Lenovo kontert: Klare Strategie und klare Worte

An die Erfolge aus dem vergangenen Jahr will der PC-Hersteller auch 2011 nahtlos anknüpfen. Für Channel-Partner verbindet Lenovo den Appell an eine weiterhin enge Zusammenarbeit mit dem Versprechen, Defizite aus der Vergangenheit abzustellen.

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Milko van Duijl, Senior Vice President, Lenovo

Lenovos Marktanteil nach Stückzahlen in Deutschland überschritt 2010 erstmals die 10-Prozent-Hürde. Damit gehört der PC-Hersteller nicht nur hierzulande zu den am stärksten wachsenden PC-Anbietern. Zahlreiche Marktforscher sehen Lenovo deutlich im Aufwind. So bescheinigen etwa Gartner und IDC dem Unternehmen im zurückliegenden Jahr ein Wachstum von mehr als 37 Prozent während die Verkaufszahlen im Branchen-Durchschnitt lediglich um gut 12 Prozent zugelegt haben. "Besonders erfreulich für uns ist dabei aber, dass wir Wachstum in allen drei Kundensegmenten – Consumer, SMB und Enterprise – sowie über sämtliche Produktlinien hinweg erreichen konnten", verkündet Lenovo-Präsident Milko van Duijl stolz vor den am 25. Januar 2011 in Amsterdam versammelten Partnern anlässlich des Channel-Kick-offs für Westeuropa.

Im Großkundensegment, wo Lenovo durch die Übernahme der PC-Sparte von IBM traditionell stark vertreten ist, verzeichnete der Hersteller speziell in den letzten zwei Quartalen wieder eine deutlich steigende Nachfrage. Der Investitionsstau im Enterprise-Umfeld löse sich allmählich auf, Unternehmen investieren wieder in neue Rechnerinfrastruktur, erläutert Robert Pasquier im Gespräch mit heise resale. Pasquier, der gerade erst als Executive Director die Verantwortung für die Channel-Partner-Organisation in Westeuropa übernommen hat, gibt sich zuversichtlich, auch in den kommenden Monaten im Großkundenumfeld weiterhin profitieren zu können. Weltweit sei erst gut ein Viertel des sogenannten Enterprise Refresh ausgeschöpft, ergänzt van Duijl.

Besonderen Fokus legt der Hersteller aber auf den Consumer-Markt, wo Lenovo eher unterrepräsentiert war. Hier bemüht sich das Unternehmen seit geraumer Zeit, gezielt Marktanteile gut zu machen – einerseits durch eine auf die Zielgruppe abgestimmte "Idea"-Modellpalette, aber auch durch den Ausbau der Vertriebskanäle, etwa im Retail. So reihte sich Mitte 2010 beispielsweise auch der Braunschweiger Distributor Devil in die Partnerriege von Lenovo ein, um gezielt den Consumer-Markt zu bedienen. Einen direkten Distributionsvertrag erhielt Devil hingegen nicht, wie Pasquier ausdrücklich klarstellt. Wie alle anderen Vertriebspartner werde auch Devil über die autorisierten Distributoren Also + Actebis, Ingram Micro und Tech Data beliefert.

In Westeuropa konzentrieren sich die Retail-Bemühungen zunächst auf Großbritannien und Deutschland. So arbeitet Lenovo hierzulande mit Elektrofachmarktketten wie beispielsweise Euronics zusammen – seit rund einem halben Jahr zählt auch das Branchenschwergewicht Media-Saturn dazu. "Wir sind im Retail genau zum richtigen Zeitpunkt gestartet und wurden mit offenen Armen empfangen", offenbart Pasquier. Der Hersteller positioniert sich in diesem Umfeld bewusst als Premium-Marke, die Modellpalette decke ein breites Spektrum ab, nicht nur das Low-End, ergänzt der frisch gebackene Westeuropa-Channel-Chef. Denn in die Preisspirale nach unten will sich Lenovo nicht ohne Not einreihen. Der Lebensmittelhandel ist auch aus diesem Grund für Pasquier daher vorläufig kein Thema.

Ein Hoffnungsträger im viel versprechenden Tablet-Markt: Lenovos Hybrid-Notebook IdeaPad U1

(Bild: Lenovo)

Mit Blick auf die durchschnittlichen PC-Verkaufspreise, die deutschlandweit speziell auch im Consumer-Geschäft wieder steigen, hat Lenovo das vergleichsweise späte und eher zögerliche Engagement im Netbook-Segment kaum geschadet. So ebbt der Hype um die kompakten und besonders preiswerten Mobilrechner auch aus der Sicht von Lenovo bereits seit 3 Quartalen wieder spürbar ab, wie Pasquier bestätigt. Zum Aufschwung bei Lenovo hätten im vergangenen Jahr vornehmlich die klassischen Notebooks beigetragen. Aber auch im Desktop-Segment sei die Nachfrage merklich angezogen. "Der Trend zu All-in-Ones hat dabei sicherlich geholfen, war jedoch keineswegs ausschlaggebend", versichert Pasquier. An dem sich unterdessen abzeichnenden Boom der Tablets will Lenovo auf jeden Fall profitieren. Sobald Android-Version 3.0 (HoneyComb) zur Verfügung steht, soll ein "Slate"-Tablet an den Start gehen. Der Tablet-Notebook-Hybrid U1 bleibt vorerst dem chinesischen Markt vorbehalten, im Herbst will Lenovo aber auch noch einen Tablet-PC mit Windows 7 nachlegen.

