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Was war. Was wird. (Der Sommernacht-Sommerrätseledition zweiter Teil)

Ey, was geht? Viel geht. Zumindest, wenn sich Strafverfolgungsbehörden mit Überwachungssoftware beschäftigen. Hal Faber mag es kaum glauben. Zur Erholung: ein paar Software-Fragen.

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Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Hal Faber

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Sommer, Sonne, Software. Eine ungültige Auflistung? Wer die Tickernachricht liest, wie ein Programmierfehler in einer Software in 45 Minuten 440 Millionen Dollar verzockt, kann dies sehr wohl mit den sommerlich schmelzenden Polkappen vergleichen und der Zeit, wenn unsere Nachfolger und Nachfolgerinnen baden gehen. Zum Sommer anno 2012 gehört in jedem Fall das Sommerrätsel, das sich mit der Software befasst, heute meistens nur noch App genannt. Junge Heranwachsende, die heute einen Computer-Desktop sehen, fragen mitunter, was denn da alles für Apps zu sehen sind auf dem Bildschirm. Und wenn die rote Katja Kipping sich einen Karl Marx ausmalt, der in den Wissensarbeitern mit ihren Apps das revolutionäre Subjekt der Geschichte gefunden hat, komplett mit einem original US-amerikanischen Panik-Knopf für gescheiterte Revolutionen, dann sieht die Zukunft offenbar so aus, wie die Postkarten, die zur Berliner Diskussion verteilt wurden.

*** Das ist schon was anderes als der Einspruch gegen die Fassadendemokratie, den "führende Intellektuelle" nach Aufforderung durch Siggy Pop veröfentlichten. Angeblich ist das Verfahren revolutionär: "Es wird nicht mehr im 'closed shop' geschrieben, sondern im Austausch mit Wissenschaftlern und Intellektuellen." Das Volk ist mit unbekannter Adresse verzogen. Wird der Ruf der Großintellektuellen nach einem Verfassungskonvent in die Tonne getreten?

Und wieder ergibt sich also fast zwangsläufig Frage 1: Wie sah der erste Papierkorb auf dem ersten Desktop aus? Ein Kleidungsstück stand Pate.

Ebenso wie Frage 2: Welches Software-Projekt steht unter dem Verdacht, revolutionäre Bewegungen abzuhorchen?

*** Zur Software, die unter einem bösen Verdacht geraten ist, gehört Skype, dass derzeit damit beschäftigt ist, brave Dementis zu veröffentlichen, die mancher Kommentator zum Anlass nimmt, über wackelnde Dackel von Schuhbombern zu philosophieren. Dabei belegt gerade ein Gutachten aus Bayern detailliert in 9 Fällen, wie das geht mit dem Ausleiten der Skype-Telefonate: Es ist, wenn Softwarelisten ausgelesen werden, bedenklich nah an der verbotenen Online-Überwachung, es wird geschusselt und geschlampt, es hat überhaupt nichts mit terroristischer Bedrohung zu tun, aber hey, es geht. Das bringt uns natürlich noch einmal zum amtierenden Innenminister, der derzeit den Sicherheitsapparat in Deutschland im großen Stil umbaut. Dabei beweist er "personalpolitische Brutalität" und wird von den Liebhabern der Freiheit mit einer Pixelmütze geehrt. Der versprochene große Entwurf, wie sich die Sicherheitsbehörden zusammentun und die neuen Felder der Cyber-Kriminalität beackern, lässt dabei auf sich warten. Als Zuckerli gibt es Open Data vom Sportminister, der die Medaillen-Zielvereinbarungen seiner Bürokraten geheim halten will.

Software? Überwachung? Mal eben Frage 3: Bei welchem Programm musste der Nutzer gemäß der EULA sein Einverständnis geben, dass ein Liste der auf seinem Rechner installierten Software nach Israel übertragen wird?

Was sich logischerweise anschließt, ist Frage 4: Gesucht wird ein andrerer Begriff für Software für das "Legale Abhören in Computernetzen".

*** Bei der Wochenzeitung Freitag hat das Schwerpunktthema Liquid Democracy nach der mehr technisch gehaltenen Behandlung in der iX in dieser Woche für Aufregung gesorgt. Dabei spielte der im Gestus großintellektueller Herrlichkeit geschriebene Rant über den Fetisch zum Anklicken die geringste Rolle. Schließlich gilt für Fetische Gödels Unvollständigkeitssatz. Vielmehr beschwerten sich etliche Berliner Start-Ups über die Beschreibung der Software-Werkzeuge, die potente Investorenengel abschrecken könnte. Auch Demokratie muss sich finanziell lohnen, das ist die eigentliche Nachricht, die hinter Vereinen wie Interaktive Demokratie auf die glücklichen Benutzer wartet. Während die SPD ihren virtuellen Ortsverein aus der Blütezeit von Compuserve in die Tonne getreten hat, haben die (Berliner) Grünen ihre Mitmach-Software "Da müssen wir ran" mit einem neckischen Baustellen-Schild aus der Frühzeit des Webs verziert. So sind die Piraten ganz toll stolz auf ihr Liquid Feedback, dass sie prompt entsetzt Wahlcomputer! rufen, wenn andere Parteien wie die FDP es mit New Democracy versuchen. Da Wahlcomputer allen kryptografischen Überlegungen (PDF-Datei) zum Trotz ürböse sind, erübrigt sich jede Debatte, wie praktisch,

Dann kniffeln wir mal Frage 5: Wo spielt dieses Programm eine Rolle?
10 REM Programm
20 INPUT L$(1),L$(2),L$(3),L$(4)
30 PRINT
40 FOR I1=1 TO 4
50 FOR I2=1 TO 4
60 IF I2=I1 THEN 130
70 FOR I3=1 TO 4
80 IF I3=I1 THEN 120
90 IF I3=I2 THEN 120
100 LET I4=10-(I1I2+I3)
110 LPRINT L$(I1),L$(I2),L$(I3),L$(I4)
120 NEXT I3
130 NEXT I2
140 NEXT I1
150 END

Und kommen schnurstracks vom Weg ab zu Frage 6: Vor Beginn der TCP/IP-Ära konnte eine kleine Shareware-Firma mit einem Wähl-Programm zu einem großen kommerziellen Softwarehaus wachsen. Welche?

