EU und USA streiten um Einfuhrzölle für Hightech

Die USA protestieren bei der WTO in Genf gegen die Zollpflicht für bestimmte Produkte beim Import in die EU. Die fraglichen Geräte fallen nach Ansicht der Amerikaner unter ein Freihandelsabkommen für Hightech-Produkte.

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Zölle auf Importe von Elektronikgütern in die EU sorgen für heftige Verstimmung zwischen Washington und Brüssel. Für die Vereinigten Staaten hat die Handelsbeauftragte der US-Regierung (USTR) am gestrigen Mittwoch Beschwerde bei der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf eingereicht. Die USA werfen den Europäern vor, unter ein internationales Freihandelsabkommen für Hightech-Güter fallende Waren dennoch mit Einfuhrzöllen zu belegen. Ein Schlichtungsverfahren bei der WTO soll nun den Konflikt lösen. Die EU-Kommission wies die Vorwürfe scharf zurück.

Die USA berufen sich auf das 1997 geschlossene Information Technology Agreement (ITA), nach dem Hightech-Produkte von der Verzollung ausgenommen werden, um die Innovationskraft der Branche zu stärken. Konkret stoßen sich die Amerikaner an der Praxis der Europäer, Settop-Boxen für TV-Geräte, LCD-Monitore und Multifunktionsgeräte (Fax-Kopier-Druck-Kombis) bei der Einfuhr mit Zöllen zu belegen. Die US-Handelsbeauftragte Susan Schwab schätzt die Summe der Importe der betroffenen Gerätekategorien in die EU auf insgesamt 70 Milliarden US-Dollar.

Die EU begründe die Verzollung der Produkte mit deren Weiterentwicklung, erklären die Amerikaner. So seien beispielsweise aktuelle LCD-Computermonitore auch in der Lage, Signale von Receivern oder DVD-Playern zu verarbeiten und gälten damit als Fernsehgeräte, die nicht unter das ITA-Abkommen fallen. "Wenn ITA-Teilnehmer nur Produkte mit Technologien, die es zur Zeit des Vertragsschlusses gab, von der Verzollung ausnehmen, kämen dafür heute nur sehr wenige Produkte in Frage", kommentierte Schwab am gestrigen Mittwoch in Washington.

Das sei nicht im Sinne der Teilnehmerstaaten, weshalb das Abkommen auch bewusst weit gefasst worden sei. Schwab erwähnte zudem, dass die europäische Auslegung auch in anderen ITA-Ländern mit Besorgnis beobachtet werde. Japan habe ebenfalls angekündigt, in dieser Angelegenheit bei der WTO vorstellig zu werden. Die Handelsbeauftragte schloss zudem eine Erweiterung der Klage auf andere Produktkategorien nicht aus.

Die EU-Kommission wies die Vorwürfe aus Washington scharf zurück. Die EU sei ihren Verpflichtungen aus dem ITA-Abkommen stets nachgekommen und bewerten die Produkte streng objektiv nach, heißt es in einer Stellungnahme aus dem Büro von Handelskommissar Peter Mandelson. Darüber hinaus wollen die Europäer eine Neubewertung der von ITA erfassten Produkte erreichen. Die USA sperrten sich allerdings dagegen, hieß es aus Brüssel. Grundsätzlich hielten sich die EU-Länder an das Abkommen. Doch mit der Weiterentwicklung fielen einige Produkte aus der ITA-Definition heraus.

Zu den umstrittenen Produkten erklärte die Kommission, Computermonitore mit DVI-Eingang würden korrekt als Videomonitore klassifiziert – was im Übrigen der US-Zoll ähnlich sähe – und fielen damit nicht unter das ITA. Multifunktionsgeräte, die aus Scanner und Drucker bestehen, fielen unter anderem auf US-Initiative nicht unter die Ausnahme für Fotokopiergeräte. Zur Frage der Settop-Boxen stellt die EU fest, nur Geräte mit Internetzugang und interaktiven Funktionen fielen unter das Abkommen. Boxen ohne Internet und mit Festplatt gälten deshalb als Videorecorder.

Mit der nach US-Angaben vor rund 20 Monaten begonnenen Verzollung dieser Geräte will die EU offenbar den Druck erhöhen, um eine Neufassung des Abkommens zu erreichen. Die EU wolle die Rahmenbedingungen des Abkommens mit allen Mitgliedsstaaten verhandeln, heißt es in der Mitteilung aus Mandelsons Ressort. "Doch die USA weigern sich". Ein bilateraler Rechtsstreit, so die Meinung in Brüssel, sei allerdings nicht geeignet, die Kernfragen eines multilateralen Abkommens neu zu definieren. Dafür bedürfe es eines Konsens unter den inzwischen 71 unterzeichnenden Staaten. (vbr)