Bundesjustizministerin an Musikindustrie: Hausaufgaben machen!

Auf ihrem Ratstreffen in Berlin will die internationale Phonowirtschaft den Kampf gegen das "Freibeutertum" im Netz verschärfen.

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Von
  • Florian Rötzer

Auf ihrem Ratstreffen in Berlin will die internationale Phonowirtschaft den Kampf gegen das "Freibeutertum" im Netz verschärfen. Im Internet, empört sich Wolf-Dieter Gramatke, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Landesgruppe der Internationalen Föderation der Phonographischen Industrie (IFPI), "herrscht streckenweise noch Freibeutertum". Die "kalte Technologie" versuche die warmen, emotionalen Inhalte der Musiker zum Nulltarif für ihre Zwecke auszubeuten. Um den "Piraten" der Datenmeere Einhalt zu gebieten, tagen momentan Vertreter von über 35 Landeseinheiten der IFPI sowie Abgesandte der globalen Musikindustrie in Berlin auf ihrem noch bis Donnerstag dauernden Ratstreffen. Ganz oben auf der Agenda des dreitägigen Meetings steht die "Verschärfung des Kampfes gegen die internationale Piraterie", die 4,5 Milliarden Dollar jährlich ausmachen soll.

Ganz verdammen wollte er das Internet aber nicht: Natürlich biete es den Labels auch "ungeahnte Möglichkeiten der Auswertung ihrer Musik". Ohne wirksame Eindämmung der "immer intensiveren unkontrollierten heimischen Nutzungen" - dazu zählt Gramatke sowohl die Downloads illegal angebotener Dateien als auch die "heute noch" legalen Privatkopien - werde sich allerdings weder dieser Zukunftsmarkt entwickeln, „noch der gegenwärtige behaupten können".

Der Traum von der Erschließung des Internet als neuem und billigem Distributionskanal könne aber nur Realität werden, "wenn es uns gelingt, die Regierenden zu überzeugen, Urheberrechtsgesetze zu schaffen, die auch globalen Ansprüchen gerecht werden." "Stargast" des Begrüßungsabends war daher die Bundesministerin der Justiz, Herta Däubler-Gmelin (SPD). Die wollte den Lobbybestrebungen der Musikwirtschaft allerdings nicht vollkommen entgegenkommen: "Die Industrie befindet sich in einem gewaltigen Umbruch", hat auch die Ministerin erkannt, aber der Wandel könne mit den Mitteln des Rechts schlechter bewältigt werden als "durch eine Kombination von Technik und Vertriebsverfahren". Die Politik könne höchstens helfen beim Schutz der Rechte. Den Umbruch akzeptieren und mit den geeigneten Instrumenten gestalten müssten die Tonträgerunternehmen aber selbst.

Den Klagen der Musikindustrie über die "enorme Zunahme von Raubkopien", die unter anderem MP3 zu verdanken sei, wollte und konnte sich Däubler-Gmelin natürlich nicht verschließen. Was die Technik beispielsweise über die Tauschmöglichkeiten im IRC alles möglich mache, sei durchaus „reizvoll", hat die Justizministerin festgestellt. "Wer glaubt, Musik müsse überall und umsonst zu haben sein, der irrt", betonte sie aber gleichzeitig. Ebenso sei es ein Irrtum zu meinen, dass ein unbegrenztes Kopieren und Tauschen von Musikdateien allein deswegen rechtens sei, weil das Internet einen "Anreiz zu diesem archaischen und anarchistischem Verhalten" biete. Das Urheberrecht sei auch im Internet in all seinen Facetten durchzusetzen. Dabei gehe es "um die Sicherung dessen, was Offline auch verboten ist." (Stefan Krempl)

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