Bundesregierung will Verbraucherschutz bei Telecom-Diensten ausweiten

Wer Klingeltöne bestellt, muss bei einem Preis ab zwei Euro künftig vorher über den Preis informiert werden. Dies sieht ein Gesetzentwurf des Bundeskabinetts vor. Klingelton-Abos sollen Kunden ohne Grund jederzeit kündigen können.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Die große Koalition will Verbraucher besser schützen und Missbrauch bei Telefondiensten eindämmen. Damit gebe es mehr Transparenz und mehr Vertrauen, sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg dpa zufolge heute in Berlin. Das Bundeskabinett beschloss einen Gesetzentwurf, nach dem Servicedienste ihre Preise deutlicher machen und Kosten für Auskünfte oder Klingeltöne ansagen müssen. Damit würden auch jugendliche Handynutzer besser geschützt, sagte Steg. Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates und soll Ende des Jahres in Kraft treten. Verbraucherschützern gehen indes die geplanten Regelungen nicht weit genug.

Wer Klingeltöne oder Spiele abruft, muss bei einem Betrag von zwei Euro an künftig vorher über den Preis informiert werden. Eine kostenlose Warn-SMS ist Pflicht, wenn in einem Monat 20 Euro für Kurzwahldienste im Abonnement erreicht werden. Bei Weitervermittlung durch Auskunftsdienste und bei 0137-Nummern muss der Preis angesagt werden. Bessere Preisinformation in der Werbung soll für 0118-Nummern, Tele-Voting (0137), bei geteilten Kosten (0180), 012-Nummern sowie Klingeltönen und Wettervorhersagen gelten. Für Abonnements dieser Dienste müssen die Vertragsbedingungen per SMS zugesandt werden, der Service kommt nur bei Bestätigung zustande. Anfang April hatte der Bundesgerichtshof vor allem die Rechte minderjähriger Kunden von Klingelton-Versendern gestärkt.

Die Verbraucherzentralen kritisierten, der von der Bundesregierung angestrebte bessere Verbaucherschutz sei "längst überfällig" gewesen. "Wir hoffen, das im parlamentarischen Verfahren noch verbraucherfreundlicher zu gestalten", sagte Christian Fronczak, Sprecher des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Gegenüber heise online begrüßte Fronczak zugleich die Verabschiedung des Gesetzentwurfes. Wiederholt habe der vzbv eine rasche Wiederauflage des durch die vorgezogenen Bundestagswahlen ausgebremsten Gesetzes gefordert. Die "paradiesischen Zustände für unseriöse Anbieter" müssten "schnellstmöglich" beendet werden. Jeder Schritt in Richtung mehr Transparenz sei hilfreich. Die Preisansage sollte nach Ansicht des vzbv auch für Call-by-Call-Nummern gelten. Eine Preisanzeige für Premium-Dienste sei zudem schon von einem Euro an notwendig, nicht erst bei zwei Euro. Ein frührer Gesetzentwurf hatte hingegen eine Preisgrenze von drei Euro vorgesehen.

Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sagte, "schwarze Schafe" könnten das Image der ganzen Telecom- und Mehrwertdienste-Branche schädigen. Nach Ansicht von Verbraucherminister Horst Seehofer (CSU) werden die Kunden mit dem Gesetz vor Missbrauch geschützt und der Wettbewerb unter seriösen Anbietern gestärkt. Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) kritisierte hingegen den Gesetzentwurf und forderte, dass der Kundenschutz nicht zur "Entmündigung" der Verbraucher führen dürfe. Mit der vorgesehenen Einführung von Bestätigungs-SMS werde der Kunde zu oft mit der Frage "Wollen Sie das wirklich?" "belästigt".

Die vorgesehene Möglichkeit, Aboverträge ohne Grund jederzeit kündigen zu können, kritisiert der Bitkom als "schweren Eingriff in das deutsche Vertragssystem", der den Unternehmen die Planungssicherheit raube. Für das weitere Gesetzgebungsverfahren ist damit zu rechnen, dass die Telecom-Lobby vor einem Verlust von Arbeitsplätzen warnen wird, wenn der Gesetzentwurf in der jetzigen Form im Kraft treten sollte: In strukturschwachen Gebieten wie zum Beispiel Mecklenburg-Vorpommern, wo zahlreiche Call-Center ihren Sitz haben, seien dann Umsatzrückgänge zu erwarten. (ssu)