Die wollen nur Werbung: Walmart kauft Fernsehhersteller

Walmart übernimmt den TV-Hersteller Vizio, doch TVs interessieren den Konzern nicht. Es geht um die digitale Werbeplattform. Den TV-Markt könnte das verändern.

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(Bild: Vizio)

Lesezeit: 2 Min.

Der US-amerikanische Einzelhandelsriese Walmart übernimmt für rund 2,3 Milliarden US-Dollar den TV-Hersteller Vizio inklusive dessen SmartCast-Betriebssystem. Vizio-Fernseher wurden bislang ausschließlich auf dem US-Markt angeboten, insofern hat die Übernahme auf den ersten Blick für den deutschen Markt wenig Auswirkungen. Bei genauerer Überlegung hat sie es aber doch.

Vizio hat sich von Beginn an gegen die nötige Diversifizierung der Geräte für den EU-Markt entschieden – verschiedene Tuner, viele Sprachvarianten, unterschiedliche Standards – und ausschließlich den US-Markt bedient. In den USA verstehen die allermeisten TV-Nutzer Englisch und es gibt zwar diverse Kabelanbieter, aber diese nutzen den gleichen Übertragungsstandard.

Ziel von Vizio war es stets, möglichst günstige Geräte anzubieten, die ohne besonderen Ausstattungsmerkmale daherkommen und nur den grundlegenden Anforderungen entsprechend. So sucht man OLED-TVs von Vizio vergeblich (zu teuer), es gibt keine ausgefeilten Mini-LED-Backlights in LCD-TVs (zu teuer) und auch keine komplexen Betriebssysteme (zu teuer). Stattdessen setzt das Unternehmen auf große Diagonalen zu kleinen Preisen. Und auf Werbung über das hauseigene SmartCast-OS. So findet man in Smart-TVs von Vizio diverse werbefinanzierte Sender im sogenannten Free Ad-Supported Streaming (FAST). Wie FAST-Streamingdienste funktionieren und warum diese so interessant sind für die TV-Hersteller, hat c’t in einem Schwerpunkt beleuchtet.

Mit Walmart betritt nach Amazon ein weiterer großer Handelsriese als TV-Hersteller die Bühne. Mit eigenen Fernsehgeräten können die beiden die Preise noch besser steuern, also die Verkaufspreise drücken. Weil dadurch die Luft für die großen Hersteller wie Samsung, LG oder Sony dünner wird, hat die Übernahme für den gesamten TV-Markt Relevanz.

Schon jetzt schaffen es die etablierten Hersteller kaum, ihren Kunden hochpreisige Fernseher schmackhaft zu machen. Gemäß der Devise "gut genug" greifen viele eher zum bezahlbaren, großen und ausreichend guten Fernseher für unter Tausend Euro statt zum farb- und kontraststarken OLED-TV im eleganten Gehäuse, das mit dem dreifachen Preis zu Buche schlägt.

Die meisten Kunden wirds freuen, wenn Samsung, LG & Co. gezwungen werden, ebenfalls die Preise zu senken. Allerdings könnte das zugleich die technische Entwicklung ausbremsen. Wenn nämlich nicht das vermeintlich beste, sondern das kostengünstigste Produkt mit den besten Werbeeinblendungen in den Fokus rückt. Und das wäre echt schade.

Walmart übernimmt Vizio

(Bild: Walmart)

Das seit 2021 börsennotierte US-Unternehmen Vizio Holding Corporation (NYSE: VZIO) wurde 2002 von William Wang, Laynie Newsome and Ken Lowe gegründet. Die drei arbeiteten zusammen in Wangs vorheriger Firma MAG Innovision, einem CRT-Hersteller aus den 1990ern. Die Aktionäre rund um Wang haben der Transaktion bereits zugestimmt, sie halten 89 Prozent aller Stimmrechte.

Walmart bietet für jede Vizio-Aktie 11,50 Dollar. Das bedeutet laut Handelsblatt einen Aufschlag von 47 Prozent auf den Schlusskurs vom 12. Februar vor Bekanntwerden des möglichen Deals. Die Vizio-Aktie stieg nach der Veröffentlichung um 15 Prozent auf 10,96 Dollar.

Vizio ist mir seinen bisherigen Kunden über die Werbung am Smart-TV gut „vernetzt“. 2015 klagte die Handelsmission FTC, Vizio sammle Daten über seine TV-Nutzer und verkaufe diese an Werbetreibende, ohne dies den Kunden mitzuteilen. 2017 musste Vizio alle Daten löschen und 2,2 Millionen Dollar Strafe zahlen. Dem TV-Absatz hat das in der Folge wenig geschadet. Zwischenzeitlich stieg das Unternehmen zur Nummer zwei im US-TV-Markt auf, in den letzten drei Jahren ging der Absatz stärker zurück. Laut Vizios letzten Jahresbericht stehen weiterhin rund 18,5 Millionen aktive Vizio-TVs in amerikanischen Haushalten.

Das möchte Walmart nutzen, um seine bisherige Werbung per Walmart Connect in diesen Unterhaltungsgeräten zu platzieren. Durch die Kombination beider Geschäftsbereiche könne man die Schnittstelle zwischen Einzelhandel und Unterhaltung neu definieren, heißt es in einem Walmart-Statement. Es geht also nicht ums Fernsehgerät, sondern um die digitale Anzeigenplattform.

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