Bundesregierung kreiert neues Bundesrechenzentrum

Nach langem Machtkampf um die IT-Konsolidierung des Bundes hat setzt die Bundesregierung nun auf einen stufenweisen Ausbau eines Bundesrechenzentrums unter der Zuständigkeit des Bundesfinanzministeriums.

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Von
  • Susanne Nolte

Anfang 2016 soll ein neu zu schaffendes Bundesrechenzentrum (BRZ) unter der Zuständigkeit des BMF (Bundesministerium der Finanzen) seinen Dienst aufnehmen. Wie der Behörden Spiegel in seiner morgen erscheinenden Mai-Ausgabe berichtet, will der Bund seine IT nun in mehreren Phasen und sechs Teilprojekten zusammenlegen. Im ersten Schritt sollen die IT-Dienstleister des Bundesministeriums der Finanzen (ZIVIT), des Bundesministeriums des Innern (BIT) und des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (DLZ-IT) zum BRZ fusionieren.

Laut der Ist-Erfassung der Bundesregierung von 2013 unterhält die Bundesverwaltung – ohne den Bereich des BMVg – 445 Referate, die IT-Aufgaben wahrnehmen, davon 177 ausschließlich. Sie betreuen insgesamt 230 000 Arbeitsplatzsysteme für 187 000 Mitarbeiter, außerdem 24 000 Server in 1212 Serverräumen oder Rechenzentren. 132 der RZs besitzen 30 und mehr Server. Dabei werden etwa zwei Drittel des Beschaffungsvolumens nicht über ressortübergreifende Rahmenverträge abgewickelt.

Bereits seit 2013 übt der Haushaltsausschuss Druck auf die Bundesregierung auf, die 2007 grundsätzlich beschlossene Zusammenführung der Bundes-IT, das sogenannte CIO-Konzept, umzusetzen. Nun soll das Kabinett den “Bericht der Bundesregierung an den Haushaltsausschuss zur IT-Konsolidierung Bund" am 20. Mai verabschieden und am 31. Mai dem Haushaltsausschuss vorlegen. Den ersten Termin am 28. Februar hatte die Regierung nicht eingehalten. Grund waren Zwistigkeiten zwischen den Ressorts.

Von Beginn an hatte das BMI (Bundesministerium des Innern) hoch gepokert und die Zusammenlegung aller Rechenzentren des Bundes unter seiner Ägide gefordert. Allerdings haben einige Ministerien weitaus größere IT-Installationen, etwa das BMVg (Bundesministerium der Verteidigung). Ebenfalls zur Wehr gesetzt hatten sich die IT-mäßig kleineren Häuser, die sogenannten “sechs Zwerge” und die hauseigene Polizei-IT.

Der jetzige Entwurf nimmt das BMVg, das Auswärtige Amt, die Bundesagentur für Arbeit und die Deutsche Rentenversicherung von der Konsolidierung aus. Ausnahmeregelungen gelten auch für die Einsatz-IT der Polizei, die Forschung, die Nachrichtendienste und für Fachanwendungen, deren Überführung unwirtschaftlich oder technisch nicht möglich ist.

Allerdings ist noch einiges unklar, darunter die Rechtsform des neuen BRZ, die Finanzausstattung beziehungsweise die Finanzierung der Konsolidierung und die Umverteilung der IT-Etats sowie die Zuständigkeit für künftige Beschaffungen. Zumindest hier möchte sich das BMI mit seinem Beschaffungsamt noch den Hut aufsetzen.

Ein weiterer Kritikpunkt am derzeitigen Konzept ist, dass es zu wenig zwischen Massen- und Fachanwendungen unterscheide, zu sehr auf Größe und zu wenig auf Agilität setze. Kritiker fordern dagegen eine “IT der zwei Geschwindigkeiten”, die Ressorts für ihre Fachanwendungen Spielräume lasse, um schnell auf technische und gesellschaftliche Veränderungen reagieren zu können. Auch scheint die Empfehlung, die der ehemalige stellvertretende IT-Direktor im Cabinett Office von Großbritannien, David Cotterill, auf dem Kongress "Effizienter Staat" aussprach, kein Gehör zu finden: “No more Big IT”. (sun)