Die von IBM eingeführte und von Lenovo weitergeführte Marke "Think" ist und bleibt das Pfund, mit dem der Hersteller im Geschäftskundensegment wuchern kann. "2010 waren wir mit diesen Geräten im SMB – also bei Unternehmen bis zu 1000 Mitarbeitern – besonders erfolgreich", konstatiert Channel-Chef Pasquier. Vertriebspartner hätten vor allem auch die "Top-Seller"-Angebote gut in der Zielgruppe platzieren können. Damit dies auch in Zukunft in allen Marktsegmenten so bleibt, will der Hersteller auch 2011 weiter kräftig investieren, kündigt Präsident van Duijl an. Gezielt sollen die Gelder in drei Bereiche fließen: Produktinnovation und –qualität, die firmeneigene Infrastruktur und Personalstärke sowie zu guter Letzt in den gezielten Auf- und Ausbau der Marke Lenovo.

Denn genau auf diesen drei Feldern räumt van Duijl Defizite ein. So seien die Produktmarken "Think" und "Idea" durchaus bekannt, der Hersteller Lenovo vielen aber nach wie vor fremd. Insbesondere im Consumer-Umfeld sei eine starke Marke jedoch von entscheidender Bedeutung. Zum 1. April geht denn auch eine groß angelegte Marketing-Kampagne an den Start, für die Lenovo die renommierte Agentur Saatchi & Saatchi engagiert hat. "Wir werden die Menschen dort abholen, wo sie täglich sind – auf dem Weg zur Arbeit, im Internet, im Fernsehen", verkündet van Duijl, ohne nähere Details verraten zu wollen. Ausgerichtet sei die Kampagne unterdessen auf die sogenannte Net-Generation, also die 14- bis 33-Jährigen, die selbst Trends setzen, aber auch andere in ihrer Kaufentscheidung beeinflussen.

David McQuarrie, Vice President SMB, Consumer & Channels Western Europe, Lenovo

Aus Sicht der Vertriebspartner noch deutlich wichtiger dürften aber die Investitionen bei Lenovo selbst sein, gibt es doch bisweilen noch merkliche Störungen, beispielsweise in der Lieferkette sowie bei der Vergütung der Partner. "Wir haben Rebates versprochen, aber nicht umfassend und vor allem nicht zügig genug ausgezahlt", bringt van Duijl die Kritik von Partnerseite auf den Punkt. Der nicht nur für Westeuropa, sondern auch für Nordamerika, Japan, Australien und Neuseeland – die sogenannten Mature Markets – verantwortliche Lenovo-Manager verspricht zügige Abhilfe. Die notwendigen Prozesse im eigenen Hause sollen neu aufgesetzt und beschleunigt werden. Ein spezielles Team kümmere sich zudem weiter darum, den aufgelaufenen Backlog in Sachen Rebates schnellstmöglich abzubauen.

Die Zusammenarbeit mit Partnern beschleunigen will David McQuarrie, Vice President SMB, Consumer & Channels, aber auch in anderen Bereichen wie etwa dem Reporting. So sollen künftig die Sales-out-Zahlen deutlich schneller zur Verfügung stehen, um gegebenenfalls rascher auf eine veränderte Marktsituation reagieren zu können. Einem weiteren Optimierungsprozess unterzieht sich außerdem Lenovos Supply Chain. Unmissverständliche Forderungen von Partnern – auch aus Deutschland – geben Gerry Smith, Senior Vice President, Global Supply Chain bei Lenovo, Anlass genug, diesbezügliche Projekte mit Nachdruck voranzutreiben. Der Sicherung oder gar der Verbesserung der Produktqualität gelte dabei jedoch stets höchste Priorität. Das wertvolle Feedback aus dem Channel finde aber auf jeden Fall Gehör. Eine grundlegende Neuaufstellung in Sachen Supply-Chain-Prozesse stellt Smith für Herbst 2011 in Aussicht. Der schrittweise Roll-out in den Regionen könne sich jedoch bis Ende 2012 hinziehen. Verbesserungen werde es aber auch Schritt für Schritt geben, verspricht Smith und fordert gleichzeitig kontinuierliches Feedback von Seiten der Partner ein. (map)