Computex: Neue Chipsätze für den Pentium 4 & Co.

Wer sich für ein Pentium-4-System interessiert, hat bislang nur auf den ersten Blick reichlich Auswahl.

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Von
  • Georg Schnurer

Wer sich für ein Pentium-4-System interessiert, hat bislang nur auf den ersten Blick reichlich Auswahl. Bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass alle angebotenen Systeme eines gemeinsam haben: Sie nutzen den i850-Chipsatz und bringen damit alle den selben Pferdefuß mit. Intels Pentium-4-Chipsatz unterstützt nämlich ausschließlich teuren Rambus-Speicher. Mit gängigen SDRAM-Chips kann er nicht umgehen. Zu allem Überfluss ist der i850 auch noch ein Dual-Channel-System. Damit muss man gezwungenermaßen zwei oder vier Rambus-Riegel in den Rechner stecken. So kommt man zwar zu einem performanten, nicht aber zu einem preisgünstigen System.

Entsprechend schleppend verläuft deshalb auch der Absatz von Pentium-4-Prozessoren. Intel bleibt hier deutlich hinter den selbst gesetzten Zielen zurück. Abhilfe in Form des Brookdale-Chipsatzes (i845) ist von Intel für Anfang Juli avisiert. Doch die ersten mehr oder minder öffentlich auf der Computex zu sehenden i845-Boards unterstützen ausschließlich SDRAM-Speicher und sind deshalb wohl alles andere als schnell. Erst die später erscheinende zweite Brookdale-Version soll auch mit Double-Date-Rate-Speicher (DDR-SDRAM) umgehen können.

Doch auch hier darf man wohl keine allzu hohen Ansprüche an die Performance stellen. Allen auf der Computex kursierenden Gerüchten zufolge kann der Brookdale-2 nur synchron zum Prozessortakt arbeiten. Das bedeutet beim Pentium 4, der ja mit 100-MHz-Bus arbeitet und pro Takt vier Datenworte verarbeiten kann (Quad-Pumped), dass der Speicherbus mit 100 MHz betrieben werden muss. Folglich kann der Brookdale-2 wohl nur langsame PC-1600-SDRAM-Riegel voll ausschöpften. Die schnellen PC2100-DIMMs benötigen nämlich einen Systemtakt von 133 MHz, um die volle Bandbreite von 2,1 GByte/s zu erreichen.

Das klingt wieder einmal nach einer großzügigen Einladung an die anderen Chipsatz-Hersteller, sich ein gehöriges Stück vom Kuchen abzuschneiden. So waren denn auch ALi und VIA in den letzten Monaten nicht faul und haben flugs eigene Pentium-4-Chipsätze entwickelt. Beide können sowohl mit klassischen PC133-SDRAM als auch mit DDR-SDRAM umgehen. Letzteres dank asynchron arbeitendem Speicherbus auch mit 133 MHz.

VIAs jüngster Spross, der P4X266, nutzt den VIA-eigenen V-Link-Bus zur Ankopplung der Southbridge und ist auf vielen Messeständen nur im nicht öffentlichen Hinterzimmer zu sehen. Schuld daran, so hört man von den Boardherstellern, sei eine spitzfindige Auslegung der Intel-Lizenzen, die notwendig sind, um den Pentium-4-Prozessorbus zu nutzen. VIA soll zwar seit geraumer Zeit eine Lizenz zum Bau eines P4-Chipsatzes haben. Die mit Intel geschlossenen Vereinbarung gestatte aber angeblich nur die Entwicklung des Chipsatzes, nicht aber dessen Verkauf. So ein Vertrag klingt zugegebenermaßen etwas eigenwillig, ist aber bei Intel sicher nicht unmöglich.

