Elektronik selber drucken für Maker und in Produktionsstraßen

Wer leitende Tinten präzise auf Platinen, Folien oder Stoffe drucken möchte, kann das mit einem Drucker erledigen. Wir haben uns fünf Modelle angeschaut.

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(Bild: Ulrike Kuhlmann, c't)

Lesezeit: 6 Min.
Inhaltsverzeichnis

Für komplexe elektrische Schaltkreise benötigt man keine lithografischen Prozesse und auch keine Platinenfertigung. Stattdessen kann man seine Entwürfe mit dem passenden Drucker auf beliebige Substrate bringen. Dafür finden sich teure Maschinen in der industriellen Display- und Halbleiterfertigung, aber auch günstigere Drucker für den Makerspace. Auf der Reshaped in Berlin haben wir uns fünf Ausführungen näher angeschaut.

Die Auswahl und der Preis des Druckers hängen von den gewünschten Strukturbreiten, den möglichen Materialien, der Genauigkeit und dem Automatisierungsgrad ab. So lassen sich mit flüssiger Tinte feinere Strukturen erzielen als mit zäher Paste. Letztere trägt meist auch dicker auf, ist dafür aber deutlich leitfähiger.

Und sie hängt auch von der Drucktechnik ab, mit der die Tinten und Pasten aus dem Druckkopf auf das Substrat bugsiert werden: Es gibt das klassische thermische Tintenverfahren, mechanisches Herauspressen der Druckmaterialien, eine Strukturverkleinerung durch elektrische Felder, die Dosierung per fein geregeltem Luftdruck oder durch pure Kapillarkräfte.

Als preiswerteren Drucker für den Makerspace, die Prototypen- oder Kleinserienfertigung fanden wir auf der Reshaped der SV2 von BotFactory. Der Drucker nutzt thermischen Tintendruck, erwärmt also die flüssige Tinte und schleudert sie aus Druckkopf auf das Substrat. Letzteres kann sowohl eine massive Platine als auch eine flexible Trägerfolie oder auch Stoff sein. Hersteller BotFactory liefert zwei Kartuschen für elektrisch leitende und isolierende Tinte mit und einen Extruder mit Leitpaste. Ersatzkartuschen kosten zwischen 250 und 400 US-Dollar. Zusätzlich kann man eine Leerkartusche für eigene Tintenmischungen kaufen. Als Unterlage dient eine bis 180 Grad beheizbare und drehbare Platte für bis zu 15 cm x 15 cm große Substrate. Diese werden üblicherweise mit einem Klebestreifen fixiert.

BotFactory SV2 (7 Bilder)

Der kompakte SV2 von BotFactory empfiehlt sich für Makerspaces und Prototypenentwicklung.
(Bild: Ulrike Kuhlmann, c't)

BotFactory kann 200 Mikrometer breite Strukturen drucken, zusätzlich gibt es ein "Pick & Place"-Werkzeug, das die Bauteile mit einer Vakuumspitze vom Rand des Druckers an den gewünschten Positionen auf dem bedruckten Substrat platziert. Es lassen sich bis zu sechs Lagen drucken, sodass auch komplexere Schaltungen möglich sind. Die Layoutdaten liest BotFactory als Gerberfiles und als png-Bilddateien ein, die mitgelieferte Software liegt auf einem Server und kann kostenlos genutzt werden. Der Drucker selbst kostet je nach Anzahl der möglichen Layer und Genauigkeit zwischen 15.000 US-Dollar (2 Layer, 400 Mikrometer Clearance) und 25.000 US-Dollar (6 Layer, 200 Mikrometer Clearance), wobei die Hardware dieselbe ist, die Software aber genauer arbeitet.

Auch die Forscher am Fraunhofer IAP nutzen flüssige Tinten, haben das Druckverfahren aber weiter verfeinert: Im EHD genannten Prozess legen sie ein elektrisches Feld zwischen Substrat und Druckkopf, mit dem der Tintentropfen quasi aus dem Druckkopf gezogen wird. Dabei verlängert sich der ursprüngliche Tropfen zu einem dünnen Faden, wodurch sich minimale Strukturbreiten von 7 Mikrometer erzielen lassen. Durch geschickte Führung können die Forscher mit EHD nicht nur tröpfchenweise, sondern auch kontinuierlich Material aufbringen. Am IAP geht es um die Technik, einen Drucker bieten die Forscher nicht an.

