Balkonkraftwerke: Chef der Bundesnetzagentur unterstützt Schuko-Stecker

Klaus Müller, Präsident der BNetzA, hat sich für den Schuko-Stecker bei Balkonkraftwerken ausgesprochen. Dafür will er sich auch beim VDE einsetzen.

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Es muss nicht immer ein Balkon sein, wenn man selbst eine steckerfertige Anlage betreiben will: Auch auf dem Dach finden zwei PV-Module mit einem Mikrowechselrichter Platz.

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jan Mahn

Balkonkraftwerke, also Photovoltaikanlagen bis 600 Watt Leistung, sind gerade für Mieter der einzige Weg, erneuerbare Energie selbst zu erzeugen und die Stromrechnung per Sonnenenergie zu drücken. Technisch reicht es aus, ein oder zwei Module an einen kompakten Wechselrichter anzuschließen und diesen in die Steckdose zu stecken. Doch bisher gibt es eine Hürde: Der Anschluss per Schuko-Steckdose ist nicht normgerecht – stattdessen wird eine Steckdose des deutschen Herstellers Wieland verlangt, die eine Elektrofachkraft installiert hat.

Viele Betreiber setzen sich über diese Norm hinweg und stecken die Wechselrichter in ihre Balkonsteckdose, während Vermieter und Netzbetreiber auf die Wieland-Dose bestehen. Jetzt hat das Lager der Schuko-Befürworter einen prominenten Fürsprecher bekommen: Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, hat sich in der Debatte zu Wort gemeldet und bekennt sich zum Schuko-Stecker.

"Bei Balkon #Solarmodulen reicht nach @BNetzA Einschätzung ein einfacher #Stecker, wenn zertifizierte #Wechselrichter vorhanden sind", schreibt der Behörden-Chef bei Twitter. Vorausgegangen war eine Aktion im Newsletter von machdeinenstrom.de. Die Autoren hatten ihre Leser dazu aufgerufen, bei der Bundesnetzagentur mit Verweis auf eine Stellungnahme der österreichischen Behörde anzufragen, ob ein Anschluss per Schuko-Stecker auch in Deutschland möglich sei.

Kurz vor Weihnachten, so berichtet machdeinenstrom.de, kam dann bei einer Leserin eine Antwort des Präsidenten der Behörde an. Darin heißt es: "Sie verweisen auf die Äußerung des österreichischen E-Control-Chefs, dass die Verwendung eines SchuKo-Steckers ausreichend ist, wenn ein zertifizierter Wechselrichter und ein FI Schalter vorhanden ist beziehungsweise verwendet wird. Diese Bewertung teile ich. Private Haushalte sollten ohne Verunsicherungen und erhöhte Kosten ihr Balkonkraftwerk anschließen."

Bei einem Antwortschreiben will es Müller nicht belassen. Er will sich demnach auch in den Normungsprozess einmischen und schreibt weiter: "Parallel zu diesem Schreiben werde ich mich an die zuständigen Gremien im VDE (Verband der Elektrotechnik) wenden. Hier wurde die bestehende Anschlussnorm bei den Balkonkraftwerken im Rahmen der technischen Selbstverwaltung entwickelt und entsprechende Anwendungsregeln veröffentlicht."

Derzeit wird in der DKE (Deutsche Kommission Elektrotechnik) eine Vornorm diskutiert, die in Zukunft zu einer Produktnorm für steckerfertige PV-Anlagen werden soll. Bisher war es den Schuko-Befürwortern trotz Studien, die einen sicheren Betrieb belegen, nicht gelungen, diese Anschlussart in den Text der Vornorm zu bringen. In der Abstimmung kam es zu einer Patt-Situation, wie einer der Befürworter der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie im Mai gegenüber heise online berichtete. Versicherungsindustrie, Elektrohandwerk und Netzbetreiber waren demnach dagegen. Die BNetzA-Intervention könnte dieser Diskussion jetzt neuen Schub geben.

Die Rückendeckung des BNetzA-Chefs dürfte potenziellen Betreibern aber auch vor Abschluss des Normungsprozesses helfen. In Gesprächen mit Vermietern und Netzbetreibern, die bisher auf Einhaltung der Norm bestanden haben, können sie jetzt auf die Einschätzung der Bundesnetzagentur verweisen. Auch einen Seitenhieb auf Vermietfirmen und Hausverwaltungen, die mit Verweis auf das "einheitliche optische Erscheinungsbild" ihrer Mehrfamilienhäuser Balkonkraftwerke gern verboten haben, hat Müller im Brief platziert: "Für eine Mitmach-Energiewende sind die Mini-Module unverzichtbar und definitiv ein positiver optischer Reiz in vielen Fassadenbildern."

(jam)