Auto-Experte könnte bei Infineon gefragt sein

Mit Wolfgang Ziebart, Vize-Chef des Autozulieferers Continental, wird nun wohl ein ausgesprochener Auto-Experte mit Erfahrung bei System-Lösungen neuer Infineon-Chef.

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Von
  • Axel Höpner
  • dpa

Auf den Wachstumsmarkt Automobilelektronik setzt der Chiphersteller Infineon große Hoffnungen. Wegen der immer hochwertigeren Ausstattung der Fahrzeuge steigt die Nachfrage konstant. Für Infineon ist das so ein guter Ausgleich zum hoch volatilen Speichergeschäft, das in guten Zeiten hohe Gewinne und im Abschwung massive Verluste bringt. Mit Wolfgang Ziebart, Vize-Chef des Autozulieferers Continental, wird nun wohl ein ausgesprochener Auto-Experte mit Erfahrung bei System-Lösungen neuer Infineon-Chef. Ziebart hat bereits einen Großteil seiner Karriere in München erlebt. Im Zuge der Trennung von Rover ging er als Entwicklungsvorstand bei BMW. Wie viele andere frühere BMW-Manager fand er aber schnell wieder einen Job in der Branche.

Heute hieß es in Branchenkreisen, Ziebart solle in der kommenden Woche dem Infineon-Aufsichtsrat vorgestellt werden. Teile des Continental-Aufsichtsrates habe Ziebart bereits über seine Wechselabsichten informiert. Ziebart wolle an die Spitze eines großen Unternehmens, bei Continental sei dies aber nicht möglich, hieß es dort in Aufsichtsratskreisen. Infineon hielt sich dagegen in der Nachfolge-Frage weiter bedeckt.

Vor einem Jahr hatte Ziebart noch in Berlin gemeinsam mit Infineon-Chef Ulrich Schumacher über die Zukunft des Standorts Deutschland diskutiert. Die Attraktivität des Standorts könne nur durch die permanente Bereitschaft zu Veränderungen erhalten werden, waren sich die beiden damals einig. Als Nachfolger Schumachers müsste Ziebart nun auch entscheiden, ob weitere Konzernteile ins Ausland verlagert werden. Die Pläne hatten Schumacher zu einem Feindbild für viele Arbeitnehmervertreter gemacht.

Derzeit ist der 54-jährige Niedersachse stellvertretender Chef des Reifenkonzerns Continental. Im Vorstand ist er für den Bereich Automotive Systems verantwortlich, in dem unter anderem elektronische Brems- und Airbag-Systeme gefertigt werden. "Er war schon immer ein Experte für die Prozessbeherrschung", sagt ein Branchenkenner. Auch Infineon werde in einigen Jahren nicht mehr nur reine Chips herstellen, sondern integrierte Kleinstmodule. Im Systemlösungsgeschäft sind deutlich höhere Margen zu erzielen. Hier könne Ziebart seine Erfahrung von Continental mitbringen. Noch aber ist alles offen, Verträge sind noch nicht unterschrieben.

Ziebart hatte 1973 sein Maschinenbau-Studium an der Technischen Universität in München als Diplom-Ingenieur abgeschlossen. Drei Jahre blieb er an der TU, arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Mechanik und promovierte 1976. Im Anschluss ging es direkt zu BMW, wo Ziebart zunächst in der Fahrzeugvorentwicklung und in der Fertigung arbeitete und schnell aufstieg. 1992 wurde er Leiter der Hauptabteilung Karosserie und Fahrzeugelektronik. In den Folgejahren leitete er den Bereich Kleine Baureihe und war so für den Erfolg der aktuellen 3er-Reihe verantwortlich. 1999 rückte der Entwickler folgerichtig in den Vorstand auf. Er wurde berufen, als Vorstandschef Bernd Pischetsrieder über das Rover-Problem stolperte.

Doch im Zuge der Trennung von Rover musste er im Frühjahr 2000 gemeinsam mit zwei weiteren Vorstandsmitgliedern gehen. Bei BMW ist er dennoch noch immer hoch angesehen. Noch im selben Jahr fing er als Vorstandsmitglied bei Conti an. Vor zweieinhalb Jahren stieg er zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden auf.

Bei Infineon würde eine schwere Aufgabe auf den Manager warten. Er müsste einerseits weiter die Kosten senken, andererseits aber das Verhältnis zur Arbeitnehmerseite verbessern. Vorgänger Ulrich Schumacher war unter anderem über seinen selbstherrlichen Führungsstil gestolpert. "Ziebart ist ein völlig uneitler Mann, der gern im Team arbeitet", sagt einer, der mit ihm zusammengearbeitet hat. (Axel Höpner, dpa) / (anw)