Die Musik spielt im Internet - Vivendi will den Ton angeben

Jean-Marie Messier schickt sich an, aus dem französischen Mischkonzern Vivendi einen der weltweit größten Internet- und Unterhaltungskonzerne zu machen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 2 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Sabine Heimgärtner
  • dpa

Die Musik spielt im Internet. Zumindest für den Pariser Star-Manager Jean-Marie Messier, der sich anschickt, aus dem französischen Mischkonzern Vivendi einen der weltweit größten Unterhaltungskonzerne zu machen. Sein Konzept: Schnell handeln, international agieren und auf allen Klavieren spielen. Im Internet will der ehrgeizige 44-Jährige mit seinem Wunschpartner Seagram die Saiten klingen lassen. "Eine solche Chance gibt es für ein Unternehmen nur einmal", schwärmt ein Mitarbeiter.

Möglicherweise schon an diesem Dienstag soll die Fusion Vivendis mit der Seagram Company (Montreal) bekannt gegeben werden, zu der auch Hollywoods Universal-Studios und das Musikhaus Polygram gehören. Mit im Konzert ist Vivendis Tochterfirma Canal+, die Pay-TV in 13 europäischen Ländern einbringt. Die Fusion richtet sich gegen die anderen drei Großen der Branche: Sony, die im Entstehen begriffene Allianz AOL/Time Warner/EMI und nicht zuletzt die Bertelsmann Music Group. Zu viert kämen die Großen der Musikbranche alleine in Europa auf einen Marktanteil von 80 Prozent.

Das Internet revolutioniert den Musikmarkt: Jetzt kann jeder Musik über das Netz auf seinen PC laden und auf CD brennen. "Musik gehört zu den wenigen Gütern, die sich über das Internet nicht nur bestellen, sondern auch liefern lassen", sagt Thomas M. Stein, Vorsitzender des Bundesverbandes der Phonografischen Wirtschaft. "Die Musik muss sich weg vom Produkt und hin zum Service entwickeln", heißt die Devise. Time Warner und AOL haben es vorgemacht: Der weltgrößte Onlinedienst AOL schluckte Time Warner/EMI, den größten Medienkonzern der Welt. Unter dem Dach der AOL bekommt Warner/EMI Music Zugang zu 22 Millionen Online-Kunden. Das eröffnet ungeahnte Vermarktungsmöglichkeiten weltweit.

"Viele sagen, das Internet würde die Musikindustrie sterben lassen, das Gegenteil ist der Fall – Musik und Vizzavi, das ist die Zukunft", schwärmen Vivendis Strategen. Mit dem Telefonkonzern Vodafone AirTouch hat Messier einen Internet- und Mobilfunkbereich aufgebaut. Über die Portalseite Vizzavi soll ein Millionenpublikum in Europa ins Netz von Vivendi gehen. Ihnen kann Messier künftig nicht nur fast 10.000 Spielfilme anbieten, sondern mit Polygram auch den umfangreichsten Musiktitel-Katalog der Welt. Seagram-Chef Edgar M. Bronfman schätzt, dass mit der neuen Online-Musikbranche weltweit schon bald 100 Milliarden US-Dollar im Jahr verdient werden können

Vivendi Universal, wie der neue Konzerngigant aus Vivendi, Canal+ und Seagram heißen soll, käme bei 100 Milliarden US-Dollar Marktwert auf rund 65 Milliarden US-Dollar Umsatz. Ohne die Musikrechte wären solche Großfusionen im Musikgeschäft nur halb so viel wert: Die neue Warner EMI beispielsweise hat 2.500 Interpreten von den Beatles über die Spice Girls bis zu Madonna unter Vertrag und hält Rechte auf eine Million Pop-Songs. (Sabine Heimgärtner, dpa) / (jk)