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Förderung der Autos mit Plug-in-Hybrid: Die Politik des billigen PHEV

Florian Pillau
Die Politik des billigen PHEV

Ach – da ist ja unser Ladekabel!

(Bild: Florian Pillau)

Die Förderung der Plug-in-Hybride veranlasst niemanden, Sprit zu sparen. Belohnt werden Statusdenken, Prestige und Lust an der Leistung. Die Hersteller freut's.

Die Idee, einen batterieelektrischen und einen Verbrennungsmotor zu einem Antrieb zusammenzuführen, mit dem man auch elektrisch weiterkommt, hat einen gewissen Charme. Er soll über die Reichweitenangst hinweghelfen, solange die Infrastruktur fürs Elektroauto noch lückenhaft ist. Man kann sich gut vorstellen, elektrisch ins Büro zu fahren und mit dem Verbrenner in den Urlaub, dazu kommt der angenehme Gedanke, auf Pendelstrecken durch urbane Gebiete lokal die Umwelt zu entlasten.

Der Staat fördert solche Autos. Als Dienstwagen erhalten sie das 0,5-Prozent-Privileg, wenn sie nach dem Messverfahren des WLTP mehr als 40 Kilometer rein elektrisch zurücklegen können und insgesamt weniger als 50 g/km CO2 emittieren. Dazu kommt die Hälfte der Subvention für Elektroautos, maximal 4500 Euro pro PHEV [1].

Ihre Hersteller profitieren von einer – höflich ausgedrückt – sehr vorteilhaften Verbrauchsberechnung für solche Antriebe [2]. Das erlaubt ihnen, den Flottenverbrauch deutlich zu drücken [3]. Zudem ist es noch billiger, ein bestehendes konventionelles Fahrzeug mit einem kleinen Akku und einem zusätzlichen E-Antrieb zu versehen als batterieelektrische neu zu entwickeln. Damit ist die Marge für die Hersteller derzeit noch größer, sollten sie an einem E-Auto überhaupt schon etwas verdienen.

Wären sie tatsächlich so sparsam, könnte man die Politik des billigen PHEV als erfolgreiche Maßnahme zur Dekarbonisierung des Individualverkehrs begrüßen. Daimler zum Beispiel beziffert den Benzinverbrauch seines Mercedes-Benz GLE 350de, ein SUV von 2,4 Tonnen Leergewicht, auf 1,1 l/100 km. Dass solche Werte in der Realität nur zu erreichen sind, wenn man fast ausschließlich elektrisch fährt, liegt auf der Hand. Dass es sich normalerweise anders verhält, liegt nah – der Verdacht einer als Umweltschutz getarnten Förderung einer veralteten Technik nicht sehr fern.

Dekarbonisierung und die Förderung fossil angetriebener Autos sind allerdings zwei diametral gegensätzliche Dinge. Der Staat konnte sich bislang darauf berufen, dass seine Bürger schon verantwortungsbewusst genug handeln werden, um seine Maßnahmen zu rechtfertigen – sprich – das PHEV so häufig wie möglich elektrisch bewegen. Niemand konnte dieses Argument bisher so recht entkräften – es fehlte an Zahlen.

Was da wirklich passiert, haben nun aber das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) und das International Council on Clean Transportation (ICCT) untersucht. Sie erfassten dazu die Nutzung von über 10.000 PHEV. Ihre realen Verbräuche erreichen bei privater Nutzung mehr als das Doppelte der offiziellen Angabe, bei Dienstwagen liegen sie gar drei- bis vierfach so hoch. Ausschließlich privat genutzte PHEV legen nur rund 43 Prozent der Gesamtfahrleistung elektrisch zurück, bei Dienstwagen sind es lediglich 18 Prozent. Die Autos werden also tatsächlich nicht häufig genug geladen, um ihren potenziellen Vorteil ausspielen zu können.

Man kann das verstehen. Dienstwagenfahrer sind häufig mit einer Tankkarte ihrer Firma unterwegs und haben schlicht keine Motivation, das Auto zwischenzeitlich regelmäßig einzustöpseln. Eine komfortable Schnellladefunktion wie etwa der Mercedes-Benz B 250e bieten heute nur die wenigsten PHEV.

Tanken dürfte jedoch auch dem Arbeitgeber die angenehmere Alternative sein, solange der Strombetrieb auf den Kilometer teurer kommt als der mit Treibstoff [4]. Andere brauchen darüber gar nicht erst nachzudenken, wenn sie als angestellte Reisende ohnehin ein Kilometerbudget zusammenbringen, das regelmäßiges Laden ad absurdum führt. Sie legen ihr Pensum dennoch häufig in gut motorisierten PHEV zurück, denn ihre Arbeitgeber wären keine guten Geschäftsleute, würden sie den Steuervorteil einfach liegen lassen. In Aktiengesellschaften riskieren die Verantwortlichen sogar Strafen, wenn sie nicht alle sich bietenden Steuervorteile nutzen. PHEVs sind in diesen Fällen meist nicht mehr als ein fiskalisch bedingtes Sparmodell – die meisten PHEV werden an Firmen verkauft.

