EU-Kommission: Vectoring muss aufgebohrt werden

Mit einer unerwarteten Förderungsrichtung greift die EU nun in die Vectoring-Pläne der Telekom ein. Mitbewerber beklagen schon seit Jahren, dass die Telekom ihnen beim Vectoring nicht genug Zugang für konkurrenzfähige Angebote gewähre.

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DSL-Netzwerkkabel

(Bild: dpa, Rolf Vennenbernd)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Torsten Kleinz
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Die Vectoring-Politik der Telekom ist für deren Konkurrenten ein rotes Tuch. Die als VDSL-Turbo beworbene Technik hat nämlich einen Haken: Wo sie zum Einsatz kommt, hat nur noch ein Anbieter direkten Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen (TAL). Auf der Branchenmesse Angacom in Köln warnten Regionalprovider vor einer Re-Monopolisierung. Annette Schumacher von Kabel Deutschland bezeichnete die Technik gar als "Mogelpackung".

Die EU-Kommission hat nun entschieden, staatliche Beihilfen zum Breitbandausbau in Deutschland vorerst nur dort zuzulassen, wo kein Vectoring eingesetzt wird. "Da die Technologie den in den Breitbandleitlinien geforderten offenen Zugang zum Netz derzeit nicht gewährleistet, kann sie in staatlich geförderten Projekten vorerst nicht zum Einsatz kommen", heißt es in der Mitteilung aus Brüssel. "Vorerst" bedeutet, dass die Bundesregierung gegenüber der Kommission ein Vorleistungsprodukt angekündigt hat, "das Wettbewerbern einen uneingeschränkten Zugang zu Vectoring-Netzen ermöglicht". Sollte die Kommission das für ausreichend halten, könnte auch der Vectoring-Ausbau gefördert werden. Immerhin geht es um Subventionen von insgesamt drei Milliarden Euro.

Die Bundesregierung plant unterdessen weiter mit Vectoring: "Mit dem Start des Förderprogramms zum Breitbandausbau können Vectoring-Projekte geplant, bei uns eingereicht und positiv beschieden werden", erklärt ein Sprecher des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur auf Anfrage von heise Netze. Die Umsetzung dürfe allerdings erst erfolgen, nachdem die EU-Kommission ein geeignetes Vorleistungsprodukt genehmigt habe. Bei der Bundesnetzagentur läuft derzeit das Verfahren für einen regulierten Bitstrom-Zugang, der auch den Zugang in Vectoring-Bereichen ermöglichen soll.

Die Telekom-Wettbewerber sehen sich durch die Entscheidung der EU-Kommission bestätigt. Sie beklagen seit Jahren, dass die Telekom ihnen beim Vectoring nicht genug Zugang gewähre, um konkurrenzfähige Angebote zu machen. Zwar kann ein alternativer Provider Kunden im Vectoring-Ausbaugebiet bedienen, muss dafür aber die Infrastruktur der Telekom nutzen. Gleichfalls können Telekom-Konkurrenten selbst zum Vectoring-Anbieter werden. müssten dafür aber alle Leitungen des Anschlussbereichs übernehmen.

Vectoring setzt voraus, dass im Verteilerkasten alle Hausanschlüsse eines Kabelbündels auf dieselbe Anschaltung kommen, die der Provider dann alle unter seinen Fittichen hat. So können Telekom-Konkurrenten Vectoring derzeit nur als Bitstrom-Wiederverkäufer anbieten.

(Bild: Deutsche Telekom )

Die Telekom will 8000 Hauptverteiler direkt mit Vectoring ausbauen. Sie stößt dabei auf großen Widerstand der Wettbewerber, die dafür ihre Infrastruktur zurückbauen müssten. Diese hoffen wegen der Förderentscheidung nun auf ein generelles Vorgehen der EU gegen die Vectoring-Pläne des Konzerns. Die Telekom wolle mit ihrem Vectoring-Vorhaben "quasi zum zweiten Mal eine Exklusivlizenz für ganz Deutschland bekommen", wettert VATM-Chef Jürgen Grützner und warnt im Hinblick auf die kritische Haltung der Kommission, die Vectoring-Strategie der Telekom setze "die gesamte Förderfähigkeit von Vectoring auf EU-Ebene aufs Spiel".

Für die konkreten Vectoring-Pläne der Telekom in den Ballungsräumen spielt die EU-Entscheidung der Förderung allerdings keine Rolle. "Unsere Zusage, 80 Prozent der Haushalte mit Vectoring zu versorgen, wenn wir auch den Nahbereich um die Hauptverteiler ausbauen können, ist unabhängig von staatlichen Fördermitteln", erklärt ein Telekom-Sprecher. Eine Förderung werde dafür nicht benötigt: "Diesen Ausbau würden wir alleine finanzieren." Dies müsste aber die Bundesnetzagentur zuerst genehmigen.

Welche Maßnahmen Telekom und Bundesregierung nun treffen müssen, um Vectoring in der Fläche förderfähig zu machen, ist noch unklar. Beide Seiten zeigen sich aber optimistisch, dass die Bedenken der EU-Kommission durch einen verbesserten Zugang für Konkurrenten zu beheben sind. So hatte die EU bereits 2013 Mindestanforderungen aufgestellt, die prinzipiell mit VDSL kompatibel sind.

Die Zeit drängt aber: "Bis 2018 soll es in ganz Deutschland schnelles Internet mit mindestens 50 MBit pro Sekunde geben", erklärte Verkehrs- und Internetminister Alexander Dobrindt nach der Bekanntgabe der EU-Entscheidung. Wie die 1,4 Milliarden Euro aus dem Bundesetat und die Erlöse aus der Frequenzversteigerung investiert werden sollen, muss daher möglichst bald festgelegt werden. (ea)