Überstunden für die Doha-Verhandlungspartner

Der Streit über geplante Änderungen im "Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des Geistigen Eigentums" (TRIPS) geht weiter.

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Von
  • Monika Ermert

Die Verhandlungen über die "Doha Development Agenda" (DDA) der Welthandelsorganisation (WTO) geht in eine Extrarunde, und damit auch der Streit über geplante Änderungen im "Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des Geistigen Eigentums" (TRIPS). Generalsekretär Pascal Lamy warnte Ende voriger Woche vor einem Scheitern des lange diskutierten Verhandlungspakets, das insbesondere einen verbesserten Marktzugang für Entwicklungsländer bringen soll. Nun einigten sich die Teilnehmer darauf, außerplanmäßig weiterzuverhandeln, möglicherweise sogar bis Mitte dieser Woche.

2001 hatten die über rund 150 WTO-Mitglieder in Doha/Katar den Start der "Entwicklungsrunde" beschlossen. Industrieländer sollen ihre Märkte für Exporte aus den Entwicklungsländern öffnen und eigene marktverzerrende Subventionen abbauen. Eine Flexibilisierung des Patentschutzes im Medikamentenbereich scheiterte vor drei Jahren am Widerstand der USA. Nun stehen die Verhandlungen zur Einschränkung von Subventionen und der Reduzierung von Einfuhrzöllen auf Messers Schneide.

Die Bundesregierung erwartet nach eigenen Angaben deutliche wirtschaftliche Gewinne für Entwicklungsländer in Höhe von 350 Milliarden US-Dollar und für Industrieländer in Höhe von 170 Millarden Dollar und befürwortet daher einen Vertragsabschluss. Die EU erwartet, dass die vorliegenden Vorschläge eine Anpassung ihrer Agrarpolitik mit sich bringen. EU-Kommissar Peter Mandelson warnte daher, dass die EU im Bereich des Geistigen Eigentums auf jeden Fall Zugeständnisse mit nach Hause nehmen müsse. Eine Reihe von WTO-Mitgliedern lehnt ein Junktim zwischen Marktliberalisierung und TRIPS-Fragen ab.

Der eigens für die Fragen zum Geistigen Eigentum eingesetzte Verhandlungsführer, der norwegische Außenminister Jonas Gahr Støre, sagte Ende vergangener Woche, Bedenken gebe es insbesondere bei einer möglichen Ausweitung des Schutzes geographischer Herkunftsbezeichnungen wie Champagner analog zum Schutz der Bezeichnungen für Weine und Spirituosen. Schwer zu überbrücken seien offenbar auch geplante Verpflichtungen, bei Patentanmeldungen künftig Auskunft über die mögliche Nutzung traditionellen Wissens zu erteilen.

Letzteres soll nach Ansicht der Befürworter, allen voran Brasilien und Indien, TRIPS mit der Biodiversitätskonvention der Vereinten Nationen in Einklang bringen. Diese Konvention enthält Verpflichtungen zum Schutz der genetischen Vielfalt von Pflanzen und Tierwelt und zur gerechten Aufteilung der aus den natürlichen Ressourcen gewonnenen Erträge und Vorteile. Eine höhere Akzeptanz sah Støre dagegen bei der generellen Einrichtung einer verpflichtenden Registratur für geografische Herkunftsbezeichnungen. Nur dieser letzte Punkt war laut Experten Bestandteil des ursprünglichen Doha-Mandates.

Die EU, allen voran Treiber für die Änderungen zu geographischen Herkunftsbezeichnungen, hatte Ende vergangener Woche eine Einigung mit den Befürwortern des Biodiversitätsplans verkündet. Mandelson hatte die Übereinkunft kurz vor seiner Abreise aus Brüssel bekannt gegeben. Verhandlungspartner USA lehnt aber beide Initiativen dagegen ab.

Letztlich sind es allerdings laut Støre aber nicht die Fragen zum Geistigen Eigentum, die für das Scheitern der Doha-Runde sorgen. Støre sagte vielmehr vor dem letzten Verhandlungstag gegenüber dem ausführlich über die Verhandlungen berichtenden Fachmagazin Intellectual Property Watch, es komme vor allem auf einen Kompromiss in den zentralen Fragen zum Marktzugang und Zöllen im agrarischen- und nichtagrarischen Bereich an. Nach wie vor, so WTO-Sprecher Keith Rockwell, wird erbittert über neun Streitpunkte gerungen, sechs davon im Agrarbereich, drei im nichtagrarischen.

Im Agrarbereich geht es um marktverzerrende Subventionen, um Zollbeschränkungen. Die Entwicklungsländer fordern eine stärkere Öffnung der Märkte für ihre Agrarprodukte, andererseits warnen sie aber auch davor, Begünstigungsklauseln für afrikanische Länder ohne Übergangsphase zu streichen. Bei Bananen fordern etwa lateinamerikanische Länder einen gleichberechtigten Marktzugang. (Monika Ermert) / (anw)