Computereinsatz bei der Polizei: ein Bild mit vielen Lücken

Die Antwort der Regierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestags-Linksfraktion zeigt unter anderem, dass die Geheimhaltungspflicht vielfach öffentliche Ausschreibungen bei der Auftragsvergabe für sicherheitsrelevante Behördensoftware verhindert.

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Von
  • Detlef Borchers

Die Bundesregierung hat nach Mitteilung von Heute im Bundestag auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion zur computergestützten Kriminaltechnik bei Polizeibehörden (PDF-Datei) geantwortet. Obwohl etliche Passagen der Antwort insbesondere zum Einsatz der stillen SMS nur in der Geheimschutzstelle des Bundestags eingesehen werden können und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, ergibt sich doch ein anschauliches Lagebild des Softwareeinsatzes bei Bundespolizei, Bundeskriminalamt (BKA) und Zoll. Danach prägt neben der BKA-Eigenentwicklung "Inpol-Fall" die ab Herbst 2005 eingesetzte Software B-Case bzw. rsCase der Firma Rola Security die Fallbearbeitung bei der Bundespolizei und dem BKA. Im Zollbereich ist das von T-Systems entwickelte Programm "Inzoll" im Einsatz. Bei der Vorgangsbearbeitung kommt eine Eigenentwicklung beim BKA zum Einsatz, während die Bundespolizei mit "@rtus-Bund" von Dataport arbeitet.

Neben den Softwareprodukten, welche die Polizeibehörden des Bundes einsetzen, interessierte die anfragenden Politiker auch, wie die Vergabeentscheidungen dafür ausfielen. So wurden die 4,33 bzw. 4,70 Millionen Euro teuren Rola-Programme nach einer Marktsichtung in "freihändiger Vergabe" ohne öffentliche Ausschreibung angeschafft, weil sonst die Geheimhaltungspflicht bestimmter Prozeduren gefährdet worden wäre. Als geheim wurden alle Antworten zu Fragen nach der verwendeten Software für die TK-Überwachung und nach der Auswertungssoftware für stille SMS eingestuft. Zur Auswertung von Internetdaten kaufte das BKA 2003 zwar die Software Netwitness von der damals existierenden Gesellschaft für technische Sonderlösungen (GTSL), doch betont die Bundesregierung in ihrer Antwort, dass die Software keineswegs zur durchaus möglichen Deep Packet Inspection eingesetzt werde: "Die Software Netwitness wurde und wird ausschließlich zur forensischen Untersuchung von bereits erhobenen Netzwerkdaten, nicht zur Aufzeichnung solcher Daten eingesetzt." Die Frage, wie die Netzwerkdaten konkret erhoben werden, unterliegt nach Auskunft der Bundesregierung wiederum der Geheimhaltung. Die Abgeordneten der Linksfraktion können die Antworten in der Geheimschutzsstelle einsehen, dürfen aber nicht darüber sprechen.

Die Linksfraktion sieht sich durch die Antworten in ihrer Kritik an dem "behördlich-industriellen Komplex" der Polizeien und Geheimdienste im Verein mit der Sicherheitsindustrie bestätigt. Der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko erklärte: "Nach den Skandalen um die ausufernde Nutzung von Funkzellenabfragen, stillen SMS und staatlichen Trojanern brauchen wir eine gesellschaftliche Diskussion über die Zulässigkeit digitaler polizeilicher Ermittlungsmethoden." (psz)