Britische Provider und BBC streiten weiter über Netzkosten

Stein des Anstoßes ist der beliebte Streaming-Dienst der BBC, der allein schon bis zu 5 Prozent des Traffics verursachen soll. Die Provider wollen Inhalteanbieter an den Kosten für den Netzausbau beteiligen.

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In der Debatte um die Netzwerkkosten, die das zum Jahresende 2007 offiziell eingeführte Streaming-Angebot der britischen BBC ausgelöst hatte, haben die streitenden Parteien frisches Öl ins Feuer gegossen. Nachdem ein BBC-Mitarbeiter in einem Blogbeitrag den Zugangsanbietern öffentliche Ratschläge erteilt hatte, konterte Tiscali-Chef Simon Gunter und forderte erneut eine Beteiligung der BBC an den Netzkosten der Provider.

Die Debatte kam bald nach dem Start zum ersten Testlauf des iPlayers in Gang. Die britischen Provider ächzen unter der Datenflut, die das Streaming-Angebot der BBC seither verursacht. Bis zu fünf Prozent des Datenaufkommens bei den Providern soll alleine auf die Kappe des iPlayers gehen, sagen die betroffenen Unternehmen. Das spüren vor allem jene Anbieter direkt im Geldbeutel, die kein eigenes großes Netz haben. Sie kaufen ihre Anbindung bei der British Telecom ein und rechnen dort per Gigabyte ab, vermarkten aber "unbegrenzte" Tarife – die das im Ernstfall dann nicht sind; auf dem britischen Breitbandmarkt wiederholt sich die Geschichte der unrühmlichen Pseudo-Flatrates, die auch bei Providern hierzulande einmal beliebt waren.

An der Oberfläche geht es ums Geld und Mehrkosten, die den Providern bei sinkenden Internettarifen die Kalkulation verhageln. Auch die Kunden werden plötzlich zur Kasse gebeten: von den Providern, deren "unbegrenzte" Tarife dann doch nicht so unbegrenzt waren, wie in großen Lettern beworben wurde. Die Schlagzeilen über iPlayer-Nutzer mit explosionsartig wachsenden Internetrechnungen können den Providern nicht gefallen.

Doch spielen in der Debatte weitere Fragen eine gewichtige Rolle: Netzneutralität, die Preismodelle der Provider und die Konsolidierung der Branche sowie die Regulierung. Natürlich kommt in diesem Zusammenhang die auch hier immer gern gestellte Grundsatzfrage auf, was öffentlich-rechtliches Fernsehen sich eigentlich alles auf Kosten der freien Wirtschaft erlauben darf.

Der Tiscali-Chef will das öffentlich-rechtliche Fernsehen nicht mit eigener Netzleistung subventionieren und droht, eine "BBC-Steuer" auf die Endkundenpreise aufzuschlagen. Er reagiert damit auf die wohlgemeinten Vorschläge des BBC-Strategen Ashley Highfield. Die Provider, meint Highfield, sollten klarere Werbeaussagen treffen und mit "unbegrenzt" auch unbegrenzt meinen. Andernfalls könne er sich "Empfehlungen" vorstellen, mit denen sich Inhalteanbieter wie die BBC für bestimmte Provider aussprechen könnten, bei denen ihre Angebote gut funktionieren.

Allerdings ist nicht auszuschließen, dass die Provider hier ein rein wirtschaftliches Problem politisieren, schließlich sollten sie ihre Kapazitäten der Nachfrage anpassen. Die Überlegung teilt auch der BBC-Mann, der seine Thesen allerdings als Diskussionsgrundlage und nicht als Empfehlungen verstanden wissen will. Doch fragt sich Highfield auch, ob nicht ein weiterer, tiefer Eingriff der Regulierungsbehörde Ofcom nötig ist, um den Providern für ihre künftige Entwicklung neuen Raum zu geben. Das beträfe dann wohl vor allem BT Wholesale, die proppere Großhandelstochter des ehemaligen Monopolisten British Telecom.

Noch eine politische Komponente hat der Streit um die BBC-Datenflut durchaus. In der Debatte um die Netzneutralität überlegen große Provider schon lange, Inhalteanbieter für priorisierten oder besonders intensiven Traffic zur Kasse zu bitten. Dieser Ansatz widerspricht allerdings der Position, die die Branche in einer anderen Auseinandersetzung bezieht: Im Streit mit der Musik- und Filmindustrie setzen die Provider gerne die Neutralitätskappe auf und wehren sich vehement gegen Forderungen, sie sollten bestimmte Netzinhalte überwachen und reglementieren. Was für filesharende Kunden gilt, sollte dann auch die BBC beanspruchen können, meinen britische Beobachter. (vbr)