Bundesweite DVB-H-Lizenz zu vergeben

Über den auf DVB-T basierenden Mobil-TV-Standard sollen laut Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten weitere mobile Fernseh-, Hörfunk- und Telemedienangebote auf den Weg gebracht werden.

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Von
  • Monika Ermert

Die Landesmedienanstalten wollen so rasch wie möglich eine bundesweite Frequenz für den digitalen terrestrischen Rundfunk (DVB-H) vergeben, zunächst im Laufe eines Versuchs. Über den auf DVB-T basierenden Mobil-TV-Standard sollen weitere mobile Fernseh-, Hörfunk- und Telemedienangebote auf den Weg gebracht werden. Das teilte die Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM) mit. Zugleich gaben die Landesanstalt für Kommunikation in Baden-Württemberg (LfK) und die Thüringische Landesmedienanstalt (TLM) den Startschuss für die entsprechenden medienrechtlichen Ausschreibungen. Die Bewerbungsfrist läuft bis zum 13. April. Die notwendige Frequenz für den DVB-H-Start haben die Medienwächter bei der Bundesnetzagentur beantragt.

Analog zur Ausschreibung der DMB-Lizenzen (Digital Mobile Broadcasting), einer Alternative zum DVB-H, im vergangenen Jahr soll durch das gemeinsame Ausschreibungsverfahren aller 14 Medienanstalten ein bundesweit einheitliches Gesamtkonzept lizenziert werden. Laut Ingo Nave, Stellvertreter des Präsidenten der LfK, sind dabei sowohl "Einzelzuweisungen als auch die Zuweisung an eine Plattform" oder auch "Mischformen" möglich. Bei einer Zuweisung an mehrere Partner sei entscheidend, "dass das Konzept durch Vereinbarungen zwischen Inhalteanbietern, Plattformbetreibern, Vermarktern und weiteren Partnern sicherstellt, dass alle Funktionen abgedeckt werden".

Mit der Ausschreibung besetzen die Medienwächter zügig in der ITU-Wellenkonferenz (RRC 06) frei geschaufelte Frequenzen, freie hat man dank der so genannten digitalen Dividende, also der effektiveren Frequenznutzung durch die Digitalisierung. Die Medienanstalten haben zur Neuordnung der Frequenznutzung ebenfalls bereits Anfang des Jahres ein Papier (PDF) vorgelegt.

Details des telekommunikationsrechtlichen Vergabeverfahrens bei der Bundesnetzagentzur würden in den kommenden Wochen präzisiert, so eine Sprecherin der Netzagentur. Inwieweit für die infrage kommende Frequenz weitere Bewerber bei der Netzagentur vorstellig werden können, sei offen.

Für die medienrechtliche Lizenz zum Betrieb des von den Medienanstalten bei der Netzagentur beantragten 8-MHz-Kanals im Band IV/V haben sich laut Nave "eine Vielzahl von Interessenten gemeldet, die die ganze Bandbreite der für den Betrieb erforderlichen Funktionen abdeckten, also Fernseh- und Hörfunkveranstalter, Telemedienanbieter, Mobilfunkunternehmen, Vermarktungsunternehmen und Plattformbetreiber".

Zu den aussichtsreichen Bewerbern dürfte das Konsortium der Mobilfunkunternehmen Vodafone, T-Mobile und O2 gehören, das mit seinem Piloten in vier Städten (Hamburg, Berlin, Hannover und München) parallel zum bundesweiten DMB bereits im vergangenen Jahr startete und dadurch auch einen gewissen De-facto-Standard geschaffen hat. So entschieden sich die Medienanstalten nach fürs DVB-H-Projekt für die von den Mobilfunkern gewählte QPSK-Modulation. Diese packt 16 Fernsehkanäle auf die 8-MHz-Frequenz. 15 davon sollen laut dem Eckpunktepapier (PDF-Datei) der Medienanstalten für Fernsehprogramme genutzt werden, darunter einer für regionales Fernsehen, einer ist für die schmalbandigeren Hörfunkangebote. Telemedienangebote werden zwar ebenfalls ausdrücklich erwähnt, allerdings wird dafür nicht speziell Bandbreite reserviert.

Bewerben will sich auch die Mobiles Fernsehen Deutschland GmbH (MFD) bereits jetzt mit ihrer bundesweiten DMB-Erprobungslizenz als Gegenspieler des Mobilfunkkonsortiums. Die MFD betreibt seit Sommer 2006 eine Mobil-TV-Plattform. MFD-Geschäftsführer Henrik Rinnert sagte gegenüber heise online, am Ende zähle nicht eine bestimmte Übertragungstechnik, sondern ein überzeugendes inhaltliches Angebot. Daher hoffe er auf ein Zusammenwachsen von DVB-H- und DMB-Angebot, um möglichst breit empfangbar zu sein. "DVB-H wird nie flächendeckend ausgebaut werden", prophezeit er.

"Eine Verdrängung der einen Übertragungsart durch die andere ist nicht vorgesehen und mit den Versuchen auch nicht angelegt", sagt LfK-Vertreter Nave. Wünschenswert sei eine Entwicklung hin zu hybriden Geräten im Endgerätebereich, die einen Empfang beider Übertragungstechniken ermöglichen.

Spannend bleibt erst einmal, ob die großen Telcos oder die großen Medien, also RTL und Pro Sieben, das Rennen machen. Bei der kleinen MFD malt man dabei besonders mit Blick auf die Telcos das Bild einer erheblichen Machtkonzentration an die Wand. Rinnert warnt davor, TK- und medienrechtliche Lizenzen in eine Hand zusammenzuführen. Die Telcos verfügten immerhin schon über den Bewegtbildversand per UMTS. Der Aufstieg von TK-Unternehmen zu Medienanbietern macht offenbar auch dem Verband Privater Rundfunk und Telemedien e. V. (VPRT) Sorgen. Er werde darauf bestehen, teilte der Verband gestern postwendend mit, dass alle Ausschreibungen "auf der Grundlage des geltenden Medien-/Landesrechtes den Vorrang des Rundfunks bei Zuweisung und Nutzung der digitalen Rundfunkfrequenzen umfassend berücksichtigen". (Monika Ermert) / (anw)