Angriff aufs Capitol: Den Worten im Internet folgten die Taten

Vor den Protesten in Washington, aus denen heraus am Mittwoch das US-Parlament gestürmt wurde, hatten Stichwortgeber online schon explizit zu Gewalt aufgerufen.

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Flagge der USA

(Bild: Marian Weyo/Shutterstock.com)

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Der am Mittwoch von Trump-Anhängern unternommene Sturm auf das Parlament der USA war bei weitem nicht so spontan und unvorhersehbar, wie es etwa die Bilder von überwältigten Polizisten nahelegen.

Auf einschlägigen Plattformen wie der Messaging-App Telegram, der bei Rechten zuletzt beliebten Twitter-Alternative Parler und der Seite einer von Reddit verbannten großen Pro-Trump-Gruppe war es schon vorher in Bezug auf die Demonstration um Waffen und mögliche Gewalt gegangen, berichtete die Washington Post am Dienstag. Angestachelt wurde das vom abgewählten US-Präsidenten Donald Trump, der Mitte Dezember auf Twitter gefordert hatte, "Be there, will be wild!".

Am Mittwoch hatten Demonstranten das Kapitol in Washington D.C. gestürmt und die angesetzte Bestätigung des Wahlergebnisses unterbrechen. Der Mob war auf Aufforderung Trumps zu dem Parlamentsgebäude gezogen, in das dann eine beträchtliche Zahl von Menschen eindringen konnte. Vier Personen kamen dabei ums Leben, eine Frau wurde erschossen. Es wurden Rohrbomben sichergestellt. Mit einem Video sollte Trump die Angreifer eigentlich auffordern, von Gewalt abzusehen. Mit der erneuten Behauptung, die Wahl sei gefälscht worden, dürfte er aber nicht viel zur Beruhigung beigetragen haben. Inzwischen konnten die beiden Parlamentskammern wieder zusammentreten und Joe Bidens Wahlsieg bestätigen.

Nun weisen Beobachter darauf hin, dass die gewalttätigen Ausschreitungen quasi unter den Augen der Öffentlichkeit vorbereitet worden waren. Nachdem Reddit im Sommer den großen Pro-Trump-Bereich "The_Donald" gesperrt hatte, hatten sich viele der beteiligten Nutzer auf eine eigene Website gleichen Namens zurückgezogen. Dort war in Bezug auf die geplante Demonstration vom Mittwoch immer wieder davon zu lesen, man solle Waffen nach Washington D.C. mitbringen, auch wenn die in der US-Hauptstadt nicht getragen werden dürfen. Auch anderswo im Netz, etwa auf Parler, sei in Vorbereitung der Aktionen immer wieder die Aufforderung verbreitet worden, bewaffnet zu kommen, hatte die Washington Post vorab zusammengetragen.

Für Beobachter der Szene waren die Geschehnisse dann auch nicht überraschend und logische Folge mehrere Entwicklungen, berichtet CNN. Daniel Jones von der NGO Advance Democracy etwa sagte dem Nachrichtensender, man habe in den Tagen vor den Ereignissen noch nie dagewesene Aufrufe zur Gewalt von Trumps entschiedensten Unterstützern gesehen. Der abgewählte Präsident habe das durch seine ununterbrochenen Lügen über angebliche Wahlfälschungen angefeuert. Die Anti-Defamation League erklärte in einem Statement, am Anfang habe es online explosive Rhetorik gegeben, dann explizite Aufrufe zur Gewalt und schließlich hätten Menschen danach gehandelt.

Noch nach Beginn des Angriffs auf das Kapitol und während Parlamentarier sowie Reporter an geheimen Orten in Sicherheit gebracht worden waren, hatte Donald Trump in einer Videobotschaft behauptet, er habe die Wahl eigentlich gewonnen. Auf diese Lüge hatten sich auch viele der Angreifer bezogen und sich dabei unter anderem auf die gefährliche Verschwörungserzählung QAnon berufen. Sie wollten die Bestätigung des Wahlsiegs von Trumps Herausforderer Joe Biden verhindern, damit Trump weiter US-Präsident bleiben kann. Nachdem Vizepräsident Mike Pence als Vorsitzender des Senats schließlich Bidens Wahlsieg bestätigt hat, fordern Stichwortgeber der Proteste nun dessen Hinrichtung.

Zu den Ereignissen in den USA:

(mho)