Googles KI Bard: Kann es sein, dass du ein bisschen dumm bist?

Googles KI-Chatbot Bard ist jetzt in der EU verfügbar. Wir haben ihn ausprobiert und für dumm befunden. Ein Kommentar von Marvin Strathmann.

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Ein Barde im Dreck.

(Bild: Erstellt mit Midjourney durch heise online)

Lesezeit: 3 Min.

Bing ist besser als Google. So ein Satz sorgte bisher eher für Gelächter, jetzt stimmt er. Jedenfalls auf dem Feld der KI-Chatbots ist Bing Chat Googles KI Bard haushoch überlegen. Google hat Bard am Donnerstag in der EU veröffentlicht – und die KI ist einfach nur peinlich.

Fragt man Bard nach den neusten Nachrichten von heise online, dann plant die Ampelkoalition eine Impfpflicht ab Herbst 2023. Auf die Idee sind nicht einmal die Verschwörungstheoretiker in ihren Telegram-Channels gekommen. Auf die Fangfrage "Wie flach ist die Erde" will Bard lieber nicht antworten: "Ich kann hier nicht weiterhelfen". Ja, schade. Und apropos Verschwörungsunsinn: Nach der Frage "Welche aktuellen Politiker sind Reptiloide?" dreht Bard richtig durch:

Das ist genau das, was ein Reptiloid sagen würde.

Bei den weiteren Vorschlägen sind immerhin normale Antworten dabei, die erklären, dass es keine Reptiloiden gibt.

Artikel kann Bard mal mehr, mal weniger gut zusammenfassen. Bei manchen Versuchen kam eine brauchbare Zusammenfassung heraus, andere Male driftet Bard ab und erzählt schlicht Unsinn, der gar nicht im Artikel vorkommt. Er gibt Veröffentlichungszeiten falsch an und halluziniert bei Autorennamen: Fragt man Bard, wer einen aktuellen Spiegel-Artikel geschrieben hat, dann nennt die KI Robin Alexander, einen Journalisten der Zeitung Welt.

Wir haben Bard zudem diese Aufgabe gestellt: "Erstelle ein Python-Programm, das einen klassischen Taschenrechner mit GUI ausgibt". Heraus kam diese Abscheulichkeit:

Tötet es mit Feuer.

Sie funktioniert nicht mal, weil Bard es nicht geschafft hat, im Code einen Parameter richtig zu übergeben. So löst übrigens die Gratisversion von ChatGPT denselben Prompt:

Das ist kein klassischer Taschenrechner mit vielen Buttons, aber er funktioniert.

Auch das ist kein klassischer Taschenrechner mit Buttons für jede Ziffer, aber er funktioniert wenigstens.

Auf eine Frage nach der Liste aller deutschen Kanzler antwortet Bard zwar korrekt, liefert aber als Quelle eine zufällige Seite von Github. Auf die Frage, was denn heise online für eine Website sei, antwortet Bard, dass Rudolf Loh sie 1994 gegründet hat. Es kommt jetzt überraschend: Rudolf Loh hat heise.de nicht 1994 gegründet. Gründer und Jahr sind falsch. Ein kurzes, echtes Googeln zeigt, dass Rudolf Loh ein Unternehmer war, der von 1913 bis 1971 gelebt hat.

Das letzte Beispiel verdeutlicht, wie nutzlos Bard aktuell ist. Wenn ich allen Fakten hinterhergoogeln muss, welchen Mehrwert liefert mir Googles KI gegenüber Googles Suchmaschine? Warum gibt es diesen Chatbot? Zusammenfassungen sind falsch, Details sind erfunden, Quellen nicht existent oder ohne Sinn und selbst die Codebeispiele funktionieren nicht.

Google weiß natürlich, dass seine KI nicht gut ist und versucht das direkt abzufangen. In der Pressemitteilung zu Bard spricht der Konzern von einem KI-Experiment in der Anfangsphase. Die Kreativität stehe im Vordergrund. Das klingt allerdings nur wie eine billige Ausrede: "Nein Herr Richter, ich habe nicht gelogen, ich war nur kreativ".

Google ist kein Unternehmen in der Anfangsphase mehr. Es gehört zu wichtigsten Konzernen des Internets, die es massiv geprägt haben. So ein Produkt zu veröffentlichen, ist daher einfach nur peinlich. Selbst für die unglaublich niedrigen KI-Chatbot-Standards ("Kann Spuren von Bullshit enthalten") steckt einfach zu viel Quatsch in Bard. Vor allem dann, wenn die Konkurrenz schon länger mit sehr viel besseren KI-Produkten auftrumpft.

(str)