Bitte lächeln - Ihre Verhaftung wird gefilmt

Das britische Innenministerium stellt weitere drei Millionen Pfund für die Anschaffung mobiler Videokamerasysteme zur Verfügung, die Polizisten bei Einsätzen künftig mitführen sollen. Doch das Tragen der Body-worn-Video-Geräte ist nicht ganz ungefährlich.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Peter-Michael Ziegler

Das britische Innenministerium stellt weitere drei Millionen Pfund (4,4 Millionen Euro) für die Anschaffung mobiler Videokamerasysteme zur Verfügung, die Polizisten in ganz England und Wales künftig bei Einsätzen mitführen sollen. Die so genannten BWV(Body-worn-Video)-Devices stammen von Archos und bestehen aus einer Kamera und einem kleinen DV-Rekorder. Die Mini-Kamera wird an der Schirmmütze oder am Helm befestigt und soll alles filmen, was der Polizist sieht. Der Rekorder mit 120 GByte-Festplatte soll bis zu 400 Stunden lang Videobilder im MPEG-4-Format und MP3-Ton aufzeichnen können. Den Stückpreis pro System beziffert das Innenministerium mit rund 1700 Pfund (2500 Euro).

Getestet wurden die Systeme unter anderem mehrere Monate von der Devon and Cornwall Constabulary in Plymouth im Südwesten Englands. Auf Grundlage der Erfahrungen im Rahmen dieses Pilotprojekts hat das Police and Crime Standards Directorate (PCSD) jetzt einen mehr als einhundert Seiten starken Leitfaden (PDF-Datei) für den Umgang mit BWV-Systemen bei der Polizei erstellt. Bewährt hätten sich die mobilen Videokamerasysteme vor allem im Bereich der Beweissicherung, heißt in dem Bericht. So könnten Beamte bei der Protokollierung eines Vorfall sehr viel genauer wiedergeben, was sie gesehen und gehört haben. Auch die Aufnahme von Zeugenaussagen vor Ort werde damit deutlich vereinfacht.

Zwar wird in dem Report festgehalten, dass die Systeme nicht bei normalen Kontrollgängen eingesetzt werden sollten, doch die Betonung liegt wie bei den meisten Einsatzbeschränkungen auf "sollte": Es "sollte" vor jeder BWV-Nutzung ein schriftliches Einsatzprotokoll angefertigt werden, die Beamten "sollten wenn möglich" betroffene Zivilpersonen von der Videoaufzeichnung in Kenntnis setzen. Sämtliche Aufnahmen dürfen einen Monat lang gespeichert werden, auch wenn darin keinerlei beweisrelevanten Dinge zu sehen oder zu hören sind. Zugriffsberechtigt sind Personen mit einem "operativen Interesse". Strikt verboten ist allerdings der BWV- Einsatz bei intimen Leibesvisitationen.

Laut Report wurden die BWV-Systeme in Plymouth während der sechsmonatigen Pilotphase insgesamt 1564 Mal ausgegeben. Die Träger filmten 3054 Mal, die durchschnittliche Aufnahmedauer betrug etwas mehr als zehn Minuten. Knapp 29 Prozent der Aufnahmen wurden als mögliches Beweismittel für Strafverfolgungsmaßnahmen im Rahmen des Criminal Justice System (CJS) eingestuft. Nach Angaben der Devon and Cornwall Constabulary konnten seit Einführung der mobilen Videokamerasysteme rund zehn Prozent mehr gewalttätige Vorkommnisse in Zusammenhang mit einer Straftat gestellt werden (81,7 statt 71,8 Prozent). Der Anteil der Anzeigen wegen öffentlicher Ruhestörung stieg von 2,4 auf 3,9 Prozent.

Die Zahl der Beschwerden über Polizisten sei um 14,3 Prozent gesunken, heißt es weiter in dem Bericht. Klagen über Beamte, die mit BWV ausgestattet waren, habe es gar keine gegeben. Insgesamt hätten die Beamten 22,4 Prozent weniger Zeit für Schreibarbeit aufwenden müssen. Die Zeit, die die Officer draußen auf Patrouille verbracht hätten, sei dagegen um 9,2 Prozent gestiegen. Ganz ungefährlich ist der Job eines BWV-Officers auf der Straße allerdings nicht: Laut Gutachten besteht ein "mittelhohes Risiko", dass Beamte von einem Angreifer mit dem Kabel, das Kamera und Rekorder verbindet, stranguliert werden könnten. (pmz)