Meta bezahlte Beratungsunternehmen für Anti-Tiktok-Kampagne

Die Consultingfirma Targeted Victory soll von Meta beauftragt worden sein, eine Kampagne gegen Tiktok zu fahren und so von eigenen Problemen abzulenken.

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(Bild: Michael Vi/Shutterstock.com)

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Die Facebook-Mutter Meta hat das republikanische Consultingunternehmen Targeted Victory in den USA für eine landesweite Kampagne gegen Tiktok angeheuert. Dies berichtete die Washington Post am Mittwoch. Demnach ging es Meta darum, die Öffentlichkeit und Politik gegen Tiktok aufzubringen, um von Problemen bei Meta abzulenken.

Die landesweit angelegte Kampagne soll dem Bericht der Washington Post nach die Politik und Öffentlichkeit so beeinflussen, dass die Tiktok-App der chinesischen Betreiberfirma Bytedance als Gefahr für US-amerikanische Kinder und die Gesellschaft wahrgenommen wird. Wie die Zeitung aus ihr zugespielten E-Mails erfahren haben will, sollte dabei die Botschaft vermittelt werden, dass Meta zwar "der aktuelle Sandsack ist, Tiktok aber die wirkliche Bedrohung darstellt". Die App befinde sich in ausländischem Besitz und sei "die Nummer 1 bei der Weitergabe von Daten" junger Teenager.

Konkret beabsichtigte Meta damit, von den eigenen Datenschutz- und Kartellrechtsproblemen abzulenken. Dabei soll Meta darauf abgezielt haben, die aktuellen Regulierungsbemühungen der US-Aufsichtsbehörde Federal Trade Commission (FTC) und in Bearbeitung befindliche Gesetzentwürfe dazu in eine andere Richtung zu lenken und Tiktok als eigentliche Bedrohung darzustellen. Zusätzlich sollte die Kampagne erreichen, von den Schäden der Nutzung von Facebook und Instagram auf Kinder und Jugendliche, von denen Meta wusste und die von Whistleblowerin Frances Haugen im September 2021 ans Licht gebracht worden waren, abzulenken.

Um dies zu erreichen, sollten nach Angaben der Washington Post Meinungsbeiträge und Leserbriefe über die wichtigsten Nachrichtenagenturen der USA sowie "dubiose Geschichten über angebliche Tiktok-Trends", verbreitet werden. Dazu habe Targeted Victory seine Partner ermuntert, Beispiele für schlechte Tiktok-Trends und negative Einflüsse der App an Lokalmedien zu verschicken. Firmenintern soll Targeted Victory eine Linkliste unter dem Titel "Bad Tiktok Clips" mit Nachrichtenmeldungen lokaler Medien gesammelt haben, um sie an Partner zu versenden, die damit Druck auf den Gesetzgeber ausüben sollten.

Dies soll laut Washington Post beispielsweise auch Erfolg im Rahmen des "devious licks"-Trends gehabt haben, bei dem Schüler Eigentum der Schule entwenden und die gestohlenen Gegenstände dann auf Tiktok posten. Lokale Medien hätten die lancierte Linkliste zu den "Bad Tiktok Clips" aufgegriffen und in mehreren US-Bundesstaaten Berichte ausgelöst. Derzeit prüfen Justizminister mehrerer US-Bundesstaaten, welche schädlichen Auswirkungen Tiktok auf Jugendliche hat. Eine Untersuchung von Anna Foley vom Podcast-Netzwerk Gimlet lege jedoch nahe, dass die "devious licks" zunächst auf Facebook zu sehen waren, nicht auf Tiktok.

Dem Zeitungsbericht nach habe Targeted Victory in diesem Fall wie auch in anderen Fällen zu verschleiern versucht, Urheber der lancierten Meinungsartikel und Leserbriefe zu sein. In keinem der Fälle sei ersichtlich gewesen, dass im Auftrag von Meta gehandelt worden sei. Ein Unternehmenssprecher von Meta wollte zu den Vorwürfen gegenüber der Washington Post keine Stellung nehmen, verwies aber darauf, dass aufstrebende Plattformen wie Tiktok einer Prüfung unterzogen werden sollten. Tiktok äußerte sich angesichts der Kampagne besorgt.

Die US-Consulting-Firma Targeted Victory wurde 2012 als republikanische digitale Beratungsfirma gegründet, erhält von den Republikanern den größten Anteil ihrer Wahlkampfausgaben. Allein 2020 seien so 237 Millionen US-Dollar an das Unternehmen geflossen, zeige eine Zusammenstellung des Watch Dogs OpenSecrets. Meta beziehungsweise Facebook soll bereits seit mehreren Jahren eine Geschäftsbeziehung mit Targeted Victory pflegen, heißt es in dem Zeitungsbericht.

Der Konzern habe sich bei unterschiedlichen Herausforderungen wie etwa dem "Cambridge Analytica"-Skandal verschiedener Spezialisten bedient, um die Öffentlichkeit und Politik in die gewünschte Richtung zu beeinflussen. Das lässt sich Meta einiges kosten: Für Lobbyarbeit auf Bundesebene seien 2021 in den USA rund 20 Millionen Dollar geflossen, habe OpenSecrets herausgefunden.

(olb)