Fraunhofer IAP (3 Bilder)

Am Fraunhofer IAP werden unter anderem farbkonvertierende Quantenpunkte auf feine Strukturen gedruckt (Bild: Ulrike Kuhlmann, c't)

Während BotFactory und das IAP einen Sicherheitsabstand von ein bis 1,5 Millimeter zwischen Druckkopf und Substrat einhalten, ermittelt die Firma Voltera im Nova vor dem Drucken mit einem drucksensitiven Stift das Höhenprofil des Substrats. Dadurch kann der Druckkopf dichter an das Substrat herangebracht und Unebenheiten oder Bauteile umfahren werden. Voltera setzt auf elektrisch leitende Pasten und erzielt aus 60 Mikrometern Abstand bis zu 100 Mikrometer schmale Strukturen. Die zäheren Pasten werden hier kontinuierlich mit einem kleinen Schrittmotor aus der Kartusche gedrückt. Da die Pastenstränge deutlich dicker sind als bei den pünktchenweise aufgetragenen Flüssigtinten, sind sie zugleich deutlich leitfähiger, wodurch sie sich für HF- und Leistungselektronik eignen sowie für Biosensorik.

Die Druckspitzen gibt es in vier Dicken im Viererpack für 50 Dollar, die Pasten für je 100 Dollar. Angebrochene Kartuschen soll man laut Voltera im Kühlschrank lagern, damit die Paste nicht austrocknet. Voltera will den Nova-Drucker für 46.000 Euro anbieten, gedacht ist er laut Hersteller für Forschungseinrichtungen etwa zur Entwicklung von Wearables oder Sensoren zur Körperdatenerfassung.

Voltera Nova (8 Bilder)

Der Nova-Drucker von Voltera gefällt mit seinem schlichten, durchdachten Design.
(Bild: Ulrike Kuhlmann, c't)

Auch XTPL aus Polen ermittelt vorab das Relief des zu bedruckenden Substrats. Hier werden die flüssigen Tinten jedoch mit einem kontinuierlich angepassten Luftdruck aus den dünnen Düsen gepresst. Damit kann der Hersteller nach eigenen Angaben bei kontinuierlicher Materialzufuhr Strukturbreiten von unter einem Mikrometer erzeugen, einzelne Tropfen sind bis zu drei Mikrometer klein. Eine Besonderheit ist die Möglichkeit, auch seitliche Wände zu bedrucken und über Kanten sogenannte Interconnects zu erzeugen.

XTPL bedruckt sowohl feste als auch flexible Substrate, die wie bei Voltera über winzige Öffnungen mit einem Vakuum auf der 20 cm mal 20 cm großen Druckplatte gehalten werden. Die feinen Druckspitzen sind das Asset der Firma, XTPL stellt sie selbst her und vertreibt sie ausschließlich mit dem Drucker. Der soll unter anderem für die Reparatur von Halbleitern und Displays eingesetzt werden.

XTPL (4 Bilder)

XTPL drückt die flüssige Tinte per Luftdruck aufs Substrat.
(Bild: Ulrike Kuhlmann, c't)

Gleiches gilt für die Geräte der französischen Start-ups Hummink. Deren Nazca-Drucker nutzt die adhäsiven Kapillarkräfte aus, die sich zwischen den dünnen Glaskolben und dem Druckmaterial aufbauen. Dazu muss der mögliche Abstand zwischen Druckkopf und Substrat kontinuierlich sehr genau erfasst und angepasst werden, andernfalls reißt der Druckfilm ab.

Mit diesem kontinuierlichen HPCAP-Verfahren erzeugt Hummink nach eigenen Angaben Strukturen im Sub-Mikron-Bereich (100 nm bis 50 µm) auf beliebigen Substraten, womit sich der Drucker für die industrielle Reparatur von Halbleiter-ICs und Displays empfiehlt. Da das Nazca-Gerät keine externe Energiequelle etwa für Druckluft oder mechanischen Anpressdruck benötigt, lassen sich die Drucker relativ einfach für große Anlagen skalieren. Auch dies ist ein Alleinstellungsmerkmal des in Berlin vorgestellten, aber nicht gezeigten Geräts.

(uk)