Bundestag: Interaktiver Krankenhaus-Atlas beschlossen​

Vor Operationen soll künftig ein Online-Verzeichnis über die​ Versorgungsgüte in Krankenhäusern informieren. Die Daten​ organisiert das Gesundheitsministerium.

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Krankenhausflur in einer Kinderklinik

Krankenhausflur (Symbolbild)

(Bild: heise online)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti
Inhaltsverzeichnis

Der Bundestag hat in der vergangenen Nacht das Krankenhaustransparenzgesetz in zweiter und dritter Lesung mit den Stimmen von SPD, Grüne und FDP beschlossen. Ein interaktiver Klinik-Atlas soll mehr Daten als bisher über die Versorgungsqualität von über 1.700 Krankenhäusern in Deutschland im Internet veröffentlichen. Entscheidend ist, dass die Informationen dauerhaft, verständlich und barrierefrei zur Verfügung stehen sollen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will damit die individuelle Entscheidung der Patientinnen und Patienten stärken: "Diese Transparenz ist längst überfällig". Der interaktive Atlas soll im Mai 2024 veröffentlicht werden.

Zur Verfügung stehen sollen Fallzahlen zu 65 Leistungsgruppen sowie Komplikationsraten für ausgewählte Eingriffe. Hinzu kommen Zahlen zum vorgehaltenen ärztlichen und pflegerischen Personal. Außerdem werden einzelne Krankenhausstandorte Versorgungsstufen, sogenannten Leveln, zugeordnet. Diese basieren auf der Anzahl und Art der erbrachten Leistungen. Level-1-Krankenhäuser leisten eine Basisversorgung inklusive der Notfallmedizin, Level 3 steht für eine umfassende Versorgung.

Für den Start wird sich der Krankenhaus-Atlas auf die Daten zu allen Behandlungsfällen aus dem Jahr 2023 beziehen. Die Angaben sollen ständig aktualisiert werden. Die Krankenhäuser sind gesetzlich verpflichtet, dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) die notwendigen Angaben laufend zu übermitteln. Das InEK liefert die Daten und Auswertungen und das Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) bereitet die Daten für das Verzeichnis auf. Es ist geplant, dass weitere Daten in das Transparenzverzeichnis aufgenommen werden.

Das Krankenhaustransparenz-Portal steht im Zusammenhang mit der geplanten Krankenhausreform. Die Opposition befürchtet, dass dank der höheren Transparenz die Patientinnen praktisch mit den Füßen darüber abstimmen, welches Krankenhaus auch künftig weiterbestehen wird. Stephan Pilsinger von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion kritisierte, dass das Gesetz "zu einem völlig falschen Zeitpunkt" komme. Patientinnen und Patienten könnten sich schon heute über die Weiße Liste informieren – dabei handelt es sich um Projekt der Bertelsmann Stiftung, die strategischen Partner sind die Dachverbände der größten Patienten- und Verbraucherorganisationen.

Mit dem Gesetz, kritisierte Pilsinger, würden Doppelstrukturen und Bürokratie aufgebaut. Aktuell stehen die Kliniken unter hohem finanziellem Druck, rund die Hälfte der Krankenhäuser soll sich schon Ende 2023 im defizitären Bereich bewegen. Die höhere Transparenz könne, so die Befürchtung, das Krankenhaus-Sterben beschleunigen. Diese Befürchtung will das Gesetz nun mit mehreren Regeln auffangen, die die Liquidität der Kliniken stärken soll, indem auch Tariflohnsteigerungen frühzeitig refinanziert werden. Ebenso ist geplant, den vorläufigen Pflegeentgeltwert zu erhöhen. Für das Jahr 2020 sollen die Krankenhäuser einen schnelleren Ausgleich der noch nicht finanzierten Pflegekosten erhalten.

(mack)