EU-Kommission: Online-Plattformen tun noch nicht genug gegen Desinformation

Online-Plattformen wie Facebook, Google und Co. haben Jahresberichte im Kampf gegen Desinformation vorgelegt. Die EU-Kommission zeigt sich nicht zufrieden.

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EU-Kommission: Online-Plattformen tun noch nicht genug gegen Desinformation

(Bild: dpa, Roland Schlager/Archiv)

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Von
  • Simon Koenigsdorff

Die EU-Kommission ist noch nicht zufrieden mit den Anstrengungen von Online-Plattformen wie Facebook, Google und Twitter im Kampf gegen Desinformation. Das erklärten Justizkommissarin Věra Jourová, Sicherheitskommissar Julian King und Digitalkommissarin Mariya Gabriel heute bei der Vorstellung der Selbstbewertungsberichte der Plattformen. Facebook, Google, Microsoft, Mozilla, Twitter und sieben europäische Branchenverbände berichten darin jeweils, wie sie ihren vor einem Jahr selbst auferlegten Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformation im Internet umgesetzt haben.

Die EU-Kommissare bemängeln unter anderem, dass die Anstrengungen der einzelnen Firmen sehr unterschiedlich ausfielen, ohne jedoch einzelne Namen zu nennen. Manche der Berichte enthielten außerdem kaum detaillierte Daten darüber, wie effektiv die eingesetzten Maßnahmen seien - und meist handele es sich auch nur um "Outputindikatoren" wie die Zahl der gesperrten Konten. Man begrüße es zwar, dass die Plattformen ihre Transparenz verbessert und mit der Kommission, Faktencheckern und Wissenschaftlern in einen engeren Dialog getreten seien, doch es gebe "nach wie vor eine umfangreiche automatisierte Propaganda und Desinformation, und in allen Bereichen des Kodex sind weitere Anstrengungen erforderlich. Wir dürfen dieses Phänomen nicht als normal hinnehmen."

Ein weiterer Kritikpunkt der Kommissare bezieht sich auf die wissenschaftliche Untersuchung von Desinformationskampagnen, die ebenfalls im Verhaltenskodex festgeschrieben worden war. "Daten und Suchwerkzeuge werden nach wie vor nur sporadisch und nach Belieben bereitgestellt und entsprechen nicht dem Bedarf der Forscher für eine unabhängige Kontrolle", heißt es im Statement der Kommission. Auch gebe es noch nicht in allen EU-Mitgliedsstaaten und europäischen Sprachen Kooperationen mit unabhängigen Faktencheckern, um potenzielle Fake News zu überprüfen.

Eine endgültige Bewertung der Umsetzung des Verhaltenskodex durch die EU-Kommission soll erst Anfang 2020 vorgelegt werden, einschließlich eines Berichts über Desinformation im Vorfeld der EU-Wahlen im Mai und einer Bewertung eines unabhängigen Beraters.

Die beteiligten Online-Plattformen und Verbände aus der Werbebranche hatten sich Ende September vergangenen Jahres den Verhaltenskodex als Selbstverpflichtung auferlegt. In der Vereinbarung verpflichten sie sich, enttarnte "Fake Accounts" und Social Bots rasch zu entfernen. Konten und Webseiten, die Desinformationen verbreiten, sollen die Werbeeinnahmen entzogen werden. Nutzer wollen die Beteiligten ermuntern, "Fake News" zu melden und auf verschiedene Nachrichtenquellen zuzugreifen.

Anfang 2019 war die EU-Kommission mit den Maßnahmen insbesondere von Facebook noch alles andere als zufrieden gewesen, nach der Europawahl hatten mehrere EU-Institutionen in einer gemeinsamen Erklärung jedoch erste Fortschritte konstatiert. Google, Twitter und Facebook hatten sich im Vorfeld der Wahl zu monatlichen Berichten verpflichtet. (siko)