Abwrackprämie: Proteste vor dem Autogipfel

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Für den kommenden Dienstag lädt Angela Merkel ins Kanzleramt, um Geschenke zu verteilen. Nicht alle sind begeistert

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Die diskutierten Konjunkturhilfen für die Automobilbranche erhitzen weiter die Gemüter. Der Bund für Umwelt und Naturschutz verlangt "Investititionen in nachhaltigen Verkehr statt klimaschädlicher Autoprämien", die Naturfreunde Berlin fordern "Geld für Pflege statt für Autos" und das Aktionsbündnis "Sand im Getriebe" kündigt für den morgigen Freitag dezentrale Proteste an. Bundeskanzlerin Angela Merkel wolle im kleinen Kreis Hilfen für die Automobilbranche aushandeln, ohne dass die Wissenschaft oder Umweltverbände gefragt werden.

"Wir brauchen insgesamt weniger Autos auf den Straßen! Jede Maßnahme, die deren Verkauf ankurbeln soll, ist deswegen schädlich und nicht legitim. Mit einer Abwrackprämie werden unvermeidbare Veränderungen hinausgezögert und dabei die Klimaziele geopfert. Statt vor der Autolobby einzuknicken und die Verkehrswende zu begraben, müssen Hilfen an einen grundlegenden und sozialen Umbau der Branche geknüpft werden!"
Marie Klee, Sprecherin von "Sand im Getriebe"

Die Entscheidung über die Abwrackprämie geht inzwischen in den Endspurt. Am Dienstagabend hatte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier per Video-Konferenz mit dem Verband der Automobilindustrie, der Industriegewerkschaft Metall sowie seinen Amtskolleginnen und -kollegen aus den Ressorts Umwelt, Finanzen, Arbeit und Verkehr Vorschläge der Ministerien besprochen, die am kommenden Dienstag dem sogenannten Autogipfel vorgelegt werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel will auf diesem mit Vertretern der Industrie beraten, wie der Pkw-Absatz wieder angekurbelt werden kann.

Ob das nun eine Abwrackprämie selbst für die übelsten Stinker sein wird, von der, wie berichtet, der Spiegel geschrieben hatte, eine Förderung allein für Elektroautos oder irgendwas dazwischen, ist noch immer offen. Im Wirtschaftsministerium heißt es nur, man wolle "die Innovationskraft der Autoindustrie stärken".

Darunter wird dort unter anderem Automatisierung der Industrie, autonom fahrende Pkw und "effiziente Antriebe" verstanden. Letzteres ein Pseudonym sowohl für Wasserstoffautos, für synthetische Kraftstoffe und für elektrisch betriebene Pkw. Deren Verkauf wird schon jetzt gefördert und ist mitunter die reinste Mogelpackung. Zuschüsse gibt es nämlich auch für sogenannte Plug-In-Fahrzeuge, die sowohl einen Verbrennungs- als auch einen Elektromotor haben.

Zu befürchten ist, dass diese in Zukunft noch stärker subventioniert werden. Weshalb das ein Problem wäre, hat das ARD-Magazin Monitor hier anschaulich beschrieben.

Wegen des gewährten Steuervorteils sind sie vor allem als Firmenwagen beliebt. Oft haben die Elektroantriebe aber nur lächerlich geringe Reichweiten. Da die Fahrer als Angestellte außerdem kein eigenes Interesse haben, Spritkosten zu sparen, würden die vermeintlichen Öko-Autos fast ausschließlich mit Benzin oder Diesel gefahren. Das aber ist besonders fatal. Denn wegen des Elektromotors haben die Wagen mehr Gewicht zu bewegen, weshalb ihr Verbrauch letztlich größer sei, als bei einem vergleichbaren konventionellen Fahrzeug.

Subventionen und dann?

Eine offene Frage ist dabei, was mit staatlicher Hilfe überhaupt zu retten ist. Konkrete Zusagen für den Erhalt von Arbeitsplätzen im Gegenzug zu den erhofften Geschenken vom Fiskus gibt es nicht, und ein Blick auf die französische Autobranche zeigt, wie wenig damit zu rechnen ist.
Nahezu zeitgleich mit der Zusage der dortigen Regierung, den Kauf von Neuwagen kräftig zu subventionieren (7000 Euro für E-Autos, 2000 für Plugins und im begrenzten Umfang auch für Verbrenner), kündigt Renault Nissan an, weltweit 15 Prozent der Belegschaft vor die Tür zu setzen. Etwas mehr als die Hälfte der Entlassungen war allerdings schon 2019 geplant worden.

Denn die Branche steckt nicht nur wegen der Pandemie in der Krise. Die Unternehmensberater von Roland Berger rechnen in einer kleinen Marktstudie damit, dass sich der Automobilmarkt frühestens 2022, vielleicht aber auch erst 2025 erholt haben wird. Außerdem weist die Analyse darauf hin, dass der Absatz auf dem Weltmarkt bereits 2019 um vier Prozent zurückgegangen war.

Die Autoren gehen davon aus, dass die Nachfrage sich eher in das schlichtere und kleinere Segment verlagert. Die deutschen Autokonzerne haben ihr Geschäft in den letzten Jahren hingegen vor allem im Luxussegment der SUV gemacht.

Widerspruch gegen die Abwrackprämie kommt derweil auch von unerwarteter Seite: "Branchenspezifische Hilfen wie Abwrack- oder Kaufprämien über die bestehenden Kaufprämien hinaus lehnen wir ab", zitiert die Augsburger Allgemeine aus einer Stellungnahme des Parlamentskreises Mittelstand in der Unionsfraktion.