*** Ach ja. Man sollte nicht so viel sozial netzwerken neben dem Fernsehen. Ist das schon die "digitale Demenz", wenn der erboste Rant über das im TV Gesagte und Gezeigte nicht warten kann? "Computer machen dumm, süchtig, aggressiv, einsam, krank und unglücklich." Danke. "Digitale Demenz", das hat wirklich noch gefehlt. Die alten Männer diskutieren. Die selige TV-Gemeinsamkeit des Digitale-Demenz-Professors und des sich im "disparaten globalsimultanen Ewigjetzt der Geschichte" verlierenden Barden (ha, Dörte, ick hör Dir trapsen): Das Grauen, das Grauen. Man sollte sich sowas nicht antun. Man braucht dies nicht, dieses den Kulturpessimismus der bildungsbürgerlichen Eliten in Rückwärtsgewandheit und reaktionäre Zukunftsangst wendende Geschwätz, das auch noch als geselllschaftlich notwendige Weisheit verkauft wird. Die ewig gleiche Debatte, mit Leuten, die im 19. Jahrhundert Bücher als der weiblichen Jugend äußerst abträglich verdammten, die im 20. Jahrhundet das TV als Untergang des Abendlands analysierten, die im 21. Jahrhundert ... Ach, lassen wir das. So wird Sisyphos nie zu einem glücklichen Menschen.

Womit wir wieder bei der Software wären, die ja so dumm macht, und kommen also zu
Frage 7: Vor den Apps gab es (vor allem für DOS) nützliche Programmsammlungen mit Helferlein, etwa die Norton Utilities. Welche Hilfsprogramme enthielten die Red Utilities?

[i]Verständnisprobleme? Da sollte man sich aber erstmal Frage 8 anschauen: 8 Mal Kauderwelsch aus der Zeit vor dem Internet? Ist dies eine gültige Mail-Adresse und welches Mailsystem steckt dahinter?
GER.XDD002
Dhildebr@SHACK
unido!uwbln!hw
08142291400PO"DNSOLCHING"
*404070#
franvm(ujs01)
/C=DE /ADMD=DBP /PRMD=Softwerk /O=Fue /G=Lothar /S=Stadtler
Michael Schiffers@LOTUSINT

Was wird.

Das ist doch mal eine Nachricht: Der Chaos Computer Club wechselt aus Platzmangel von Berlin nach Hamburg, von der Bundeshauptstadt in die Transparenzhauptstadt, wo das Congress Center eine Outdoor-Erfahrung wie bei den Camps des Clubs garantieren soll: überall kleine Schlafsack-Villages und viel Leuchttechnik in der Nacht, nur ohne Mücken und Kabelklos. Wenn Hacker die digitalen Krieger für die kommenden Cyberwars sind, wie in der Ankündigung geschrieben, dann dürfen sie auch etwas Komfort erwarten und einen Rahmen, in dem ein Bundespräsident mal Hallo sagen kann wie bei den Senioren. Schließlich ist "aktiv Altern" nichts anderes als eine Umschreibung von "weiter Hacken". Was Berlin bleibt, ist die IFA, die in ein paar Wochen startet und das Hohe Lied der Hausvernetzung singt, und ihr Medienkongress, der "frische Geschäftsmodelle" sucht und "Digitale Werte" wie Freiheit, Solidarität und fairen Umgang aller Intelligenzformen sucht oder ist es doch nur "Vernetzung, Wettbewerb und Wertschöpfung" mitsamt den beliebten Daumenschrauben für das Auspressen des Urheberrecht?

Frage 10: Zum Schluss ein Foto einer Software-Werbung. Wer sieht den Unterschied und warum gab es ihn in welcher allen wohlbekannten Zeitschrift aus der norddeutschen Tiefebene?

Bei der "Ewig grüßt das Weiße-Ware-Vernetzungs-Eichhörnchen"-Veranstaltung IFA kommt man gleich auf Frage 9: Das Abenteuer Heimvernetzung hat viele Facetten. Wann entstand dieser Text? "Wenn es an meiner Wohnungstür klingelt, wird eine Videokamera aktiviert. Das Videobild geht übers Netz zum PC, es wird digitalisiert und in PCX-Dateien konvertiert. Ein A/D-Wandler besorgt die Umsetzung von Audioimpulsen in eine digitale Tondatei. Powerpoint führt Ton und Bild zu einer Animation zusammen. Die Präsentation wird gezippt und per Highspeed-Modem an eine Mailbox geschickt. Ich erhalte dann automatisch eine E-Mail, dass vor 40 Minuten jemand an meiner Tür war."

Mit all dem nur am Rande zu tun hat die letzte Frage für heute, die Frage 10: Zum Schluss hier links ein Foto einer Software-Werbung. Wer sieht den Unterschied und warum gab es ihn in welcher allen wohlbekannten Zeitschrift aus der norddeutschen Tiefebene? (jk)