Excel: Stillstand durch Erfolg bei Microsofts bester Office-Anwendung

Büroarbeit ist Office, daran rüttelt seit Jahrzehnten nichts. Doch so langsam veraltet es – und wer sich von Microsoft verabschiedet, ist gut aufgestellt.

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(Bild: at.yaya/Shutterstock.com)

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Auch wenn Microsofts Office etliche Anwendungen umfasst, am Ende steht und fällt es mit dem Triumvirat aus PowerPoint, Word und Excel. Und obwohl es ob der anhaltenden Dominanz des Pakets so aussieht, dass der Bürothron auf lange Zeit unangefochten bleiben wird, taumeln alle drei Applikationen derzeit hinter den Kulissen erheblich.

Wirklich erschrecken muss das Microsoft nicht, denn Abonnements des nun 365 genannten Klassikers werden so schnell nicht wegfallen – vielmehr zeigen die geänderten Arbeitsabläufe in Unternehmen, wie sehr die Digitalisierung doch schon angekommen ist.

Ein Kommentar von Moritz Förster

Moritz Förster schreibt seit 2012 für die iX und heise online. Er betreut neben dem iX-Channel die Bereiche Arbeitsplatz und Server.

Schon vor Corona setzte sich der Trend zu betont simplen Präsentationen durch – und spätestens mit dem Siegeszug der Videokonferenzen fällt der Zwang zu Folien in vielen Firmen komplett weg. Im produktiven Alltag ist es meist zielführender, direkt in MS Teams den Bildschirm zu teilen und zur praktischen Vorführung zu schreiten. Spezialisierte und interaktive Tools – zum Beispiel fürs Mindmapping – knabbern dem konfrontativ ausgelegten PowerPoint zusätzlich Beliebtheitsanteile ab. Zu guter Letzt ist bei Präsentationen die Interoperabilität von eingeschränkter Wichtigkeit, entsprechend einfach können auch Google oder LibreOffice herhalten.

Komplizierter ist die Situation bei Word – immerhin für viele Nutzer gleichbedeutend mit der Textverarbeitung und Büroarbeit im Allgemeinen. Ein die Kundschaft bindendes Argument seitens Microsoft waren lange die Makros. In zu vielen Unternehmen verrichteten sie kritische Funktionen und erfreuten Angreifer. Nun ist zum Glück mit diesem schon lange klaffenden Security-Einfallstor bald Schluss – Microsoft selbst ist die Makro-Ausführung mittlerweile ein Dorn im Auge. Hinzu kommt bei immer mehr Nutzern die berechtigte Frage: Warum überhaupt alles in die Dokumentenform quetschen, wenn es für so viele Anwendungsfälle bessere Tools gibt?

Bleibt Excel, oft zähneknirschend als Microsofts beste Applikation aller Zeiten anerkannt. Tatsächlich hat es die Tabellenkalkulation geschafft, sich in zu vielen internen Prozessen unabdingbar zu machen. Einmal eingerichtet, scheint für alle Ewigkeit kein Weg mehr aus ausufernden Arbeitsmappen heraus zu geben. Entsprechend riskant wäre eine Migration zur Konkurrenz – und warum sollte man den kompletten Betrieb bibbern lassen, nur um zum Beispiel sich mit Open Source unabhängiger vom Monopolisten zu machen? Es funktioniert, die Lizenzen sind da, Excel bleibt.

Dumm nur, dass das für Microsoft andererseits jegliche Bewegung unmöglich macht. Innovative Entwicklung ist bei Excel absolut verboten, man stelle sich nur den globalen Aufschrei bei Experimenten vor. Hundertprozentige Kompatibilität ist die Maxime und die Schattenseite des Triumphs. Erfolgreiche Konkurrenz hat das erkannt und versucht sich erst gar nicht am Klon. Vielmehr pickt sie sich bei einer spezifischen Nutzergruppe beliebten Funktionen heraus, verabschiedet sich vom elendigen Tabellen-Interface – und packt die Kalkulation und Daten unters Kollaborations-Frontend, denn andersrum.

Allen drei Anwendungen und ihrer nicht mehr ganz so dominanten Zukunft ist eins gemeinsam: Sie sind in den 80ern und 90ern groß geworden, als ihre Kunden in der analogen Welt dachten und die Entwickler Excel, Word und PowerPoint entsprechend entwarfen. LibreOffice oder Google Docs scheitern mehr oder weniger daran, auch genau das abbilden zu wollen. Selbst wenn Confluence, Coda, Smartsheet, Canva, Airtable und und und auf den ersten Blick wie ganz andere Applikationen wirken, meistern sie doch viele vormals umständlichere Aufgaben. Am Ende entspricht ein Stapel Papier oder Folien mittlerweile in erfreulich vielen Unternehmen schlicht nicht mehr dem Alltag, egal ob sie nun ausgedruckt wurden oder nicht. Vielleicht ist es um die Digitalisierung hierzulande doch nicht so schlecht bestellt, wenn der Chef die Arbeit der Angestellten auch nicht mehr auf dem Server-Archiv abheften will.

(fo)