum Beispiel sehr stark bei der Förderung von MINT-Qualifikationen (MINT: Mathematik-Informatik-Naturwissenschaft-Technik; d. Red.). Zum Beispiel bei der „Wissensfabrik“, einer Initiative der BASF und anderer, die in schon im Kindergarten ansetzt, oder der Initiative „MINT-Zukunft schaffen“. Und es gibt Verbünde wie im Weserbergland, wo sich Unternehmen zusammentun, um gute Bewerber untereinander zu vermitteln, damit die Region gestärkt wird.

TR: Was kann die Politik tun?

Plünnecke: Entscheidend ist, dass der Staat sich stärker der Bildung widmet. Wir haben hier das Potenzial der sogenannten bildungsfernen Schichten – Kinder aus sozial schwächeren Haushalten, die in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern schlecht abschneiden. Das hängt damit zusammen, dass wir hier weniger frühkindliche Förderung und Ganztagsschulen haben. Ingenieur ist ein Aufsteigerberuf. Viele Ingenieure haben Eltern ohne akademischen Abschluss.

Brenke: Bei der frühkindlichen Erziehung gibt es tatsächlich noch erheblichen Nachholbedarf. Anders als bei der Hochschulausbildung für Ingenieure. Die Unis quellen derzeit über. Man darf dort die Kapazitäten nicht noch mehr ausweiten, sondern muss erst mal abwarten, wie sich die Nachfrage nach Studienplätzen entwickelt.

Plünnecke: Eine andere Aufgabe der Politik ist es, in Deutschland eine stärkere Willkommenskultur für Migranten zu schaffen. Die Sarrazin-Debatte war da nicht förderlich. Dabei geht es auch um die Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Wir haben ein großes Potenzial an Migranten in Deutschland, die in ihren Herkunftsländern ein Ingenieurstudium gemacht haben, das hier aber nicht anerkannt wird.

TR: Die Elektronikerin als Putzfrau.

Plünnecke: Zum Beispiel. Hier fehlen passgenaue Weiterbildungsangebote.

Brenke: Ich verstehe diese Debatte nicht. Wenn man wirklich Interesse an einem Bewerber mit ausländischem Abschluss hat, kann man den ja zur Probe einstellen. Und dann sieht man, was er kann und was nicht. Wir brauchen außerdem eine Politik, die Ältere länger im Erwerbsleben hält. Wobei man nicht nur auf die demografische Entwicklung gucken darf. In den letzten zehn Jahren ist in Deutschland die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter zwar geschrumpft. Aber gleichzeitig haben wir ein größeres Potenzial an Arbeitskräften, weil mehr Frauen erwerbstätig geworden sind und Ältere später das Rentenalter erreichen. Wir haben da noch Potenzial.

Plünnecke: Aber das wird kaum reichen. Wünschenswert wäre auch mehr Zuwanderung.

Brenke: Die Unternehmerverbände bringen gern den angeblichen Fachkräftemangel ins Spiel, um die Zuwanderungshürden herabzusetzen. Derzeit muss ein Arbeitnehmer aus einem Nicht-EU-Staat einen Arbeitsvertrag mit einem Brutto-Jahresgehalt von mindestens 66000 Euro nachweisen, um in Deutschland dauerhaft arbeiten zu können. Diskutiert wird, diese Schwelle auf 40000 Euro zu senken. Das ist natürlich zunächst einmal absurd. Wenn ich die Löhne senke, mache ich den Standort ja nicht attraktiver. Offensichtlich geht es darum, Bereiche mittlerer Qualifikation durch Zuwanderer zu besetzen.

Plünnecke: 40000 Euro sind keine mittleren Qualifikationen, das können auch Anfänger im Ingenieur- und naturwissenschaftlichen Bereich sein. Es geht darum, einem Hochschulabsolventen aus Tunesien, Ägypten, dem Iran oder aus Indien zu ermöglichen, nach Deutschland zu kommen. Bei 40000 Euro als Grenze hätte man immer noch sichergestellt, dass eben keine Konkurrenten für Bürofachkräfte und Hilfsarbeiter nach Deutschland kommen, aber Ingenieure durchaus.

Brenke: Mehr als die Hälfte der Vollzeitbeschäftigten in Deutschland verdient 40000 Euro brutto im Jahr. Und dann stellt sich immer noch die Frage: Warum um Himmels Willen wird der riesige europäische Arbeitsmarkt direkt vor unserer Tür nicht erschlossen? Da gibt es solche Einkommensgrenzen nicht. Warum kommen denn bitte schön keine gut qualifizierten Ingenieure aus Spanien oder Irland massenhaft hierher? Möglicherweise ist der Standort Deutschland für sie eben nicht attraktiv genug. Aber man sollte auch nicht zu viel von Zuwanderung erwarten. Erstens kommt es darauf an, junge Leute zu qualifizieren, und zweitens, das heimische Potenzial stärker auszuschöpfen. Zuwanderung kommt erst an dritter Stelle.

Plünnecke: Entscheidend ist die Hürde für Berufseinsteiger, und hier wären 40000 Euro eher angemessen. Und anerkannte Abschlüsse sind wichtig, um alle Berufe ausüben zu können. Letztendlich ist beides wichtig: Denen, die zu uns kommen wollen, ein klares Willkommenssignal zu geben, und die, die hier sind, besser zu qualifizieren.

Brenke: Ein weiterer Punkt: Es streben immer noch sehr wenige junge Frauen ein Ingenieurstudium an. Und das hat sich in den letzten Jahren auch nicht verändert. Hier wäre es sehr hilfreich, bei Mädchen und jungen Frauen ein stärkeres Interesse für solche Fächer zu erzeugen.

Plünnecke: Wir wissen aus den Pisa-Studien, dass zum Beispiel die Mathe-Kenntnisse von Mädchen sehr gut sind, sie ihre tatsächlichen Kompetenzen aber häufig unterschätzen. Da muss angesetzt werden. Dafür gibt es zwar bereits Initiativen wie „Komm, mach MINT“, Girls’ Day und anderes. Aber da muss noch mehr passieren.

TR: Würden Sie einer Nichte oder einem Neffen raten, jetzt ein Ingenieurstudium aufzunehmen?

Brenke: Ich würde sagen: Studiert das, wozu ihr Lust habt, wo ihr euch richtig reinknien wollt. Und schaut nicht so sehr auf den Arbeitsmarkt. Ein Job, der einem Spaß macht, für den man sich interessiert, ist immer noch der beste Job. Und engagierte Menschen sind in ihren Jobs besser als Leute, die nur mit Blick auf den Arbeitsmarkt ihr Studium aufnehmen.

Plünnecke: Dem würde ich zustimmen. Und wer sich für den Ingenieurberuf entscheidet, hat exzellente Chancen. (grh)