Dass sich die Hersteller dank Förderung und lascher Vorgaben offenbar nicht einmal Mühe zu geben brauchen, solche Fahrzeuge auch energieeffizient zu konstruieren, lässt sich an ihren meist erschütternden elektrischen Verbräuchen ablesen. So konsumierte etwa der von uns gefahrene Mercedes-Benz B 250e (Test) [5] (sorry, schon wieder ein Daimler) gut 31 kWh auf 100 km bei zurückhaltendem Betrieb. Die Hybridisierung machte den Antrieb aber auch insgesamt nicht besonders attraktiv, unser Test ergab einen Benzinverbrauch von 5,4 Litern auf 100 km auf der Pendler-Langstrecke über die Landstraße.

Nun ist die B-Klasse ein vergleichsweise fast bescheidenes Auto. Ein dieselelektrischer Mercedes E 300 de, sicher deutlich weiter oben auf der Liste der Fuhrparkleiter, konsumierte in unserem Test bereits 43 kWh auf 100 km und zeigte trotz hoher Rekuperationsleistung keinen nennenswerten fossilen Verbrauchsvorteil gegenüber einem vergleichbaren Dieselmodell. Was bleibt, ist zumindest die freundlichere Perspektive, denn mit einem stetig "grüner" werdendem Strommix [6] verbessert sich die Umweltbilanz des elektrisch zurückgelegten Streckenanteils – ein Umstand, der oft vernachlässigt wird, zuletzt vom ADAC [7].

Hauptgrund für solch schlechten Wirkungsgrade ist die nachträgliche Elektrifizierung eines Verbrennungsmotors. Teure Neuentwicklungen sind jedenfalls nicht nötig, um die Anforderungen des WLTP zu erreichen. Der Mehrwert eines solchen Hybridantriebs beschränkt sich dann auf sein hohes Systemdrehmoment. Kein Mensch braucht es, aber es fühlt sich besser an. Es ist neben der schieren Größe der Autos das andere Verkaufsargument, das sich die Autoindustrie mit der Innovationsprämie fördern lässt. Heraus kommen Autos mit absurd hohen Leistungen, oft jenseits 200 kW. Wirklich effiziente PHEV-Modelle gibt es schon auch – die besten basieren, wenig überraschend, auf eigens entwickelten Hybrid-Antriebsarchitekturen und sparen so sogar noch ohne externe Aufladung. Sie schaffen es vielleicht mal auf die Firmenwagenliste einer Naturkostladenkette.

Die offensichtliche Monstrosität, dass sich mit der Verbrauchsberechnung für PHEV praktisch jedes noch so schwere und leistungsfähige Auto unter die Verbrauchsvorgaben drücken lässt, soll sich nach den Ideen der Studienautoren damit abmildern lassen, dass man die Leistung des Verbrennungsmotors begrenzt und dem elektrischen Zweig eine höhere Leistung gibt. In der Studie ist die Rede von 90 Kilometern Reichweite. Zudem soll der Staat einen Nachweis über die tatsächliche elektrische Nutzung verlangen. Die Autos sind dafür schon gerüstet. Sie telefonieren bereits heute ihr Nutzungsprofil regelmäßig zu ihren jeweiligen Herstellern, weil mit der Euro 6d ISC-FCM das Fuel Consumption Monitoring (FCM) 2021 zur Pflicht wird.

Die Studie erweist, was auf der Hand lag: Die Förderung der Plug-in-Hybride veranlasst niemanden, fossilen Treibstoff einzusparen. Es fehlt an Anreizen, das auch während ihres Betriebs zu tun. Die aus Sicht der Technik vollkommen richtigen Vorschläge der Studie werden die Emotionen der Kundschaft aber nicht ändern. Solange Status, Prestige und Lust an der Leistung steuerlich belohnt werden, bleibt die Politik des billigen PHEV-Greenwashing für die Subventionierung des Überkommenen.

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(fpi [9])


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[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Plug-in-Hybrid-Verbrauchsermittlung-im-WLTP-4225028.html
[3] https://www.heise.de/autos/artikel/Der-CO2-Flottengrenzwert-2020-4614480.html
[4] https://www.heise.de/autos/artikel/Das-neue-Super-Plus-Ladestrom-teurer-als-Dieselkraftstoff-4411434.html
[5] https://www.heise.de/tests/Test-Mercedes-B-250e-Konsumgut-4664037.html
[6] https://www.heise.de/hintergrund/UBA-Drastischer-CO2-Rueckgang-in-der-Stromproduktion-4700850.html
[7] https://www.heise.de/hintergrund/CO2-Vergleich-Sind-Plug-in-Hybride-eine-Mogelpackung-4771976.html
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