Digital Markets Act tritt in Kraft

Neue EU-Regeln sollen ab 1. November für faireren Wettbewerb im Internet sorgen. Wer alles erfasst ist, wissen wir aber erst im Juli.

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12 gelbe Sterne im Kreis, darin die Umrisse Europas

(Bild: -strizh-/Shutterstock.com)

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Von
  • Tim Gerber

Zum 1. November tritt das EU-Gesetz über digitale Märkte (DMA) in Kraft. Die neue Verordnung soll unlauteren Praktiken von Unternehmen ein Ende setzen, die als so genannte Gatekeeper (Torwächter) in digitalen Märkten fungieren. Der DMA wurde von der EU-Kommission im Dezember 2020 vorgeschlagen und im März 2022 vom Europäischen Parlament und vom Rat verabschiedet.

Die zuständige Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sieht durch das Gesetz eine grundlegende Veränderung der digitalen Landschaft, heißt es in einer Mitteilung der Kommission: "Eine kleine Anzahl großer Unternehmen verfügt über beträchtliche Marktmacht. Diese Gatekeeper, die auf den digitalen Märkten über eine gefestigte Position verfügen, müssen nachweisen, dass sie fair mit anderen Unternehmen konkurrieren. Wir laden alle potenziellen Gatekeeper, ihre Wettbewerber und Verbraucherorganisationen ein, mit uns zu erörtern, wie das Gesetz über digitale Märkte am besten umgesetzt werden kann."

Der für den Binnenmarkt zuständige Kommissar Thierry Breton ergänzte: "Nach der in Rekordzeit zustande gekommenen Einigung über die neuen Vorschriften für digitale Märkte kommt jetzt der entscheidende Moment für ihre Anwendung. Wir haben nun Gewissheit, ab wann die Vorschriften gelten werden und die Gatekeeper ihre derzeitigen unlauteren Praktiken ändern müssen, die allzu lange dazu geführt haben, dass den digitalen Märkten innovative Alternativen vorenthalten werden. Es ist an der Zeit, dass die Gatekeeper benannt werden und sie die Vorschriften einhalten." Die Kommission arbeite bereits daran, sicherzustellen, dass die neuen Vorschriften sofort eingehalten werden. Bei Zuwiderhandeln werden sie nicht vor Maßnahmen zurückschrecken.

EU-Binnemarktkommissar Thierry Breton droht den Internetriesen die konsequente Durchsetzung der mit dem DMA eingeführten Wettbewerbsregeln an.

(Bild: Europäische Kommission/Bogdan Hoyaux)

Der DMA enthält eine Reihe eng gefasster Kriterien für die Einstufung großer Online-Plattformen als "Gatekeeper". Dabei handelt es sich um digitale Plattformen, die als wichtige Brücke zwischen gewerblichen Nutzern und Verbrauchern wirken. Diese Stellung gibt ihnen die Macht, Regeln festzulegen und den Marktzugang zu kanalisieren. Der DMA enthält Verpflichtunge und Verbote für die Torwächter, um etwaige Wettbewerbsprobleme zu bekämpfen.

An der Art des Zustandekommens des DMA gab es unlängst Kritik seitens führender sozialdemokratischer EU-Abgeordneter. Sie warfen großen US-Technikunternehmen wie Google, Meta Platforms und Amazon vor, den Gesetzgeber bei den Beratungen über die neuen Regeln für Online-Plattformen getäuscht zu haben, indem sie über kleinere Tarnorganisationen Lobbyarbeit betrieben.

Zu den Gatekeepern zählen gemäß DMA Unternehmen, die einen oder mehrere der darin aufgeführten sogenannten "zentralen Plattformdienste" betreiben und die nachstehend beschriebenen Anforderungen erfüllen. Betroffen sind Online-Vermittlungsdienste wie solche zum Herunterladen von Computer- oder Handyprogrammen, Online-Suchmaschinen, Soziale Netzwerke, bestimmte Kommunikationsdienste, Video-Sharing-Plattform-Dienste, virtuelle Assistenten, Webbrowser, Cloud-Computing-Dienste, Betriebssysteme, Online-Marktplätze und Online-Werbedienste.

Es gibt drei Hauptkriterien, aufgrund derer ein Unternehmen in den Anwendungsbereich des DMA gelangt:

  1. Binnenmarktrelevante Größe: wenn ein Unternehmen einen bestimmten jährlichen Mindestumsatz im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) erzielt und einen zentralen Plattformdienst in mindestens drei EU-Mitgliedstaaten anbietet;
  2. Kontrolle über ein wichtiges Zugangstor als Brücke zwischen gewerblichen und Endnutzern: Wenn das Unternehmen einen zentralen Plattformdienst bereitstellt, der mindestens 45 Millionen in der Union niedergelassene oder aufhältige monatlich aktive Endnutzer und mindestens 10.000 in der Union niedergelassene jährlich aktive gewerbliche Nutzer hat;
  3. Gefestigte und dauerhafte Position: Wenn die vorstehend genannten Nutzerzahlen in den drei vorhergehenden Geschäftsjahren erreicht wurden.

Mit Inkrafttreten beginnt die Umsetzungsphase des DMA. Ab 2. Mai 2023, also in sechs Monaten, soll es Anwendung finden. Ab dann müssen potenzielle Gatekeeper binnen zweier Monaten die Kommission informieren, wenn ihre zentralen Plattformdienste die in der EU-Verordnung festgelegten Schwellenwerte erreichen. Die Kommission arbeitet an einer Durchführungsverordnung, die Bestimmungen zu den Verfahrensaspekten der Mitteilung enthält.

Zusammen mit dem Vorschlag für ein Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA) hat die Kommission im Dezember 2020 den DMA vorgeschlagen, um negative Folgen bestimmter Verhaltensweisen von Online-Plattformen für den EU-Binnenmarkt anzugehen. Bei der Durchsetzung möchte die Kommission eng mit Behörden der EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeiten.

Außerdem kann sie Zwangsgelder und Geldbußen in Höhe von bis zu zehn Prozent des weltweiten Umsatzes eines Unternehmens verhängen, bei wiederholten Verstößen doppelt so viel. Bei systematischen Verstößen kann die Kommission überdies verhaltensbezogene oder gegebenenfalls strukturelle Abhilfemaßnahmen anordnen, einschließlich eines Verbots weiterer Übernahmen.

Darüber hinaus verleiht der DMA der Kommission die Befugnis, Marktuntersuchungen durchzuführen. Das soll dafür sorgen, dass die in der Verordnung festgelegten Verpflichtungen stets auf einem wirksamen Stand gehalten werden.

(tig)