Europäische Halbleiterfertigung: Zusammenarbeit mit Samsung oder TSMC denkbar

Anstatt hiesige Firmen bei der Entwicklung eigener Chipfertigungsprozesse zu fördern, könnte die EU wahlweise Samsung oder TSMC nach Europa locken.

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(Bild: Christof Windeck / c't)

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Die EU sucht nach Wegen zur Ansiedelung von Fertigungswerken für moderne Halbleiter, auch um die digitale Souveränität zu stärken. Dabei könnten die Chipauftragsfertiger Samsung und TSMC aushelfen, die außer Intel zu den weltweit führenden Entwicklern modernster Prozesstechnik gehören.

Der Nachrichtendienst Bloomberg gibt einen Mitarbeiter des französischen Wirtschaftsministeriums wieder, laut dem beide Unternehmen für eine Zusammenarbeit infrage kämen. Allerdings sei bis dato noch nichts abschließend entschieden worden. Denkbar wären zum Beispiel Fördermittel beziehungsweise Steuernachlässe, wenn eines der Unternehmen eine Produktionsstätte in Europa baut – so wie es auch die USA mit TSMC vereinbaren.

Ende 2020 hat die EU das „Important Project of Common European Interest“ (IPCEI) Mikroelektronik II ins Leben gerufen, in dessen Rahmen 19 EU-Mitgliedsstaaten Förderungsmittel für die europäische Halbleiterindustrie von bis zu 145 Milliarden Euro innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre zugesichert haben. Derzeit können Unternehmen konkrete Konzepte einreichen, um Förderungen zu erhalten.

In Europa soll mindestens eine Produktionsstätte entstehen, die künftig Halbleiterelemente mit Strukturbreiten von 2 Nanometern herstellen kann. Damit will die EU interkontinentale Abhängigkeiten lockern. Modernste Siliziumchips, etwa für Prozessoren, Grafikkarten und Smartphones, entstehen derzeit ausschließlich bei Intel, Samsung und TSMC in den USA und Asien mit Strukturbreiten von 10, 7 und 5 nm. Für die Zukunft sind 3- und 2-nm-Strukturen geplant.

Selbst mit riesigen Geldsummen und wichtigen Zulieferern im Boot ist die Entwicklung moderner Fertigungsprozesse langwierig. ASML mit Hauptsitz in den Niederlanden etwa baut die einzigen Lithografie-Systeme mit extrem-ultravioletter (EUV-)Belichtung, die für Fertigungsprozesse ab 7 nm notwendig sind. Zudem sind viele Fertigungsschritte durch Patente geschützt. Alleine TSMC hält mehrere zehntausend Patente und hat 2020 in Taiwan über 1300 neue Patente angemeldet.

Samsung oder TSMC mit Fördermitteln nach Europa zu locken, könnte daher der schnellere Weg zu einer international konkurrenzfähigen Chip-Fab sein als die Förderung eines neuen Unternehmens. So könnte die EU zudem auf bestehende Zulieferer- und Abfertigungsketten der Branchenriesen zugreifen. Eine komplette Loslösung von interkontinentalen Abhängigkeiten wäre aufgrund der global verflochtenen Halbleiterindustrie gar nicht möglich. Auch dauert es Jahre, bis eine lokale Produktionsstätte den Betrieb aufnehmen kann – unmittelbare Lieferengpässe lassen sich so nicht beheben.

Die deutsche Globalfoundries-Niederlassung befindet sich derweil in Gesprächen, die Dresdner Produktionsstätte auszubauen. Allerdings konzentriert sich die Firma auf die eigenen FDX-Fertigungsprozesse mit stromsparender Fully-Depleted-SOI-Technik und Strukturbreiten von 22 und 12 nm. Das Rennen um noch feinere Strukturen wie 7 und 5 nm hat das Unternehmen 2018 aufgegeben.

(mma)