40 Jahre Videotext: Fakten, nichts als Fakten

Vor 40 Jahren starteten ARD und ZDF ihr gemeinsames Videotext-Programm. Der auf zwei Jahre angelegte Feldversuch sendet bis heute Informationen aller Art.

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40 Jahre Videotext: Fakten, nichts als Fakten

Übersicht zum Videotextangebot in der ARD (1989)

(Bild: ARD-Text)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Detlef Borchers
Inhaltsverzeichnis

Videotext, auch Teletext genannt, ist ein einseitiger Informationskanal, der ursprünglich die Austastlücke des analogen Fernsehens nutzte, um Informationen zu übertragen, die über eine Ziffernfolge ausgewählt werden konnten. Ihren Ursprung hatte die Technik in Versuchen des britischen Fernsehsenders BBC, Untertitel für Hörgeschädigte parallel zum TV-Bild zu übertragen. Das System wurde vom britischen Ingenieur John Adams entwickelt, der bei Philips Chefdesigner der Fernsehgeräte war.

In Großbritannien startete es unter dem Namen Ceefax (see the facts) im Experimentalbetrieb 1972 mit 30 Textseiten, auf denen jeweils 24 Zeilen mit 40 Zeichen Platz hatten. In Deutschland wurde das System erstmals unter dem Namen Videotext auf der IFA 1977 gezeigt. Am 1. Juni 1980 starteten ARD und ZDF ihr gemeinsames Videotext-Programm als "zeitsouveränes Informationsangeot", wie es heute heißt. Seitdem wird der Dienst rege genutzt, nicht nur am Fernseher. Heute gibt es Apps für den schnellen Informationszugriff.

Erst war es ein Feldversuch, doch der startete nach geschlagenen 10 Jahren fortlaufender "Versuche" 1990 direkt in den Regelbetrieb. Mit der ersten Sendung wurde der Start von Videotext als schnelles Informationsmedium erklärt. Zunächst sendeten die damaligen TV-Sender gemeinsam mit einer Redaktion in Berlin von 16 Uhr bis Sendeschluss ein Angebot von 60 Seiten, damals Grundtafeln genannt. Später trennten sich die Wege von ARD und ZDF. Gefeiert wird der Start in eine segensreiche Zukunft auf den Seiten 601ff und 890ff. Die Ursprungsidee findet sich auf Seite 150.

40 Jahre Videotext (14 Bilder)

Videotext-Logo (1977) (Bild: ARD-Text)

Videotext war ein umstrittenes Verfahren, dessen Einführung von einer heftigen Debatte um die "Neuen Medien" begleitet wurde. Besonders die Zeitungsverleger klagten, dass ihnen mit einem solchen Informationskanal die Leser wegbrechen würden. Schließlich wurde von den Referenten der Landesrundfunkanstalten gerichtsfest entschieden, dass Videotext unter den Rundfunkbegriff fällt, weil ein Gerät zum Empfang eingeschaltet werden muss.

Bereits in der TV-Sendung zum Start von Videotext fällt auf, wie Redaktionsleiter Alexander Kulpok den Dienst seinerzeit verteidigt. Er spricht von einem Rundfunkangebot der "Presseschau", die mit Videotext frei Haus kam. Auf jeweils drei Seiten pro Zeitung konnten die wichtigsten Schlagzeilen führender Zeitungen abgerufen werden: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurter Rundschau, Handelsblatt, Süddeutsche Zeitung und Die Welt waren als Videotext im Angebot.

Neben diesen 15 Seiten hatte man 60 Seiten für ARD/ZDF und Rundfunkhinweise übrig. Etwa 70.000 Fernseher mit eingebauten Videotext-Decoder und der Fernbedienung mit ihren Zifferntasten sollen 1980 auf dem Markt gewesen sein. Als beliebteste Seite etablierte sich lange vor Einführung des EPG die Seite 303 mit dem aktuellen Fernsehprogramm.

Ab 1983 wurden zwei weitere Zeilen der Austastlücke für Videotext genutzt, was dazu führte, das Videotext erheblich schneller wurde und auf 150 Grundtafeln erweitert werden konnte. Das reichte, damit auch die Landesrundfunkanstalten beginnend mit dem Westdeutschen Rundfunk eigene Videotext-Angebote starteten. Der wichtigste Schritt erfolgte dann in den Jahren 1984/85, als der nötige Videotext-Decoder serienmäßig in alle westdeutschen Fernsehgeräte eingebaut wurde. Er fehlte in den ostdeutschen Empfangsgeräten, weshalb man bereits 1982 damit begann Videotext für alle auszustrahlen.

Mit dem Aufkommen des Privatfernsehens ab 1984 wurde das Informationsangebot noch einmal deutlich größer und enthielt erstmals Werbung, für die bis zu 8000 DM pro Schaltung und Seite fällig wurden. Dazu gab es – und gibt es noch heute – obskure Chat- und Dating-Angeboten auf den hinteren Seiten. Ab 500 und höher tummelten sich Sachen wie die "besten Flirtkontakte" mit Sprüchen wie "Biene Maja sucht Willi". Mit dem Teletext, wie Videotext nun genannt wurde (der Norm-Name DIN 45060 Fernsehtext scheiterte kläglich) wurde auch im Kabelfernsehen der Bürgerkanäle experimentiert. Selbst der Chaos Computer Club bemühte sich 1991, den "Fahrplan" seines Jahresendkongresses im Teletext darzustellen. Das Format fiel durch, da kein echter Rückkanal vorhanden.

Die ARD feiert den Start ihres Videotextangebots vor 40 Jahren mit einer pixeligen "Teletext-Torte".

(Bild: ARD-Text/Birte Morling)

Wie vor nunmehr auch schon 5 Jahren gemeldet, ist das Textangebot ungebrochen populär, mit dem Angebot der ARD als absoluten Spitzenreiter, nunmehr auch als App. Mit der Seite 777 und dem Teletwitter-Angebot hat man sogar einen gewissen Kultstatus erreicht, der besonders bei Tatort-Sendungen greift. Wie die Auflistung internationaler Angebote zeigt, ist Teletext/Videotext im Mutterland Großbritannien längst abgeschaltet. So feiern wir 40 Jahre textbasierte Information und schauen positiv gestimmt in die Zukunft.

Notabene: Videotext/Teletext/Fernsehtext startete am 1. Juni 1980 mit dem Feldversuch eher unscheinbar in eine lang anhaltende Zukunft. Vor 40 Jahren sorgte Bildschirmtext oder auch BTX für größere Schlagzeilen: Am 2. Juni 1980 startete der Feldtest des ersten interaktiven Bürger-Kommunikationssystems in der Region Düsseldorf-Neuss mit 2000 Teilnehmern.

(tiw)