Affentheater

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Dr. Bernd Steinbrink

Vor kurzem kündeten Sony-Presseabteilungen von neuen wiederbeschreibbaren DVD-Formaten mit 12 Gigabyte Kapazität auf einer Seite. Kurz darauf legte Matsushita Electric Industrial nach mit einer 15-GByte-Disc. Ermöglicht werden soll die höhere Kapazität gegenüber der aktuellen DVD-RAM mit 2,6 GByte durch einen blauen Laser, genauer einem blaugrünen Laser. (Heutzutage werden sowohl für CD-ROM und DVD Laserdioden im infraroten Lichtspektrum verwendet.) Diese Announcements verraten natürlich nichts darüber, daß Philips seit 1996 von der Entwicklung eines blauen Lasers spricht und spätestens seit der 1997er CeBIT davon, daß er fertig sei.

Die Message bei den beiden Pressemeldungen ist denn auch eher, daß es nichts Neues in Sachen DVD gibt. Sie sollen vielmehr davon ablenken, daß DVD wieder in einer Sackgasse steckt. Der Bremsklotz ist wieder einmal - oder immer noch - der Kopierschutz für DVD-Video.

Die Filmindustrie hatte Matsushitas CSS-Verfahren (Content Scrambling System) als technischen Schutz akzeptiert, aber wohl nur, wenn gleichzeitig durch die amerikanische Gesetzgebung jede Umgehung dieses Kopierschutzes zur strafbaren Handlung würde. Offenbar kommt die Initiative der Filmleute, die in der hohen Politik entsprechende Lobbyarbeit verrichten sollte, nicht recht voran. Nun wird weitergestritten. Ist Matsushitas Scrambling System jetzt nicht mehr sicher genug?

Pessimisten befürchten, daß durch die neuen Verhandlungen das - wieder einmal - versprochene Weihnachtsangebot an DVD-Titeln doch deutlich geringer ausfallen könnte.

Auch wenn die mißlungene Markteinführung der DVD und was nun wieder abläuft mit Affentheater bezeichnet werden könnte, so ist mit `12 Monkeys´ doch nicht das Konsortium gemeint (darin sitzen nämlich 10 Firmen), sondern ein DVD-Titel. Um diesen Video-Titel `12 Monkeys´ ist weiterer Streit entbrannt. Die DVD-Video-Disc im PAL-Format enthält nämlich Audio-Informationen als MPEG-1, Layer II Stereo und zudem Dolby AC-3 Surround Sound. Zu Unrecht, meinte Philips: sehe der Standard doch vor, daß der Surround-Sound bei NTSC-Discs durch Dolby AC-3, bei PAL aber durch MPEG-2 Multichannel Audio abgedeckt werde. Umgekehrt sei Dolby AC-3 für PAL und MPEG-2 für NTSC nur als zusätzliche Option zugelassen.

Falsch, sagte nun das DVD Forum Executive Committee und schloß sich der Dolby-Interpretation des Standards an, denn die Anzahl der obligatorischen MPEG-Kanäle sei nicht vorgeschrieben, mithin reichten auch zwei. Damit wäre Philips gehörig düpiert, denn der niederländische Konzern hat in seiner Produktplanung darauf vertraut, für PAL-DVDs sei MPEG-2-Multikanal-Audio obligatorisch, wenn Sourround-Sound verwendet werde. Eine Ankündigung des DVD-Konsortiums Anfang des Jahres hatte Philips ausdrücklich in dieser Auffassung unterstützt. Danach stellten die `12 Monkeys´ einen Verstoß gegen den Standard dar. (bb) (bb)