Die Woche: Sun, MySQL und der LAMP-Stack

Mit MySQL hat Sun einen Kernbestandteil des populären LAMP-Stacks eingekauft. Aber während die freie Datenbank Suns Softwareangebot hervorragend ergänzt, konkurrieren Linux, Apache und PHP mit direkt mit Suns eigenen Produkten.

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Der große Coup ist Sun und MySQL geglückt: Während die professionellen Kaffeesatzleser in ihren Prognosen für das neue Jahr noch darüber spekulierten, ob MySQL schon 2008 oder doch erst 2009 den Sprung an die Börse wagt, hat Sun dem schwedischen Datenbankhersteller ein so attraktives Angebot gemacht, dass man zuschlagen musste. In gerade einmal fünf Wochen Verhandlungszeit wurden sich die Unternehmen einig.

Und alle sind glücklich damit: Sun positioniert sich als Lösungsanbieter mit einem kompletten Softwareangebot inklusive Datenbank und arbeitet zudem an seinem Image als Open-Source-Anbieter (Sun-Chef Jonathan Schwartz sprach von der wichtigsten Übernahme in der Geschichte von Sun). Das MySQL-Management freut sich über neue Vertriebs- und Supportkanäle, die selbst aufzubauen Jahre gekostet hätte. Den MySQL-Gründern Michael "Monty" Widenius und David Axmark bringt die Übernahme eine Menge Geld, ebenso den Investoren, darunter – neben einer Reihe von Risikokapitalgebern – Intel und Red Hat. Wobei Red Hat die Übernahme sicher mit einem lachenden (wegen des Geldsegens) und einem weinenden Auge betrachtet, stärkt sie doch den Wettbewerber Sun. Und auch die meisten MySQL-Angestellten scheinen mit Sun als neuem Arbeitgeber durchaus einverstanden zu sein.

Alle sind glücklich? Nicht ganz: In der Community der MySQL-Anwender gibt es auch besorgte Stimmen. MySQL ist eine Kernkomponente des LAMP-Stacks aus Linux, Apache, MySQL und PHP. LAMP ist die Basis zahlreicher Webanwendungen von Wikis und Blog-Software über Groupware bis zu Content Management Systemen wie Mambo und Joomla oder dem Customer Relationship Management System SugarCRM, aber auch unzähliger selbst entwickelter Webauftritte. Und so mancher Entwickler, der auf LAMP gesetzt hat, fürchtet jetzt, Sun könnte die MySQL-Entwicklung in eine ganz andere Richtung drücken.

Ganz unbegründet ist die Besorgnis nicht. Sun positioniert (Open)Solaris als direkte Konkurrenz zu Linux, und dem Java-Erfinder liegt die eigene Programmierprache sicher näher als PHP. LAMP ist eine der wichtigsten Ursachen für die Beliebtheit von Linux, und PHP-Skripte auf Apache sind eine populäre Alternative zu der von Sun propagierten Java-Welt. Liegt die Zukunft von MySQL in einem SGMJ-Stack aus Solaris, dem Application Server Glassfish, MySQL und Java?

Unwahrscheinlich. Laut MySQL-CEO Marten Mickos ist Linux die wichtigste MySQL-Plattform; auch die Windows-Version werde häufiger eingesetzt als die für Solaris. Sicherlich wird es Optimierungen für MySQL auf Solaris geben; MySQL-Vizepräsident Kaj Arnö erklärte beispielsweise, die kommende Version 6 von MySQL werde die Solaris-eigene Applikations- und Systemüberwachung DTrace unterstützen. Auch die Einbindung in Java-Anwendungen könnte dank der Zusammenarbeit mit Sun besser werden. Aber, so Arnö, es gebe keinerlei Pläne, die Unterstützung anderer Plattformen und Entwicklungsumgebungen zurückzufahren.

In der Tat wäre Sun schlecht beraten, die teure Neuerwerbung aus der Plattform zu lösen, der sie ihre Popularität verdankt – nur auf die vage Hoffnung hin, die Position von MySQL im Marktsegment der "großen Datenbanken" verbessern zu können oder das eigene Softwareangebot pushen zu können. Sicherlich werden wir irgendwann integrierte MySQL-Lösungen von Sun sehen; dass das auf Kosten des LAMP-Stacks geht, glaube ich nicht. Dafür wird schon allein die personelle Kontinuität sorgen: Das MySQL-Management bleibt bei Sun dasselbe, und auch die meisten MySQL-Entwickler dürften den Schritt zu Sun mitmachen. (odi)

Siehe dazu auch: (odi)