Bundesdatenschützer will keine gläsernen Autofahrer

Mit der Zunahme von überall verfügbaren Techniken zum Datentransfer ebenso wie zur jederzeit möglichen Positionsbestimmung erfahren Aufzeichnungssysteme für PKW und LKW gegenwärtig einen erheblichen Aufschwung.

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Von
  • Detlef Borchers

Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, hat sich kritisch über den Einsatz von Geräten geäußert, die dem "Vehicle Event Reporting" dienen. Der Einsatz solcher Geräte reicht vom Event Data Recorder (EDR), der jedes Detail jeder Autofahrt aufzeichnet bis zum Unfalldatenschreiber (UDS oder auch Blackbox genannt), der jeweils nur die letzten Minuten aufzeichnet. Auf einer Tagung der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz sagte Schaar: "Wenn solche Geräte zukünftig in alle Fahrzeuge eingebaut werden müssten, könnte lückenlos kontrolliert werden, wer wann wo und wie gefahren ist. Dem steht das in den europäischen Verfassungen garantierte Grundrecht des Einzelnen auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gegenüber, das auch das Recht umfasst, sich möglichst frei von Registrierung und Überwachung zu bewegen."

Mit der Zunahme von überall verfügbaren Techniken zum Datentransfer ebenso wie zur jederzeit möglichen Positionsbestimmung erfahren Aufzeichnungssysteme gegenwärtig einen erheblichen Aufschwung. Noch in der Diskussion über den digitalen Fahrtenschreiber für LKW (der derzeit eingeführt wird) lehnten alle beteiligten Verbände die durchaus mögliche Kombination mit einem Unfalldatenschreiber ab. Die Debatte gewann erst wieder an Fahrt, nachdem der österreichische Verkehrsminister Hubert Gorbach die europaweite Einführung eines Unfallschreibers für PKW und LKW forderte. Sein Vorschlag ging bereits über einen reinen Unfallschreiber hinaus, weil er ein Gerät vorschlug, das auch die Reaktionszeit des Fahrers messen sollte. So sollte festgestellt werden können, ob ein Fahrer zum Unfallzeitpunkt telefonierte und damit abgelenkt war.

Eine neue Qualität bekam die Debatte mit dem Auftauchen der ersten Systeme, die im Sinne des Ubiquitous Computing die Fahrdatenanalyse mit Versicherungsleistungen rund um das Auto verknüpften. So entwickelte IBM zusammen mit dem englischen Versicherer Norwich Union die Pay as you drive-Versicherung. Auf der CeBIT zeigten T-Systems und die Württembergische Gemeindeversicherung (WGV) ein System der flexiblen Policierung mit einem Bordcomputer, der alle Fahrdaten zur Berechnung an die Versicherung schickt.

Auch solche Systeme werden vom Bundesdatenschützer kritisiert, weil ein ökonomischer Zwang ausgeübt werde. "Ein freiwilliger Einbau von Event Data Recordern in andere Fahrzeuge begegnet keinen grundlegenden Datenschutzbedenken. Dabei ist sicherzustellen, dass die Einwilligung tatsächlich freiwillig ist und dass auf Kfz-Halter und Fahrer auch kein ökonomischer Zwang ausgeübt wird – etwa durch Versicherungsgesellschaften. Im gewerblichen Bereich muss der Arbeitnehmerdatenschutz (keine Dauerbeobachtung am Arbeitsplatz) beachtet werden", erklärte Schaar. Grundsätzlich zulassen möchte Schaar entsprechende Systeme als Pflichteinbau bei Gefahrguttransportern und Bussen – vorausgesetzt, dass die Dauerkontrolle des Fahrers unterbleibe. Dabei müssten die anfallenden Daten durch Verschlüsselung gegen Missbrauch geschützt werden. Auch müsse ein heimlicher Zugriff auf die Aufzeichnungsgeräte grundsätzlich ausgeschlossen sein.

Schaar kündigte an, dass sich die Artikel-29-Gruppe der europäischen Datenschutzbeauftragten mit dem Thema befassen werden. (Detlef Borchers) / (jk)