Bundesrat einigt sich auf Vorgehen gegen illegale Darknet-Marktplätze

Nach dem Willen des Bundesrats soll es bald einen neuen Straftatbestand für das Betreiben von illegalen Darknet-Handelsplätzen geben.

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Internetkriminalität

(Bild: dpa, Alexander Heinl)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti
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Der Bundesrat hat am Freitag einen Gesetzesentwurf gebilligt, der Ermittlungen gegen Betreiber illegaler Handelsplattformen im Darknet erleichtern soll. Demnach soll im Strafgesetzbuch mit dem § 126a ein neuer Straftatbestand eingeführt werden, der das Betreiben illegaler Marktplätze im Internet unter Strafe stellt. Die vorgesehene Höchststrafe beträgt drei Jahre Gefängnis. Danach wäre das Anbieten von Leistungen im Darknet strafbar, wenn diese wiederum Straftaten wie das Verbreiten von Rauschgift, Sprengstoff oder Kinderpornografie ermöglichen. Vor allem das Betreiben von Tor Hidden Services soll damit unterbunden werden können.

Die von Nordrhein-Westfalen eingebrachte Gesetzesinitiative, der sich Hessen angeschlossen hatte, wird lediglich hinsichtlich des Auslandsbezugs und der Ermittlungsbefugnisse erweitert: So können auch Leistungen eines Portalbetreibers im Ausland bestraft werden, sobald sie im Inland rechtswidrige Straftaten ermöglichen.

Bayern hatte in den Ausschüssen wesentliche Verschärfungen gefordert, fand aber in der finalen Abstimmung am Freitag nicht für alle Forderungen eine Mehrheit. NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) hatte davor gewarnt, die neuen Vorschriften zu weit zu fassen. Sie seien nur von Nutzen, wenn sie "bestimmt und angemessen“ sind. Die Forderung Bayerns, als Ermittlungsmaßnahmen auch die Telekommunikationsüberwachung, Online-Durchsuchung und Verkehrsdatenerhebungen zuzulassen, bezeichnete Biesenbach als "nicht verhältnismäßig“. Der bayerische Staatsminister Georg Eisenreich hingegen hatte davor gewarnt, dass die Ermittlungen ins Leere laufe können, wenn die Ermittler den Standort der Betreiber sowie deren Kontakte nicht ermitteln und identifizieren können. Eisenreich: „Das beste Strafgesetz ist nichts wert, wenn es nicht durchgesetzt werden kann.“

Der Bundesrat erweiterte die Ermittlungsbefugnisse allerdings dahingehend, dass [Update] Richter oder die Staatsanwaltschaft von Post- und Telekommunikationsdienstleistern [/Update] Auskunft über bestimmte Sendungen verlangen können. Ziel ist es, an die Daten zu kommen, die bei der Aufgabe und Annahme von Warensendungen von den Postdienstleistern festgehalten werden. Auf diese Weise sollen Strafverfolgungsbehörden auch dann Auskünfte über Sendungen erlangen, die noch nicht eingeliefert sowie bereits ausgeliefert wurden.

Der Gesetzentwurf wird nun über die Bundesregierung dem Bundestag vorgelegt. Dieser entscheidet, ob er den Vorschlag der Länderkammer aufgreifen will. Feste Fristen für die Beratungen im Parlament gibt es allerdings nicht. Gegenüber heise online sagte die SPD-Digitalpolitikerin Saskia Esken, dass der Gesetzentwurf „nicht nur überflüssig, sondern sogar gefährlich“ sei, da er nicht nur „Plattformen unter Generalverdacht“ stelle, sondern auch die Frage stelle, „warum Plattformen im so genannten Darknet eigentlich anders behandelt werden sollen als in anderen Bereichen des Netzes“.

Die Abgrenzung zwischen legaler Plattform und illegaler Plattform soll laut Entwurf darüber geschehen, ob der Betreiber bewusst Zugangshindernisse wie TOR nutzt, um illegalen Handel zu erleichtern. Für die netzpolitische Sprecherin der linken Bundestagsfraktion, Anke Domscheit-Berg ist klar: "Wer Verschlüsselung durch Hintertüren angreifbar macht, gefährdet damit die IT-Sicherheit von uns allen, gefährdet journalistische Quellen, Whistleblower, Minderheiten, Verfolgte. Dem kann ich unmöglich zustimmen.“

Da theoretisch jede Plattform, über die im Internet kommuniziert werden kann, auch für die Begehung von Straftaten genutzt werden könne, bringe der Gesetzentwurf „riesige Unsicherheiten für ihre Betreiber“, vor allem aber für Anbieter, die Verschlüsselung nutzen. Für Domscheit-Berg ist klar: „Es ist offensichtlich, wohin die Reise geht: der nächste Schritt wird das Verbot jeder Verschlüsselung sein, oder jedenfalls werden Anbieter gezwungen werden, Hintertüren für Strafverfolgungsbehörden einzubauen“.

Der Bundesrat weist vorsorglich darauf hin, dass auch Journalisten und Whistleblower "die Anonymität des Darknets nutzen“, wie auch "viele Privatpersonen, die ihre Daten schützen möchten“. Die Journalistenverbände sehen das jedoch kritisch. Cornelia Berger, Bundesgeschäftsführerin der DJU sagte heise online, dass „wir die geplanten die geplanten Einschränkungen des Datenaustauschs im Darknet äußerst kritisch sehen, da tatsächlich weltweit Journalistinnen und Journalisten darauf angewiesen sind, ihre Spuren zu verwischen, um ihre Quellen und Informationen zu schützen.“ Das Darknet sei eine wesentliche Voraussetzung journalistischer Arbeit und dürfe nicht per se kriminalisiert werden.

Hendrik Zörner, Sprecher des Deutschen Journalistenverbandes DJV sagte: „Was da gesetzgeberisch im Schwange ist, lässt eine unnötige Einschränkung journalistischer Recherche befürchten.“ Er sieht in den Plänen „ein absurdes Beispiel deutscher Regelungswut“.

Auch die Datenschutzbeauftragten zeigen sich skeptisch. Der Sprecher der nordrhein-westfälischen Datenschutzbeauftragten sagte: „Es ist wohl davon auszugehen, dass nicht nur das Tor-Netzwerk von diesem Tatbestand erfasst sein dürfte.“ Bei den Beratungen auf Bundesebene müsse daher die Anonymität im Internet bei legalen Diensten als wichtiges datenschutzrechtliches Anliegen berücksichtigt werden. Er betonte jedoch, dass die Beauftragte nicht mit dem Gesetzesantrag aus Nordrhein-Westfalen befasst war. Der baden-württembergische Landesdatenschützer Stefan Brink verweist darauf, dass der man das Gesetz unter Umständen so weit auslegen könne, dass er sich auch auf einen verschlüsselten Messenger-Dienst und diverse anonyme Dienste beziehen lassen könnte.

[Update 16.3.2019 14:48 Uhr:] Aussage zur Erweiterung der Ermittlungsbefugnisse im vierten Absatz korrigiert. (axk)