Bundesregierung wegen Weltgipfel der Informationsgesellschaft unter Beschuss

Die Bundesregierung hat gepatzt bei den Vorbereitungen zum Weltgipfel der Informationsgesellschaft (WSIS), meint die CDU-Internet-Beauftragte.

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Von
  • Monika Ermert

Die Bundesregierung hat gepatzt bei den Vorbereitungen zum Weltgipfel der Informationsgesellschaft (WSIS). Das meint zumindest die CDU-Abgeordnete Martina Krogmann. Ihre Kritik sieht Krogmann durch die im Unterausschuss Neue Medien diskutierte Antwort der Bundesregierung auf ihre Kleine Anfrage bestätigt. "Der Weltgipfel wird stattfinden", schreibt Krogmann, "der Bundeskanzler wird physisch präsent sein -- aber inhaltlich hat die Bundesregierung für Deutschland nichts erreicht."

Während andere Länder wie Spanien oder Italien die Gipfelvorbereitungen genutzt hätten, um sich selbst als interessante, zukunftsträchtige Standorte zu präsentieren, habe Deutschland weder einen eigenen signifikanten Beitrag geleistet, noch eigene Themen vorangebracht. Die Bundesregierung habe es versäumt, den Gipfel als Türöffner für Kontakte zu möglichen Märkten in den Ländern mit Nachholbedarf zu nutzen. "Seit der Hype um Internet vorbei ist, werden die Themen Internet und Informationsgesellschaft vernachlässigt", sagte Krogmann gegenüber heise online. Zu wenig sei die deutsche Wirtschaft bei den Gipfelvorbereitungen mit ins Boot geholt worden. Die Diskussionen um Hartz-Konzepte und andere Verteilungskämpfe seien wichtig, man dürfe darüber aber nicht den Blick dafür verlieren, mit welchen Technologien man den Wohlstand künftig erhält. Dazu sei gerade eine Verzahnung nationaler Konzepte wie dem geplanten Projekt Informationsgesellschaft Deutschland 2006 und globalen Entwicklungen notwendig.

Krogmann bemängelt auch, dass das federführende Bundeswirtschaftsministerium erst jetzt ein Forum für eine breitere öffentliche Debatte schaffen will. "Jetzt soll eine Homepage eingerichtet werden", sagt Krogmann. "Das hätte nicht erst sechs Wochen vor dem Gipfel passieren dürfen." Auch die neue Zusammenarbeit zwischen Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, die man sich bei der WSIS vorgenommen hat, werde in Deutschland so nicht weiter gebracht.

Tatsächlich fallen die Antworten zu den inhaltlichen Vorstellungen der Regierung zum konkreten Gipfelbeitrag Deutschlands und auch zum Aktionsplan recht knapp aus. "Glaubwürdige Zielsetzungen" wünscht man sich vom Aktionsplan. Als konkreten Beitrag versteht man vor allem die aktive Mitarbeit an den etwas stockenden Verhandlungen. Auch sollen beim Gipfel im Dezember bilaterale Projektaktivitäten der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) im Rahmen der von der Internationalen Telekommunikations-Union als Begleitprogramm vorgesehenen "ICT for Development Platform" präsentiert werden. Die GTZ-Vorstellung mag auch der Fingerzeig darauf sein, dass man bei der Überbrückung der digitalen Spaltung eher auf bestehende Strukturen und Institutionen setzen will.

Eine eindeutige Absage erteilt die Regierung auf jeden Fall dem von den Entwicklungsländern geplanten "Digitalen Solidaritäts-Fond". "Die Schaffung neuer globaler Finanzierungsinstrumente (...) ist aus deutscher Sicht vor dem Hintergund bereits existierender internationaler Bemühungen zur Überbrückung der 'digitalen Kluft' zwischen Industrie und Entwicklungsländern nicht erforderlich und budgetäre Spielräume sind hierfür im Übrigen nicht vorhanden", heißt es in der Antwort an Krogmann. In der Hinsicht gibt sogar die CDU-Abgeordnete der Regierung Recht.

So richtig visionär und nach Aufbruchstimmung klingt das alles in der Tat nicht; das bisherige Engagement des "offiziellen" Deutschland -- die Zivilgesellschaft hat da durchaus lauter die Trommel gerührt -- war wohl auch insgesamt recht verhalten. Man hat mitgemacht, die Sprecherrolle bereitwillig an EU-Vorsitzland Italien abgetreten und auch in Berlin das Thema eher auf kleiner Flamme gekocht. Der Rat des Wirtschaftsministeriums an die auf Geld hoffenden Entwicklungsländer lautet im Übrigen in erster Linie, deren Telekommunikationsmärkte zu liberalisieren und so für private Investoren attraktiv zu machen. In erster Linie müsse nämlich der Privatsektor die digitale Spaltung überwinden.

Zum Weltgipfel für die Informationsgesellschaft siehe auch:

(Monika Ermert) / (jk)