Bitte kein Bargeld: Dürfen Händler auf Kartenzahlung bestehen?

Wegen der Corona-Pandemie heißt es derzeit oft Karte statt Bargeld. Doch dürfen Händler Barzahlungen ablehnen?

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Bitte kein Bargeld: Dürfen Händler auf Kartenzahlung bestehen?

(Bild: Shutterstock/Pressmaster)

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"Bitte zahlen Sie mit Karte" steht derzeit an vielen Kassen der Supermärkte und Einzelhandelsgeschäfte. Auch in Restaurants wird Kartenzahlung gern gesehen. Wegen der Corona-Pandemie sollen Menschen direkten Kontakt vermeiden – also soll möglichst auch kein Bargeld von Hand zu Hand gehen.

Was passiert aber, wenn ein Kunde sich weigert, der Aufforderung nachzukommen? Dürfen Händler oder Gastronomen die Annahme von Bargeld in ihrem Geschäft vollständig ablehnen?

Prinzipiell ist Bargeld das gesetzliche Zahlungsmittel in Deutschland. Gemäß §14 im Bundesbankgesetz sind auf Euro lautende Geldscheine sogar unbeschränkt anzunehmen. Ist damit also alles geregelt? Nein, denn auch hier gibt es Ausnahmen. Und es gibt das Prinzip der Vertragsfreiheit, das höher wiegen kann, wobei die rechtlichen Details dazu unter Fachleuten umstritten sind.

Auf die Vertragsfreiheit verweist auch Ulrich Binnebößel vom Handelsverband Deutschland (HDE) in Berlin. Aus der folge: Händler und Kunden können den Inhalt des Vertrages und damit auch die Art und Weise der Zahlung frei bestimmen.

Der Händler müsse also nicht zwangsläufig Bargeldzahlungen akzeptieren. "Eine andere Frage ist sicherlich, ob ein solches Verhalten besonders kundenfreundlich ist." Voraussetzung für dieses Vorgehen ist aber, dass der Händler Kunden vor dem Abschluss des Kaufvertrags explizit darüber informiert, welche Zahlung er nicht akzeptiert. Ein Hinweisschild vor dem Eingang oder spätestens an der Kasse genügt.

Händler können auch Zahlungen mit großen Scheinen zurückweisen, wenn diese in einem besonderen Missverhältnis zum Preis stehen, und darauf verweisen, nicht genug Wechselgeld zu haben. "Man sieht dies recht häufig an Tankstellen, wo große Banknoten nicht akzeptiert werden", nennt Binnebößel als Beispiel. Allen barzahlenden Kunden das entsprechende Wechselgeld wiederzugeben, "wäre kaum möglich, wenn früh morgens schon mehrere Kunden mit großen Scheinen bezahlen wollen", so Binnebößel.

Der Händler darf ebenfalls Kunden wegschicken, die mit einem Beutel voller Münzen kommen. "Die Einzelhandelsunternehmen sind nicht verpflichtet, mehr als 50 Münzen bei einer einzelnen Zahlung anzunehmen", erklärt Binnebößel. Das geht aus der Verordnung zur Einführung des Euro hervor – und gilt in allen Ländern der Europäischen Währungsunion.

Die Deutschen hängen an ihrem Bargeld. Dennoch nutzen viele zunehmend bargeldlose Zahlungsarten – gerade jetzt während der Corona-Pandemie.

"Wir beobachten aktuell einen weiter beschleunigten Trend zu bargeldlosen Zahlungen", erklärt Cornelia Schulz, Pressesprecherin für die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) – dort ist der Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken derzeit federführend.

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Auch Händler, die bisher am Bargeld festhielten, stellen laut Schulz angesichts der Corona-Pandemie vermehrt auf kontaktlose Bezahlungen um – also auf girocard oder Kreditkarte. So könne der Bezahlvorgang an der Kasse mutmaßlich hygienisch, sicher und schnell vonstattengehen.

Neben der physischen Karte können Kunden immer häufiger auch kontaktlos zahlen. Dies entspreche "denselben hohen Sicherheitsstandards der Deutschen Kreditwirtschaft wie kontaktbehaftete Kartenzahlungen", erläutert Schulz.

Kontaktlos zahlen können Kunden auf vielfältige Weise, mit der Girokarte, der Kreditkarte oder dem Smartphone. Einfach die Karte oder das Smartphone mit einigen Zentimetern Abstand an das Lesegerät halten, schon wird der Betrag abgebucht – wenn die entsprechende Funktion aktiviert ist.

Bei kleineren Beträgen ist die Eingabe einer PIN meist nicht notwendig. "Bisher waren in Deutschland meist nur Zahlungen bis 25 Euro ohne PIN möglich", sagt Michael Herte von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. "Aufgrund der Corona-Pandemie wurde diese Grenze auf 50 Euro angehoben."

Unabhängig von dem höheren Limit müssen Verbraucher allerdings zwischendurch ihre Geheimnummer wieder eingeben – spätestens nach fünf Transaktionen oder nach einer Gesamtsumme von maximal 150 Euro. Und spätestens hier kommt man wieder mit einem PIN-Terminal in Berührung, das schon viele andere angefasst haben. Wirklich kontaktlos und hygienisch ist man nur mit Zahlverfahren via Smartphone, bei denen die Verifikation über das Gerät selber erfolgt. Generell stuft die Bundesbank aber auch das Infektionsrisiko bei Bargeldzahlungen als äußerst gering ein.

Ob Bargeld oder Karte – bei beiden Zahlungsarten entstehen dem Händler Kosten. Diese kann er an den Kunden weitergeben - etwa über die Preise. "Direkte Zusatzkosten fallen für den Kunden aber nicht an, egal wie er zahlt", sagt Binnebößel.

Allerdings kann es passieren, dass Kunden bei ihrer Bank für jede bargeldlose Zahlung eine Gebühr entrichten müssen. "Das kommt auf das persönliche Kontomodell an", sagt Herte.

Wer etwa für jede Transaktion ein Entgelt bezahlt, "wird am Monatsende bei der Kontoabrechnung staunen, wenn die Girokarte oft zum Einsatz gekommen ist", warnt Herte.

Verbraucher sollten daher unbedingt die Gebühren checken, bevor sie zugunsten des bargeldlosen Zahlens auf Scheine und Münzen verzichten. Manchmal findet man diese Kosten im Preisaushang der Bank unter allgemeinen Begriffen wie "beleglose Buchung" und "Basislastschrift".

"Im Zweifel hilft es, ganz konkret bei der Bank nachzufragen, ob die Kartenzahlung im Supermarkt etwas kostet", rät Herte. Besonders Konten ohne oder mit geringer Grundgebühr können hohe Einzelentgelte auslösen – so die Erfahrung des Verbraucherschützers.

Wollen Kunden die Kosten für die Kartenzahlung vermeiden, können sie über einen Kontowechsel nachdenken. "Allerdings gibt es kostenlose Kartenzahlungen eher bei den höherpreisigen Kontomodellen", gibt Herte zu bedenken. Verbraucher müssten also abwägen, ob sie die Karte oft genug einsetzen, dass sich der Kontowechsel lohnt.

[UPDATE, 30.07.2020, 12:15]

Eine frühere Fassung gab die rechtliche Situation über gesetzliche Zahlungsmittel nur ungenau wieder. Der Artikel wurde entsprechend überarbeitet.

(Mit Material der dpa) / (mho)