DeCSS-Prozess: Nachfrage zur Meinungsfreiheit

Im Revisionsverfahren des DeCSS-Prozesses bitten die Richter um zusätzliche Stellungnahmen. Thema: Die Bedeutung des Urteils für die Meinungsfreiheit.

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Von
  • Gerald Himmelein

Im Revisionsverfahren des New Yorker DeCSS-Prozesses haben die Richter beide Parteien unerwarteterweise um eine Erweiterung der Stellungnahmen gebeten. Dabei geht es in erster Linie um Fragen zur Meinungsfreiheit.

In der öffentlichen Anhörung zum Verfahren am 1. Mai waren Anklage und Verteidigung dazu aufgefordert worden, ihre Positionen bis zum 10. Mai schriftlich zu begründen. Mit der Ausweitung ihres Fragenkatalogs haben die Richter nun auch den Abgabetermin für die Stellungnahmen revidiert: Die maximal 25 Seiten starken Plädoyers der beiden Seiten müssen jetzt erst am 30. Mai abgegeben werden.

Im August 2000 hatte der New Yorker Richter Lewis Kaplan im Sinne von acht klagenden US-Filmstudios geurteilt, dass der Betreiber der Website 2600.com, Eric Corley, das Programm DeCSS nicht mehr verbreiten dürfe und auch wissentlich keine Links zu Websites setzen dürfe, die ihrerseits das Tool zum Download anbieten. Bei DeCSS handelt es sich um ein Windows-Programm, das den Kopierschutz von DVD-Videos unterwandert und die unverschlüsselten Filme auf die Festplatte schreibt. Der Einsatz von DeCSS ist illegal, da es einen geklauten Player-Key benutzt und ein Geschäftsgeheimnis bricht – nämlich die DVD-Verschlüsselung (siehe auch c't 14/2000, S. 28).

Die Verteidigung des Angeklagten Corley argumentiert, die Veröffentlichung des Download-Links sei im Rahmen einer journalistischen Dokumentation geschehen und falle daher unter die Meinungsfreiheit. Die Anklage hält dagegen, DeCSS verstoße gegen das amerikanische Copyright (DMCA, Digital Millennium Copyright Act) und damit sei auch dessen Verbreitung verboten. Damit steht das DMCA gegen die Meinungsfreiheit – der erste große Fall vor amerikanischen Gerichten, der die Grenzen des DMCA auslotet. Das Verfahren wirft zahlreiche Fragen auf, unter anderem ob Computer-Code auch in ausführbarer Form von der Meinungsfreiheit geschützt wird.

Die Richter des Revisionsverfahrens interessieren sich insbesondere dafür, ob DeCSS auch Elemente besitze, die nicht als "Ausdrucksform" zu werten sei ("non-speech elements") und wie relevant die ausdrucksstarken Bestandteile seien. Diese Fragen beschäftigten die Richter auch bei der Anhörung, doch schienen sie zu diesem Zeitpunkt noch wenig willens, der Argumentation der Verteidigung zu folgen. (ghi)