Bertelsmann-Stiftung rührt Trommel für Internet-Demokratie

"Stehen wir vor der Errichtung einer repäsentativen Online-Demokratie?", fragt nun auch die Bertelsmann-Stiftung. Sie will für die ICANN-Wahlen werben.

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Von
  • Monika Ermert

Seit knapp zwei Jahren wird die Verwaltung des Domain Name System (DNS) umgekrempelt; seitdem Online-Wahlen für die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) anstehen, möchten alle wissen, wer das Internet eigentlich regiert. "Stehen wir vor der Errichtung einer repäsentativen Online-Demokratie?", fragt nun auch die Bertelsmann-Stiftung. Auf der Homepage democratic-internet.de will die Stiftung über die Natur der Internet-Verwaltung informieren und für mehr europäische und deutsche Beteiligung an den WWW-Wahlen der ICANN werben. Dazu hat auch die EU in ihrem aktuellen Statusbericht zur "Organisation und Verwaltung des Internet" Stellung genommen.

"In Europa fehlen ja bisher moderne und akzeptable Regulierungsmodelle für das Netz", sagt Christian Ahlert. Er soll für die Stiftung gemeinsam mit der Sozialwissenschaftlernin Jeanette Hofmann, dem Politikwissenschaftler Claus Leggewie und dem Juristen Herbert Burkert bis Ende Mai eine Studie "Internet Governance, Demokratie und ICANN" erarbeiten. Die Europa-Perspektive will man im Juni bei einer Konferenz in Gütersloh vorstellen. Sie dient der Stiftung aber auch als Vorbereitung, sich in die von der ICANN ausgeschriebene Begleitforschung der ersten Online-Wahlen einzubringen. Bislang hatten sich darum vor allem US-amerikanische Institute beworben.

Wie anders eine europäische Variante der Internet-Verwaltung aussehen könnte, zeigen die Überlegungen Ahlerts. "Ich könnte mir eine aktivere Rolle des Staates vorstellen. Nicht im Sinn einer Top-down-Regulierung. Aber als Mittler zwischen den verschiedenen Interessen, die bei der Regulierung des Netzes aufeinander prallen", erklärt er. In der US-amerikanischen und der klassischen Techniker-Internet-Community dürften solche Überlegungen einen Aufschrei des Entsetzens hervorrufen. Die in der ICANN konzentrierte Verhandlungsmacht, so Ahlert, mache sie aber in Zukunft schlicht zu einem "natürlichen Ort", an dem über die Organisation des Netzes entschieden werde. (Monika Ermert) (jk)