ALi fühlt sich dank einer im Februar diesen Jahrs mit Intel geschlossenen Lizenzvereinbarung sicher vor solcherlei Unbilden. Ob das Intel ähnlich entspannt sieht, bleibt abzuwarten. Den M1671-Chipsatz jedenfalls demonstriert ALi selbstsicher auf seinem Stand. Er greift auf die ebenfalls neu entwickelte Southbridge M1563 über das von AMD definierte HyperTransport-Protokoll (vormals LDT). Neben den bereits bei seinem Vorgänger integrierten Komponenten (2 ATA/100-Festplattencontroller, AC97-Host, DirectSound 3D, Hardware Wavetable und Synthesizer, Modem-Interface) gibt es noch sechs USB-2.0-Schnitststellen und ein integriertes LAN-Interface. Erste Prototypen des Chipsatzes (M1671 und M1563) sind bereits fertig, die Serienproduktion ist für das nächste Quartal anvisiert. Die ersten Pentium-4-Boards mit ALi-Chipsatz wird man wohl bei Asus bewundern dürfen.

Ganz nebenbei zeigt ALi auf der Computex auch den Tualatin-tauglichen Pentium-III-Chipsatz Aladdin Pro 5T (M1651T). Dieser soll nicht nur den neuen Intel-Prozessor unterstützen, sondern auch mit HyperTransport-Protokoll arbeiten. Daneben, so verspricht ALi, hat er auch einen höheren Speicherdurchsatz als sein Vorgänger. So richtig in Fahrt kommt der neue aber ebenso wie sein Vorgänger erst, wenn DDR-Speicher mit CL2-Timing zum Einsatz kommt. Mit dem derzeit gebräuchlichen CL2,5-Speicher hat er ebenso wie seine Konkurrenten seine liebe Not. Der halbe Takt verkompliziert das Chipsatz-Design ergeblich, weshalb man gängigerweise noch einen halben Takt draufschlägt und den Speicher mit CL3 betreibt. Einen Athlon-Chipsatz (M1667) mit LDT-Interface will ALi übrigens erst im letzten Quartal dieses Jahres vorstellen. Den ursprünglich geplanten Termin im 3. Quartal kann man wohl nicht halten.

SiS, der vierte im Bunde der Chipsatzhersteller, hat einstweilen nichts mit dem Pentium 4 am Hut. Dort konzentriert man sich lieber auf hochintegrierte Bausteine für den Mainstream-Markt. Diese enthalten neben der Grafik auch die Southbridge. Das jüngste Produkt ist hier der SiS640T. Er entspricht im Wesentlichen dem SiS630T, arbeitet aber intern mit einer von SiS315 entliehenen Grafik-Unit. Diese soll deutlich schneller als NVidias GeforceMX200 sein und in einigen Benchmarks sogar MX400-Niveau erreichen. Einen AGP-Bus besitzt der SiS640T allerdings nicht, weshalb er wohl allenfalls im Einsteiger- und Corporate-Markt Freunde finden wird. Wann es einen SiS645 mit AGP-Port geben wird, steht in den Sternen.

Bereits Anfang nächsten Monats sollen aber die ersten Prototypen eines Athlon-Chipsatzes mit integrierter SiS315-Grafik fertig gestellt sein. Diese hören dann auf den Namen SiS740 und besitzen ebenfalls keinen externen AGP-Bus. Eine Version mit AGP-Steckplatz ist für dieses Jahr nicht mehr vorgesehen.

Der Grund für diese zögerliche Haltung liegt sicher in der hervorragenden Performance des Vorgängermodells SiS735 mit DDR-SDRAM-Unterstützung. Betreibt man diesen mit einer schnellen AGP-Grafikkarte, so hängt er die gesamte Konkurrenz mehr oder minder deutlich ab. Schade nur, dass sich die Boardhersteller bislang noch zieren und keine SiS735-Produkte auf dem Markt bringen.

Bei dem ab und an auf der Computex zu sehenden SiS633 und SiS733 handelt es sich übrigens nicht um Neuheiten, sondern nur um abgespeckte Versionen der entsprechenden x35er-Chipsätze für Pentium III respektive Athlon. SiS hat hier aus Kostengründen auf den DDR-SDRAM-Support verzichtet. (gs/c't) / (wst)