E3: Online-Gaming und der Kampf der Spielkonsolen

Mit über 1.000 Neuvorstellungen zieht die Electronic Entertainment Expo seit Mittwoch das Interesse der Gamer-Gemeinde und des Fachpublikums auf sich.

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Von
  • Natalia Pander
  • Matthias Holtz

Mit über 1.000 Neuvorstellungen zieht die Electronic Entertainment Expo (E3) in Los Angeles seit Mittwoch das Interesse der Gamer-Gemeinde und des Fachpublikums weltweit auf sich. Rund 80 Prozent der neuen Spiele und des Zubehörs soll nach Angaben des Veranstalters Interactive Digital Software Association (IDSA) bereits zum Weihnachtsgeschäft in den Regalen des Einzelhandels zu finden sein -- zumindest in den USA.

49 Prozent, also knapp die Hälfte aller Neuerscheinungen, werden für Spielekonsolen erscheinen, während der Anteil der PC-Spiele "nur" 39 Prozent beträgt. Abgeschlagen hingegen landen die Debütanten für Handheld-Geräte (17,5 Prozent), reine Online-Spiele (7,8 Prozent) sowie für PDAs und Mobiltelefone (3,2 Prozent) auf den Plätzen.

Besondere Aufmerksamkeit zieht in diesem Jahr die US-Army auf sich, die publikumswirksam einen Panzer und einen mit einem Raketensystem bestückten "Hummer" vor dem Haupteingang platziert hat. Nicht ohne Grund, denn die Militärs sind unter die Spielehersteller gegangen und machen Werbung für die Gefechtssimulation "America's Army". Patriotismus statt nackter Gewalt lautet die Devise, mit der das Militär an seiner Reputation arbeitet. Damit es auch richtig realistisch aussieht, hat die Army die Unreal-Engine von Epic lizensiert.

Und trotzdem, das Publikumsinteresse am ersten Tag richtete sich in erster Linie auf die zahlreichen Premieren und hier ganz besonders auf die Spielkonsolen. Angeheizt durch die Preisschlacht der vergangenen Wochen rückt immer mehr die Frage in den Vordergrund, welche Qualität die jeweiligen Spiele bieten. Gespräche mit Herstellern und Spieledistributoren vermitteln schon einmal einen ersten Eindruck, was sich wirklich hinter den Kulissen abspielt. Da wird auf der einen Seite gegen Microsoft gewettert, die ihre im Vergleich zur Playstation noch wenig verbreiteten Xbox mit aller Gewalt in den Markt drücken wollen und Entwicklern, die sich darauf einlassen, Software exklusiv für die Xbox zu schreiben, mit kräftigen Finanzspritzen unter die Arme greifen. Auf der anderen Seite wird immer wieder betont, dass Gates liebstes Spielzeug die leistungsfähigste Plattform mit dem größten Zukunftspotenzial sei und den Entwicklern mehr kreative Möglichkeiten gebe. "Programmiertechnische Aspekte bleiben mehr und mehr auf der Strecke, die Entscheidung werden von den Marketingstrategen getroffen", meinte ein deutscher Programmierer einer Firma aus San Diego dazu nur.

Auch wenn 80 Prozent aller Videogamer laut einer Untersuchung der IDSA davon überzeugt sind, noch in 10 Jahren am Bildschirm zu spielen, gibt es über die Zukunft der Computerspiele unterschiedliche Auffassungen. Wie der Vergleich zur letzt jährigen E3 zeigt, ist die Grafik noch lange nicht ausgereizt, auch wenn die Neuvorstellungen zum Teil eine erstaunliche Qualität an den Tag legen. J. Allard, Xbox-General Manager bei Microsoft, meinte im Gespräch mit heise online sogar, dass "die Grafik noch hundert Mal besser werden müsse, bevor man an die Grenzen des Machbaren stoße". Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass Hersteller wie Eidos mit der neuesten Version von Tomb Raider -- The Angel of Darkness und auch Microsoft selbst größten Wert darauf legen, dass Spiele selbst mit betagten Grafikkarte wie einer TNT2 oder einem Rage Pro noch ordentlich laufen.

Der Trend hin zum Online-Gaming, einer der Schwerpunkte der diesjährigen E3, weist noch eine andere Richtung auf. Da der Untersuchung der IDSA zufolge Spaß und Herausforderungen die eigentlichen Triebfedern der Spieler sind, und nicht Kommunikation mit Anderen, sieht Allard den eigentlichen Gewinn von Online-Spielen darin, dass der Mensch die künstliche Intelligenz eines Spiels ersetzen soll. "Jedes Spiel lässt sich im Hinblick auf die Cleverness der virtuellen Gegner analysieren und somit auch die Programmalgorithmen ermitteln. Das ist auf die Dauer natürlich langweilig. Habe ich jedoch mit einem Mitspieler zu tun, fallen die Reaktionen jedes Mal anders aus", so Allard zum großen Vorteil von Online-Gaming.

Die Massaker vergangenes Jahr in den USA und vor kurzem in Erfurt, die heftige Diskussionen über gewaltverherrlichende Spiele auslösten, sind an der Spieleindustrie übrigens nahezu spurlos vorübergegangen. In Doom III, Unreal Championship oder Ninja Gaiden, um nur einige zu nennen, wird fröhlich drauflos geballert und gehackt. Die Grafik ist dabei besser als je zuvor. Auf die Problematik angesprochen, zucken die meisten Anbieter nur mit den Axeln und verweisen auf andere gewaltverherrlichende Medien wie etwa die Film- und Videoindustrie. Microsoft hat zumindest im USA-Modell der Xbox eine Kindersicherung eingebaut, damit Eltern bestimmte Spiele sperren können -- was in den USA auf Grund des offiziellen Ratings wesentlicher einfacher ist, wie Microsoft-Pressesprecher Boris Schneider-Johne betont. Er hält entsprechende Bestimmungen in Deutschland für unabdingbar, damit die Hersteller einen wirksamen Jugendschutz in ihre Produkte integrieren können.

Und ansonsten gilt ja immer noch: Die Nachfrage bestimmt das Angebot, erst recht in den USA, in der das Recht auf freie Meinungsäußerung besonders geschützt ist. Und hierzu gehören auch blutige Actionspiele. (Natalia Pander, Matthias Holtz) / (jk)