IBM Connect 2013: The artist formerly known as Lotusphere

Notes ist zwar immer noch ein gutes Geschäft für IBM, aber der Fokus verschiebt sich hin auf das, was IBM Social Business nennt. So widmete der Konzern dem neuen Notes/Domino in der Keynote der Konferenz Connect 2013 nur wenig Raum.

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Gut besucht: Die Konferenz IBM Connect 2013

(Bild: Volker Weber / heise online)

Notes 9 wird das erste Major Release in 5 Jahren. Und dennoch investierte IBM nur zwei Minuten einer zweieinhalb Stunden dauernden Keynote, um es anzukündigen. Aktuell in Beta, soll Notes/Domino 9 im März verfügbar sein. Es trägt den Beinamen "Social Edition". Die Marke Lotus wird aus dem Namen gestrichen und auch die nunmehr zwanzigste Lotusphere heißt dieses Jahr IBM Connect 2013.

Man sage nicht, es gäbe keine treuen Notes-Anhänger

(Bild: Volker Weber / heise online)

Notes ist zwar immer noch ein gutes Geschäft für IBM, aber der Fokus verschiebt sich längst in einen Themenbereich, den IBM Social Business nennt. Wenn man den Präsentationen lauscht, dann ist man versucht, Buzzword Bingo zu spielen. Aber hinter der glatten Fassade verbirgt sich doch Substanz. IBM hat vor drei Jahren unter dem ehemaligen Lotus-Chef Mike Rhodin eine Solutions Group aufgebaut, die 23 Unternehmen aufgekauft hat, um deren Produkte zu integrieren. Der bislang letzte Einkauf war Kenexa, ein Unternehmen, das seinen 6900 Kunden hilft, die besten Kandidaten für offene Stellen zu finden. Microsoft Deutschland wird als Referenzkunde genannt, aber auch die Deutsche Bank steuert den Recruiting-Prozess mit dieser Plattform. Kenexa bleibt selbstständig, solange die Zahlen stimmen, und bekommt eine neue Mission: "Building a smarter workforce".

Rhodin baut mit seinem Anwendungs-Portfolio an einer Plattform, die alle Aspekte der Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern oder mit Kunden abbildet. Diese Plattformen haben wolkige Namen wie IBM Employee Experience Suite oder IBM Customer Experience Suite; dahinter verbergen sich zahlreiche Pakete, die IBM bislang einzeln vermarktet. Mit diesen Suites aber will IBM bestimmte Szenarien adressieren. Mike Rhodin sagte: "Niemand will ein Software-Paket kaufen." Es gehe vielmehr stets darum, ein konkretes Problem zu lösen. IBM spricht häufig von "Enterprise" und meint damit große Unternehmen mit zigtausenden von Mitarbeitern. Wenn es ein bisschen kleiner sein soll, dann sind Lösungen häufig zu kompliziert oder schwierig zu warten. Ein kleines Unternehmen mit einer Handvoll IT-Mitarbeitern kann das nicht leisten; und auch kleine Beratungsunternehmen tun sich schwer, die notwendigen Skills aufzubauen. IBM stellt sich vor, dass kleinere, man möchte sagen normal große Kunden, die IBM Smartcloud nutzen.

IBMs integrierte Plattform Connections...

(Bild: Volker Weber / heise online)

... gibt's auch mit einem Client fĂĽr das iPad.

(Bild: Volker Weber / heise online)

Jenseits der technischen Betrachtung dreht sich bei der diesjährigen IBM Connect vieles um den notwendigen organisatorischen Wandel. Die Anforderung an betriebliche Informationssysteme ändern sich durch soziale Netze und neuere Kollaborationsformen. Mit E-Mail und einfachen Intranets lässt sich das nicht mehr abbilden. Mit dem Produkt Connections bietet IBM eine integrierte Plattform, die neue flachere Beziehungen zwischen Mitarbeitern quer zu hierarchischen Organisationsformen abdeckt. "Activities", eine Aufgabenverwaltung, hat sich als der wertvollste Bestandteil von Connections entpuppt. Hier lassen sich kleine und große Projekte aufsetzen, Aufgaben delegieren und nachverfolgen. Andere Komponenten wie "Profiles" und "Files" gibt IBM als Dreingabe zu Notes und Domino, um neue Kunden für Connections zu finden. Im März soll die neue Version 4.5 von Connections erscheinen, das die Content-Management-Lösungen von FileNet nutzt. Damit bekommt Connections Verzeichnisse, Check-In und Check-Out. Erst damit wird die Connections in der Lage sein, Fileserver abzulösen.

Die von Connections genutzten Komponenten findet man mittlerweile auch in anderen Softwareprodukten von IBM, etwa im Websphere Portal und damit in den erwähnten Suites. Collaboration ist nicht mehr eine isolierte Funktion, sondern wird Bestandteil anderer Geschäftsprozesse. Vor Jahren hat man versucht, Transaktions-Workflows in Notes abzubilden. Anders herum wird heute ein Schuh daraus.

Mit der Notes "Social Edition" macht IBM diese Prozesse wieder in der "Inbox" des Benutzers sichtbar. Statt einer Mail mit einem Link auf eine externe Anwendung, findet der Anwender ein "lebendes Objekt", wie es Notes-Produktmanager Scott Souder nennt. Ohne die Nachricht zu verlassen, kann er einen Genehmigungsschritt abarbeiten, ein Dokument aus dem CMS bearbeiten oder Beiträge in Connections kommentieren. IBM versucht hier mit OpenSocial 2.0 einen Standard zu implementieren. Notes 9.0 Social Edition ist derzeit als Beta verfügbar und soll im März als fertiges Produkt erscheinen.

Promi mit Bezug zum Event: Der Schauspieler Joseph Gordon-Levitt stellte in der Celebrity-Keynote seine "Open Collaborative Production Company" vor

(Bild: Volker Weber / heise online)

Die IBM Connect 2013 ist gut besucht; auch ohne offizielle Verlautbarung spricht IBM von 6000 Teilnehmern, 250 davon aus Deutschland. Insgesamt 400 Sprecher gibt es, das Programm ist weitgefächert von sehr technischen Themen bis zu leichter verständlichen Überblicksvorträgen. Wie üblich wurde die Veranstaltung von einem prominenten Sprecher eröffnet. Anstatt eines altbekannten Helden wie der unvergessene Neil Armstrong trat diesmal ein junger Vertreter auf. Der Schauspieler Joseph Gordon-Levitt sprach über sein Unternehmen Hitrecord, das sich als "Open Collaborative Production Company" bezeichnet. Während bei vielen Celebrity-Speakern der Bezug zum Event bemüht wirkt, konnte Gordon-Levitt neue Formen der Zusammenarbeit glaubhaft vortragen. Auch IBM gelingt es dieses Jahr, das Thema "Social Business" mit mehr Inhalt zu füllen. Der Wandel findet statt, aber nicht jeder ist dabei. (jk)